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Auf und ab beim Vanillepreis

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft
Das Hauptanbauland für Bourbonvanille ist Madagaskar.
© Africa Studio - stock.adobe.com

Einer der Gründe für das aktuelle Preishoch ist die monopolartige Stellung Madagaskars.


Sie verleiht süßen Speisen einen unvergleichlichen Geschmack und macht aus schlichtem Milchkaffee ein hippes Lifestyle-Getränk. Ihr Aroma entsteigt Duftkerzen und belebt als Bestandteil von Parfüms die Sinne. Die Rede ist von der Vanille. Auf Madagaskar, dem Hauptanbauland für das Gewürz, gilt sie zu Recht als schwarzes Gold. Der Preis für die "Königin der Gewürze" ist in den vergangenen Jahren zum Leidwesen der Abnehmer steil nach oben geklettert, und von einem Absinken auf ein vernünftiges Niveau ist man noch weit entfernt.

600 bis 700 Euro betrug der Verkaufspreis pro Kilo Bourbon-Vanille zuletzt, nach nicht einmal 100 Euro im Jahr 2014. Die Ursachen für den explodierenden Preis sind vielschichtig, weiß Birger Schmidt-Wiking vom traditionsreichen Vanillehandelshaus Aust & Hachmann in Hamburg. In den 1990er Jahren habe Madagaskar durch große Produktionsmengen und Dumpingpreise andere Anbauländer aus dem Markt gedrängt. Durch den Preisverfall lohnte es sich kaum mehr, in den Anbau und die Pflege der Pflanzen zu investieren, die Angebotsmenge sank.

"Auch der eine oder andere Zyklon hat dann Anbaugebiete in Madagaskar zerstört. Einige Jahre später, bei knappem Angebot und steigender Nachfrage, explodierte dann der Preis", so Schmidt-Wiking. Neu angelegte Plantagen würden zwischen fünf und sieben Jahren benötigen, bis die Pflanzen verkaufsfähige Früchte bilden. "Sobald die in den letzten Jahren neu angelegten Gärten am Markt mit anbieten, ist mit einem deutlichen Preisrückgang zu rechnen", sagt der gelernte Außenhandelskaufmann.

Kaum jemand in unseren Breiten weiß, wie mühsam und aufwendig Anbau und Verarbeitung der Vanille - nach Safran das zweitteuerste Gewürz der Welt - sind. Die Vanillepflanze, die zur Familie der Orchideen gehört, benötigt mehrere Jahre, bis sie die ersten Schoten hervorbringt. Die Schoten werden kurz vor der Reife geerntet und anschließend monatelang fermentiert und getrocknet. Das Aroma entwickelt sich beim Fermentieren durch das Vanillin, das sich auf der Frucht absetzt. Da natürliches Vanillin teuer ist, wird weltweit zu fast 100 Prozent synthetisches Vanillin eingesetzt, um ein Vanillearoma zu erzeugen.

Diebstähle und zu frühe Ernte

Bei den derzeit extrem hohen Preisen der echten Vanille ist die Gefahr des Vanillediebstahls in Madagaskar, einem der ärmsten Länder der Welt, besonders hoch, weiß Hartwig Kirner, Geschäftsführer von Fairtrade Österreich: "Die Bauern müssen ihre Ernte bewachen, das ist völlig absurd." Zum Teil ernten sie die Vanille schon grün, um schnelles Geld zu machen, was wiederum zu Lasten der Qualität gehe. Rund 70.000 bis 80.000 Kleinbauern leben auf Madagaskar von der Vanille. Sie bräuchten berechenbare Preise, um investieren zu können und Produktivität und Erträge steigern zu können.

Fairtrade hat erstmals einen Preis ausgerechnet, den die Vanille-Kleinbauernfamilien bräuchten, um ein vernünftiges Einkommen zu haben, und kam auf 16,60 Euro pro Kilo. Dann könnten sie auch in Qualitätsmaßnahmen investieren. Derzeit bekommen die Bauern zwar deutlich mehr, umso stärker wird sie der nächste Preisabschwung treffen.

Auch beim Waldviertler Bio-Unternehmen Sonnentor, das Tees, Gewürze und Kräuter verkauft, wünscht man sich stabile Vanillepreise, die auch dem Arbeitsaufwand der Bauern entsprechen. "Derzeit arbeiten wir an zwei Projekten mit der Möglichkeit eines Direktimports", sagt Gertrude Biedermann. Sie leitet den Einkauf bei Sonnentor. Das Ziel sei, mit Bio-Bauern Fixpreise fernab vom sogenannten "Schweinezyklus" - darunter versteht man die periodische Schwankung der Angebotsmenge und des Marktpreises - zu vereinbaren. Sonnentor versuche, die Preiserhöhung bei Vanille nicht 1:1 an die Kunden weiterzugeben. "Vor allem bei Gewürz- und Teemischungen tragen wir einen großen Teil der Marge selbst. Doch beim Vanillepulver und den Vanilleschoten kam es anfangs zu einem Minus von etwa 25 Prozent. Inzwischen hat sich der Absatz wieder stabilisiert", so Gerda Holzmann, Leiterin des Qualitätsmanagements.

Andere Länder ziehen nach

Beim Weinviertler Gewürzhersteller Kotanyi läuft die Vanille nach Angaben von Geschäftsführer Erwin Kotanyi zwar unter "ferner liefen", der drastische Preissprung nach oben war aber dann doch nicht ganz egal. "Der derzeitige Preis ist nicht ganz nachvollziehbar", sagt Kotanyi. Zwischen 80 und 100 Euro wären für ihn "vernünftig". Er erwartet zumindest keine weitere Steigerung. "Madagaskar deckt rund 70 Prozent des weltweiten Bedarfs an klassischer Bourbonvanille ab, andere Länder ziehen aber nach", betont Kontanyi.

Die Preise für die Ernte 2019 in Madagaskar stehen noch nicht fest, da die Präparation der Vanille noch nicht abgeschlossen ist, sagt Birger Schmidt-Wiking. Die Vanilleschoten wurden ab Mitte Juli in der Region Sambava/Antalaha geerntet. Je nach gewünschter Qualität des Endproduktes und Wetter dauere die Fermentierung und Trocknung mehrere Wochen bis zu einigen Monaten. Danach liege noch die Qualitäts- und Längenbestimmung der einzelnen Schoten an sowie der Bündelung und Abpackung: "Erst dann sind die einzelnen Mengen je Qualität abschätzbar und Marktpreise entwickeln sich."