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Taxireform: "Das Gesetz wird sein Ziel verfehlen"

Von Simon Rosner

Wirtschaft

Der Regulierungsökonom Klaus Gugler über den "schwierigen Markt" der Taxibranche: Die Preisregulierung von Uber ist eine schlechte Idee, Mengenregulierung wäre vernünftiger.


Seit Jahren tobt ein Konflikt zwischen Taxis und dem US-Anbieter Uber, der einen sehr ähnlichen Dienst anbietet, formal aber nicht als Taxiunternehmen firmiert, sondern als Mietwagen-Unternehmen. Während es bei Taxis durch den Tarif einen Fixpreis gibt, lebt Uber davon, dass der Preis - je nach Angebot und Nachfrage - flexibel ist. Das soll sich nun ändern, ÖVP, FPÖ und SPÖ haben im Verkehrsausschuss des Nationalrats beschlossen, dass Taxis und Mietwägen künftig in einem Gewerbe zusammengeschlossen werden. Auch Uber muss also den Taxitarif verlangen. Die Neos wollen dagegen vor den Verfassungsgerichtshof ziehen, Uber überlegt laut einen Rückzug.

"Wiener Zeitung": Es gibt 4779 Taxikonzessionen in Wien. Dennoch wird oft von einem "Taximonopol" gesprochen. Ist es das?

Klaus Gugler: Das ist es natürlich nicht. Ökonomisch gesehen ist es durch die regulierten fixen Tarife ein Kartell -ein politisch gewolltes Kartell.

Ist Regulierung in dieser Branche grundsätzlich sinnvoll?

Es ist schon ein schwieriger Markt. Völlige Regulierung ist schlecht, völlige Deregulierung auch. Es muss sich irgendwo in der Mitte finden. Aber das ist nicht trivial.

Welche Formen einer Regulierung wären überhaupt möglich?

Die Wichtigste ist natürlich die Preisregulierung. Aber auch eine Mengenregulierung, also die Zahl der Lizenzen, wäre möglich. Und eine Qualitätsregulierung, das sind etwa Ausbildungsstandards für Fahrer, denn es gibt ja auch Sicherheitsbedenken. Man will ja sicher nach Hause kommen.

Das Parlament hat sich für die Preisregulierung entschieden bzw. dass Uber künftig auch der Taxi-Preisregulierung unterliegt. Wie sehen Sie die geplante Regelung?

Das einzig Positive an dem Entwurf ist, dass Uber, das ja im Taximarkt tätig ist, einer gleichen Regulierung unterworfen wird. Es sollte gleiches Recht für alle gelten, auch in steuer- und arbeitsrechtlicher Hinsicht. Sonst kommt es zu einer Verzerrung des Wettbewerbs. Schlecht ist in erster Linie die fixe Preisregulierung.

Was passiert bei fixen Preisen?

Bei fixen Preisen kann kein Wettbewerbsverhalten belohnt werden. Ich kann mit dem wichtigsten Parameter des Wettbewerbs, und das ist der Preis, nicht zusätzliche Konsumenten anziehen. Der Preisanreiz wird eliminiert, aber auch der Innovationsanreiz geschmälert. Die Innovationen bei Taxis sind nur gekommen, weil sie durch den Wettbewerbsdruck von Uber nötig waren.

Welche Folgen hat es, wenn nun auch die Mietwägen, also Uber, einen fixen Tarif verlangen müssen?

Im Prinzip gibt es ja einen relativ freien Marktzutritt, auch wenn es Qualitätsstandards gibt, also die Prüfungen, die man erfüllen muss. Aber offenbar erfüllen diese tausende Taxifahrer. Die Folge wird daher ein exzessiver Markteintritt sein, weil der zusätzliche Taxifahrer die Preise nicht reduziert, sie sind ja fixiert. Das Paradoxe ist jetzt: Für den einzelnen Taxler wird das neue Gesetz also gar nichts bringen.

Wenn die Pro-Kopf-Einkommen in der Branche zurückgehen, wenn immer mehr Uber oder Taxis lenken, wird es ja wieder zu Marktaustritten kommen, oder?

Kurzfristig kann es schon sein, dass sich die Einkommen erhöhen, wenn die Konkurrenz durch Uber wegfällt. Aber diese Einkommen werden dann wegkonkurrenziert, wenn es freien Markteintritt gibt. Mittelfristig werden siealso genauso viel verdienen wie vorher, nämlich ihre Opportunitätskosten. Was ist ein Taxler bereit, zu ertragen, dass er herumfährt?

Das heißt: Will man den Preis fixieren, bräuchte es auch eine Mengenregulierung?

