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Tricks der Fake Customers

Von Andrea Möchel

Wirtschaft
© stock.adobe.com/fantom_rd

Heimische Internethändler werden immer öfter Opfer von Betrügern.


Wien. Warnungen vor Onlinebetrügern sind so alt wie das Internet selbst. Vor allem Berichte über arglose Konsumenten, die von unseriösen Webshop-Betreibern um ihr Geld gebracht werden, sind mediale Dauerbrenner. Dass das Verbrechen auch im World Wide Web keine Einbahnstraße ist, zeigt nun eine Befragung unter Online- und Versandhändlern der DACH-Region.

Demnach klagt die Mehrheit der Onlinehändler in Österreich (54 Prozent), Deutschland (73 Prozent) und der Schweiz (46 Prozent) gegenüber der Wirtschaftsauskunftei Crif über einen Anstieg des E-Commerce-Betrugs im vergangenen Jahr. 87 Prozent der österreichischen Onlineshop-Betreiber waren bereits einmal mit einem Betrugsfall oder einem Betrugsversuch konfrontiert. Das sind um rund acht Prozent mehr als 2017.

"Es gibt mittlerweile kaum noch Onlinehändler, die nicht schon finanzielle Einbußen durch organisierten Betrug hinnehmen mussten", bestätigt Gerald Sebastian Eder, Head of Business Development E-Commerce bei Crif die alarmierenden Zahlen. "Die Methoden der Betrüger werden dabei immer professioneller und schwerer zu durchschauen. Da werden technologische Möglichkeiten ausgenutzt, um etwa tausende von Bestellungen fast zeitgleich zu verschicken oder auch Phishing-Mails, die vom ‚Original‘ kaum mehr unterscheidbar sind", so Eder gegenüber der "Wiener Zeitung".

Angabe falscher Namenoder Adressen

Ausnahmslos alle befragten österreichischen Online- und Versandhändlern waren von der Angabe verfälschter Namens- oder Adressdaten betroffen. An zweiter Stelle folgt der Identitätsdiebstahl, mit dem bereits 85 Prozent der heimischen Unternehmen konfrontiert waren. Dabei schlüpfen Fake Customers in die "virtuelle" Haut realer Personen, deren gestohlene Daten sie sich unter anderem im Darknet besorgen. Neben solch komplexen Betrugsmaschen gibt es freilich auch den simplen Modus Operandi.

So stellt für viele Onlinehändler nach wie vor die Zahlungsunfähigkeit von Kunden - also das Bestellen von Waren, obwohl man weiß, dass man die Rechnung nicht bezahlen kann - ein gravierendes Problem dar. In Österreich hatten 77 Prozent der Befragten 2018 mit dieser Betrugsform zu kämpfen, in Deutschland waren es 85 Prozent und in der Schweiz sogar 89 Prozent. Was die Schadenssumme betrifft, so mussten laut Crif-Umfrage 46 Prozent der heimischen Online-Händler 2018 Gesamtverluste zwischen 10.000 und 50.000 Euro hinnehmen.

Um Betrugsabsichten frühzeitig zu erkennen, empfehlen Experten die Kombination unterschiedlicher Technologien und Prozesse. Diese können von einer im Hintergrund laufenden Nutzer-Authentifizierung, bis hin zur Automatisierung der manuellen Transaktionsprüfung reichen.

So kann etwa eine spezielle Software eingesetzt werden, die in der Lage ist, Anomalien wie gleiche Telefonnummern von unterschiedlichen Adressen oder auffallend viele verschiedene Bestellungen von nur einem Gerät herauszufiltern. Die Mehrheit der befragten Onlinehändler in der DACH-Region begnügt sich derzeit allerdings mit der manuellen Prüfung von Namen, Adressen und Bankdaten verdächtiger Transaktionen.

Anzeige mit hohemAufwand verbunden

In Österreich setzen 86 Prozent der Onlineshop-Betreiber auf diese Maßnahmen. "Die manuelle Überprüfung ist mit einem hohen zeitlichen und personellen Einsatz verbunden", gibt Crif-Experte Eder zu bedenken. "Mit wachsendem E-Commerce-Traffic ist jeder manuelle Schritt nicht nur eine Verlangsamung des Prozesses, sondern auch die Fehlerquote in der manuellen Überprüfung steigt." Es sei daher empfehlenswert, auch in der Betrugsvermeidung auf moderne Technologien zu setzen, die vollautomatisiert im Bestellprozess integriert sind, und alle Bestellungen mit "Kauf auf Rechnung" auf mögliche Betrugsmuster abgleichen. "Um Betrug proaktiv zu verhindern, setzen wir laufend auf die neuesten technologischen Möglichkeiten", so Eder weiter. "Zurzeit arbeiten wir an einem internationalen Machine Learning Project, um die Annahmequote bei gleichbleibendem Risiko zu erhöhen."

Man stehe dabei allerdings in einem ständigen Wettlauf mit jenen, "die versuchen neue Möglichkeiten für betrügerische Aktivitäten zu finden", räumt Eder ein. Besonders frustrierend ist, dass Online-Betrüger gute Chancen haben ungeschoren davon zu kommen. Im vergangenen Jahr betrug die Aufklärungsquote bei Cybercrime-Delikten in Österreich lediglich 37 Prozent.

Die geringe Wahrscheinlichkeit, dass die Täter gefasst werden und der mit einer Anzeige verbundene hohe Aufwand, lassen Onlinehändler oft von einer Strafverfolgung absehen. Stattdessen werde ein gewisser Betrugsschaden als Teil des "normalen" Geschäftsrisikos einkalkuliert, beklagen Sicherheitsexperten.