Und das tut er auch. Er weiß zwar um die "extrem heiklen Themen", die "viele Emotionen" auslösen, befeuert sie aber. Die einzelnen Sparkasseninstitute werden "die Hosen runterlassen müssen", sagt er und verpasst ihnen ein einheitliches Controlling sowie eine gemeinsame Personaladministration, um für Transparenz zu sorgen. Weiters wird das Marketing, die Produktpalette, das Rating im Kreditmanagement und das EDV-System vereinheitlicht.

Treichl steht nun ganz oben, ihm scheint alles zu gelingen, er sucht und genießt das Rampenlicht. Er ist Österreichs bestbezahlter Bankmanager, sein Wort hat Gewicht in politischen Debatten und er wird Teil der Glamour-Welt rund um den Opernball, den seine Frau Desiree Treichl-Stürgkh organisiert. So hätte es ewig weitergehen können, wäre nicht die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 über die Banken hereingebrochen.

Die Erste, eine zockende Sparkasse?

Treichl versucht, die Krise herunterzuspielen: "Die Länder (im Osten, Anm.) stehen ja gut da, sie produzieren was." Die Krise werde daher bald vorbeiziehen, deshalb: "Wir entlassen niemanden."

Doch die Krise lässt sich nicht lange schönreden. Der Aktienkurs der Ersten fällt von 61,5 Euro (2007) auf einen historischen Minuswert von 7 Euro (Februar 2009). Um die Bank zu retten, muss Treichl den Staat um Geld bitten und erhält 2,7 Milliarden Euro.

Im Zuge der Krise wurde zudem bekannt, dass die Erste anrüchige Credit Default Swaps (CDS) im Wert von 5,2 Milliarden Euro besaß. Dabei handelt es sich um Kreditausfalls-Versicherungen, die gerne von Spekulanten gehandelt werden. Für Treichl und die Erste war der Imageschaden groß, die Erste, eine zockende Sparkasse? Die Bank stand seit ihrer Gründung für die konservative Veranlagung der Gelder kleiner Leute. Nun musste sie sich den Vorwurf gefallen lassen, mit dem Geld der kleinen Leute mit hohem Risiko zu spekulieren, zu riskieren, dass es verspekuliert wird.

Treichl zeigt Nerven, legt sich mit der Bundesregierung an, "unsere Politiker sind zu blöd und zu feig", "weil sie von der Wirtschaft keine Ahnung haben", sagt er im Hinblick auf die immer strengeren Richtlinien für die Kreditvergabe.

"Fürchterliche Momente" seien das gewesen, sagt er heute. "Das war nicht glamourös". Viele Investments vor der Finanzkrise haben sich als Fehler herausgestellt. Darunter auch die Investition in isländische Anleihen. Es habe bis Ende 2014 gedauert, bis die Krise überwunden war. Das Geld des Staates habe die Erste aber innerhalb von drei Jahren zurückgezahlt. Mit acht Prozent Zinsen.

Treichl übersteht die Krise. Das große Fressen, die aggressive Markteroberung ist aber vorbei. Die CDS werden abgebaut, mühsam versucht er den Ruf der Ersten wiederherzustellen. Mit Erfolg. 2016 fährt die Bank erstmals wieder einen Milliardengewinn ein.

Nach der Krise widmet sich Treichl dem digitalen Umbau. In den vergangenen zehn Jahren schließt die Erste ein Viertel ihrer Filialen, baut aber gleichzeitig die digitale Bankingplattform George auf. Kunden können damit online auf ihr Konto zugreifen, aber etwa auch Anlagen erstellen.