Also wenn es das Ziel des Gesetzes ist, die Taxifahrer zu schützen, dann wird man dieses Ziel verfehlen. Denn eine Preisregulierung verlangt auch eine Mengenregulierung. Es gibt einen Zeitungsartikel aus 2011, da war von Uber noch keine Rede, da haben sich Fahrer auch beschwert, dass es zu viele Taxis gibt, weil es eine Preis-, aber keine Mengenregulierung gab. Die Frage ist, ob man das will. Das istaber nicht so einfach zu beantworten.

Was spricht dafür?

Ein "Level playing field" wäre wünschenswert, es sollte in allen Wettbewerbskomponenten für alle gleich sein. Und eine Mengenregulierung wäre sicher sinnvoller als eine Preisregulierung, eventuell noch mit einem Höchstpreis, um Menschen in Notsituationen zu schützen. Was auch für die Mengenregulierung spricht, sind die negativen externen Effekte der Autos. Es gibt Umweltbelastungen und einen beschränkten öffentlichen Raum. Es spricht schon einiges dafür, den ganz freien Markteintritt zu beschränken, aber einen Preiswettbewerb nicht zu unterbinden, damit der effiziente Taxler, oder auch Uber, wachsen und ineffiziente verdrängen kann. Diese Möglichkeit sollte es schon geben im Wettbewerb.

Nur die Menge zu regulieren, ginge also schon?

In Wien wird das bei den E-Rollern gemacht. Man bestimmt eine Menge, vielleicht 6000 Autos, egal ob Taxi oder Mietwagen. Das wäre für die Versorgungssicherheit ausreichend. Die Konzessionsvergabe könnte dann etwa durch Auktionierung geschehen. Man müsste sich das aber genauer überlegen, denn ein Markteintritt muss natürlich möglich sein.

Ein Problem der Branche ist das Einkommen. Die Stundenlöhne liegen teilweise weit unter den kollektivvertraglichen Mindestlöhnen anderer Branchen. Die Folge sind lange Schichten, die wiederum ein Sicherheitsproblem sind. Manche Fahrer sind Angestellte, andere Selbständige. Wie setzt man da arbeitsrechtliche Regelungen überhaupt durch?

Schwierig. Wenn es niemanden gibt, der für fünf Euro bereit ist, zu fahren, hätte man das Problem nicht. Aber die gibt es halt. Man müsste wohl die Kontrollen erhöhen und prüfen, ob bei Selbständigen nicht eigentlich Angestelltenverhältnisse vorliegen. Das ist aber eine Frage der Beweisbarkeit. Vermutlich geht es wirklich nur über die Mengenregulierung.

Uber hat einen angehäuften Verlust von 13,2 Milliarden Dollar. Jedes Jahr schreibt der Konzern ein Minus. Ist es nicht in Zweifel zu ziehen, ob die günstigen Tarife tatsächlich aufgrund höherer Effizienz entstehen? Ist es nur Verdrängung dank potenter Investoren?

Ich glaube nicht, dass eine Verdrängungsstrategie von Erfolg gekrönt wäre. Denn selbst wenn alle Taxis durch Uber verschwinden würden und Uber auf den Monopolpreis, also etwa den doppelten Preis, ginge, würde es innerhalb von Monaten wieder zu Markteintritten kommen, weil die Eintrittsbarrieren fast null sind.

Aber auch der "Economist" ist skeptisch, dass das Geschäftsmodell funktioniert, weil die Konkurrenz immer sehr groß sein wird.

Der Kapitalmarkt glaubt offenbar an dieses Modell, denn Uber ist 80 Milliarden Dollar wert. Klar, die können sich alle auch irren.

Man fragt sich aber, warum die Personenbeförderung besser von einem globalen Konzern mit vermutlich großen Overheadkosten organisiert werden können soll statt von kleinen lokalen Unternehmen.

Es gibt diese App-Kosten, das sind Fixkosten, und die Kleinen können so eine App nicht generieren. Uber hat auch Kosten durch die Akquisition der Fahrer. Wenn sie expandieren wollen, geht das eben nur über mehr Fahrer. Sie haben wohl auch Regulationskosten, weil es in jedem Land andere Regeln gibt. Und eine Managementvergütung wird auch dabei sein. Das genaue Geschäftsmodell von Uber kenne ich aber nicht. Man wird sehen. Es ist auch viel Spielgeld unterwegs derzeit.

Glauben Sie, dass sich Uber nun aus Wien zurückziehen wird?

Das bezweifle ich. Uber hat ja schon diese App, die Leute haben sie auch schon installiert. Von den 13 Milliarden Verlust würde ich jedenfalls nicht schließen, dass das Geschäftsmodell nicht gut ist. Die Wachstumsphase ist sicher teuer für Uber, aber das war sie für Amazon auch. Und das ist jetzt 700 Milliarden wert.