Ulrichsberg. (apa/ph) Neuburger: Sagen Sie niemals Leberkäse zu ihm! - diesen Werbeslogan kennen wohl die meisten Österreicher. Es wirkt deshalb paradox, dass sich der Erfinder der erfolgreichen Marke nun dafür einsetzt, den Fleischkonsum einzuschränken, unter anderem mit fleischlosen Schnitzeln.
Der oberösterreichische Unternehmer Hermann Neuburger, gelernter Fleischhauer, etablierte in den 1980er Jahren den Neuburger. Die Situation der Fleischbeschaffung habe sich jedoch seither massiv verändert. "Früher hat man sich die Schlachttiere aus einem Radius von fünf Kilometer geholt, und man hat gewusst, wie die Tiere gelebt haben", sagt Neuburger. Mittlerweile sei die Situation jedoch untragbar geworden: Denn die Menschen essen gerne Fleisch. Laut Statistik Austria (2017) entfallen pro Einwohner durchschnittlich 63,4 Kilogramm Fleisch. Gekauft werde dieses aber meist billig, so Neuburger. Die Folge: Schlachttiere werden kilometerweit herangekarrt und mit Futtermitteln aus Übersee versorgt. Die weltweit wichtigsten Exportländer sind beim Rindfleisch etwa Australien und Brasilien, beim Schweinefleisch Deutschland und die USA. Mit einer fleischlosen Alternative möchten er und sein Sohn Thomas nun das Leid der Massentierhaltung mindern. "Ich habe schon lange Probleme mit Fleisch. Ich weiß, das ist widersinnig, wenn man das als Metzger sagt", sagt Hermann Neuburger.
Weizengluten, Soja und Pilze
Vor 20 Jahren dachte der Unternehmer erstmals über eine fleischlose Linie nach. Um sich völlig auf die neue Idee zu konzentrieren, übergab er 2005 die Geschäfte von Neuburger an seine engsten Mitarbeiter und reiste anschließend durch die Tempelküchen von Taiwan, China und Japan. Drei Rohstoffe nahm er mit nach Hause: Weizengluten, Soja in Form von Yuba (Haut der Sojamilch, Anm.) und Pilze.
Die Rohstoffe wurden zahlreichen Tests unterzogen. Das Weizengluten hatte allerdings einen zu eigenen Geschmack, die Soja-Produktion hingegen sei zu "handarbeitsintensiv" gewesen, sagte Thomas Neuburger. Sie konzentrierten sich deshalb auf die Seitlinge-Pilze. Das Familienunternehmen zog dafür eine eigene Zucht für die Marke "Hermann fleischlos" am Standort in Ulrichsberg auf. Auf einem fünf Hektar großen Areal wurden zwischen 2017 und 2020 dafür insgesamt 37 Millionen Euro investiert.
Ziel sei es jedoch nicht, nun alle zu Vegetariern zu machen. "Unsere Produkte gelten als Alternative. Meine Mission ist erfüllt, wenn ein Fleischesser eine Mahlzeit pro Woche gegen eine fleischlose tauscht", sagt Vater Hermann Neuburger.
Fleischlos durch Grillsaison
Vor allem in der Grillsaison ist Fleisch beliebt: Am meisten werfen Österreicher Schweinefleisch auf den Grill, gefolgt von Bratwürsten. Für die 15 Prozent, die laut Umfrage der AMA gar kein Fleisch grillen, sind vielleicht die fleischlosen Produkte von Neuburger eine abwechslungsreiche Alternative: Verkaufshit sind die Rostbratwürstchen ohne Fleisch, gefolgt von den Bratstreifen, die laut Thomas Neuburger recht vielfältig einsetzbar sind.
"Von 2016 bis Juli 2019 haben wir uns bei der Produktion verfünfzigfacht", so Hermann Neuburger. Bis Ende des Jahres sollte dann auch die neue Produktion am Standort im Mühlviertel fertig gebaut sein.
Bisher hat man mit der Testproduktion, die man für die Erprobung 2014 errichtet hatte, einige 100 Märkte beliefern können. "Der Plan war zunächst, 50 Märkte zu beliefern", sagte Hermann Neuburger. "Doch das ist explodiert. Jetzt beliefern wir bereits 700 Märkte." Ziel sei es, an die 15.000 Märkte zu versorgen.
Durch die neue Fabrikationsstätte sind bald auch neue, "herstellungsintensive" Produkte zu haben. So wird es im kommenden Jahr wieder Schnitzel geben. Das war bereits auf dem Markt, musste aufgrund hoher Produktionskosten aber wieder heruntergenommen werden. Und noch etwas plant Neuburger: Im Herbst kommt fleischloses Faschiertes in die Geschäfte. Derzeit laufen dazu die Haltbarkeitstests.