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Maßgeschneiderte Preise ärgern Online-Kunden

Von Andrea Möchel

Wirtschaft
© Getty Images/Westend6

38 Prozent der österreichischen Online-Anbieter nutzen datenbasierte Preisgestaltung - Konsumenten reagieren sensibel.


Wien. Alle Kunden sind gleich - manche sind gleicher. Wer online einkauft, sieht sich immer öfter mit flexiblen und individuell angepassten Preisen konfrontiert. Der Grund: Online-Händler nutzen beim "Personal Pricing" die Daten der Kunden für eine personenbezogene Preisbildung. Dabei beeinflusst nicht nur das bisherige Surf- und Einkaufsverhalten die Höhe der Preise, sondern auch der Standort oder die Art des benutzten Endgeräts. Bei der "dynamischen Preisgestaltung" werden Waren zudem abhängig von Uhrzeit, Wetter oder dem Wochentag ausgepreist. Beide Methoden der Preisfindung sind im internationalen Online-Handel bereits weit verbreitet und immer öfter Anlass für Diskussionen.

Wie horrend die Preisunterschiede ausfallen können, hat eine Untersuchung der Verbraucherzentrale Brandenburg gezeigt. Dank datenbasierter Preisanpassung kann es demnach geschehen, dass der Preis einer Hose bei einem Online-Modehändler je nach Zeitpunkt zwischen 80 und 200 Euro variiert oder ein Smartphone bei ein und demselben Elektrohändler einmal 580 Euro und dann wieder 800 Euro kostet.

Datenbasierte Preisgestaltung im Online-Basar

Wie sich die Situation im heimischen Online-Handel darstellt, hat nun das Österreichische E-Commerce-Gütezeichen, ein Verein zur Förderung des kundenfreundlichen Verhaltens im Internet, untersucht. Dafür wurden nicht nur 229 heimische Onlineanbieter zu datenbasierten Preisanpassungen befragt, sondern auch tausend österreichische Konsumenten zu ihren Erfahrungen auf dem Online-Basar.

"38 Prozent der befragten österreichischen Unternehmen, die Online-Shops oder Online-Buchungsmöglichkeiten anbieten, nutzen die Möglichkeiten der datenbasierten Preisgestaltung in irgendeiner Form", berichtet Thorsten Behrens, Geschäftsführer des Österreichischen E-Commerce-Gütezeichens. "Je höher der Umsatz, desto häufiger setzen Unternehmen datenbasierte Preisgestaltung auch ein."

42 Prozent tun dies, um die eigenen Preise an die der Konkurrenz anzupassen. 28 Prozent berücksichtigen bei der Preisgestaltung auch das bisherige Einkaufsverhalten der Kunden. Für je 25 Prozent spielt zudem die Tageszeit, das bisherige Suchverhalten, der Wohnort und der Wochentag eine Rolle. Mit welchem Gerät der Kunde shoppt, hat hierzulande nur selten Einfluss auf den Preis.

Dass die Mehrheit der befragten heimischen Händler die dynamische Preisgestaltung bisher ablehnt, liegt laut Studie "vor allem am größeren Aufwand und dem fehlenden Know-how, aber auch an der Befürchtung, dadurch einzelne Konsumenten zu diskriminieren." Immerhin acht Prozent planen jedoch, diese Möglichkeiten künftig zu nutzen.

"Flug- und Hotelbuchungsplattformen sind Vorreiter bei der persönlichen Preisgestaltung, bei ihnen ist diese Praxis schon lange gang und gäbe", führt Thorsten Behrens aus. "Der Online-Handel holt hier auf, und auch andere Branchen wie Mobilitäts- und Car-Sharing-Anbieter verrechnen ihren Kunden bei gleichen Fahrzeugmodellen unterschiedliche Preise - je nachdem, an welchem Wochentag, von welchem Endgerät, zu welcher Uhrzeit und von wo gebucht wird."

Und wie viel bekommen die Konsumenten davon mit? Bemerkenswerte 39 Prozent der Befragten gaben an, Preisschwankungen beim Online-Einkauf bisher gar nicht bemerkt zu haben. Am häufigsten wurde "Dynamic Pricing" bei Flugreisen (28 Prozent) und Hotelbuchungen (26 Prozent) registriert, gefolgt von Unterhaltungselektronik (17 Prozent), Bekleidung (14 Prozent) und Haushaltsgeräten (13 Prozent).

Wie können sich Kundenden Bestpreis sichern

Bleibt die Frage, was Konsumenten tun können, um sich den Bestpreis zu sichern. "Es ist fast unmöglich, verlässlich einzuschätzen, wann Konsumenten am besten ein bestimmtes Produkt kaufen sollten", so Behrens. Sein Rat: "Liegt eine definitive Kaufabsicht vor, empfehlen wir Verbrauchern, den Preis für ein bestimmtes Produkt zu unterschiedlichen Tages- und Wochenzeitpunkten abzurufen und in mehreren Shops zu vergleichen. Ab und zu sollte auch der Browserspeicher gelöscht oder von einem anderen Gerät gesucht werden. Das erhöht die Chance, den besten Preis zu ergattern."

Experten empfehlen, folgende Faustregeln beim Online-Shopping zu beachten: Besser vom PC oder Laptop aus kaufen als über das Smartphone. Der Grund: Mobile Geräte haben kleine Bildschirme, auf denen weniger Angebote auf einen Blick zu sehen sind, und die teuren Angebote erscheinen hier oft weiter oben.

Außerdem sollte man Produkte zuerst immer über eine Vergleichsplattform suchen und erst dann auf die Anbieter-Website wechseln. Wer von einem Vergleichsportal kommt, wird in der Regel als preisbewusster eingeschätzt und bekommt eventuell bessere Angebote.

Auch der Zeitpunkt kann für den Preis entscheidend sein: Die günstigeren Angebote gibt es eher unter der Woche und mit höherer Wahrscheinlichkeit am Morgen.

Für Online-Händler gilt wiederum: Vorsicht vor allzu viel Flexibilität in der Preisgestaltung. Ein wenig verlässliches Preisgefüge sorgt bei den Konsumenten für einen hohen Aufwand beim Preisvergleich und dementsprechenden Unmut. Zudem gilt: Wer "Personal Pricing" einsetzt, vergrault die Kundschaft.

Kunden sind bei Preisänderungen sehr kritisch

Verständnis für Preisänderungen haben Konsumenten laut Studie nur dann, wenn der Preis an die Konkurrenz angepasst wird. Alle anderen Gründe werden von der Mehrheit der Befragten nicht akzeptiert. Werden personenbezogene Änderungen bemerkt, lehnt es die Mehrheit ab, in diesem Shop zu kaufen.

"Beispiele zeigen, dass es schnell zu Reputationsschäden kommen kann, wenn Kunden das Gefühl haben, unfair behandelt worden zu sein", warnt Behrens. "Die individuelle Verteilung von Rabatten und Gutscheinen scheint beim Kunden jedenfalls besser anzukommen als die intransparente Anpassung von Preisen."