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Veranstalter gehen bei Corona-Fall leer aus

Von Daniel Bischof und Karl Ettinger

Wirtschaft

Privatpersonen und Hotelbetriebe bekommen hingegen Entschädigungen, wenn Quarantäne verhängt wird.


Das Coronavirus bringt zahlreiche rechtliche Fragen mit sich. Betroffene Unternehmer und Privatpersonen wundern sich, ob ihnen der Verdienstentgang und sonstige Kosten ersetzt werden, erste Dispute über Entschädigungen bahnen sich an. Der Veranstalter des verschobenen Europäischen Radiologiekongresses in Wien erwägt beispielsweise, rechtliche Schritte gegen die Stadt Wien und die Republik Österreich zu ergreifen.

Erschwert wird die Situation dadurch, dass Juristen in diesen Fragen oft Neuland betreten. Zwar bietet das Epidemiegesetz 1950 Anhaltspunkte. "Vom Gesetzgeber wurde es trotz einiger Novellen aber nie wirklich an die modernen Begebenheiten angepasst. Das war schon ein Versäumnis", sagt Peter Bußjäger, Professor für Verwaltungsrecht an der Universität Innsbruck. Auch die äußerst spärliche Judikatur zum Epidemiegesetz könne in Zweifelsfällen nur wenig Abhilfe schaffen, so der Jurist.

Vergleichsweise einfach ist die Rechtslage für die Hotellerie. "Hotels, die wegen Quarantänefällen geschlossen werden, können einen Kostenersatz verlangen", erklärt Bußjäger. Wird der Betrieb wegen Verdachtsfällen gesperrt oder werden Personen dort in Quarantäne untergebracht, muss der Bund dem Betrieb den Verdienstentgang und sonstige Vermögensnachteile vergüten. Anspruchsgrundlage ist dabei § 32 des Epidemiegesetzes.

Bund muss für Nächtigung zahlen

Auch Privatpersonen müssen sich in monetärer Hinsicht nicht fürchten: Ordnet die Behörde an, dass sich eine Person in der Wohnung oder an einem sonstigen Ort in Quarantäne begeben muss, steht ihr ebenfalls ein Kostenersatz zu, so Bußjäger. Erkrankt etwa ein Wiener in Tirol und wird dort in einem Hotel abgesondert, muss der Bund auch die Nächtigungskosten übernehmen.

Von den Auswirkungen des Virus betroffen sind auch Veranstaltungen. Derzeit fallen zahlreiche Messen und Kongresse österreich- und europaweit aus. Der Europäische Radiologiekongress in Wien, an dem rund 20.000 Wissenschafter und Experten teilnehmen sollten, hätte etwa von 11. bis 15 März stattfinden sollen. Er wurde nun allerdings auf Juli verschoben.

Veranstalter Peter Baierl, Geschäftsführer der Europäischen Gesellschaft für Radiologie, zeigte sich höchst verärgert: "Wir haben trotz intensiver Bemühungen keine klare Anweisung oder Entscheidung von einer österreichischen Behörde erhalten, ob der Kongress zum Schutz vor der Weiterverbreitung des Coronavirus abzusagen ist oder nicht."

Aufgrund der "objektiv nicht erfüllbaren epidemiebezogenen Sicherheitsauflagen" habe man sich gezwungen gesehen, selbst über die Verschiebung zu entscheiden, obwohl die Voraussetzungen für eine behördliche Untersagung gegeben gewesen wären. Baierl wirft den Behörden vor, die Entscheidung über die Absage und das damit verbundene Risiko auf den Veranstalter abgewälzt zu haben. Er erwägt rechtliche Schritte gegen die Stadt Wien und Republik Österreich.

Die Chancen, dass der Veranstalter nun Schadenersatz erhält, stuft Bußjäger nach derzeitigem Stand als gering ein. Eine Anspruchsgrundlage für einen solchen Fall gebe es nach dem Epidemiegesetz nicht.

Im Gesundheitsministerium heißt es auf Anfrage: Sage der Veranstalter aus eigenem Antrieb das Event ab, gebe es keine Entschädigungspflicht nach dem Epidemiegesetz 1950. Laut Juristen des Ressorts gilt das auch für den Fall, dass die Veranstaltung behördlich abgesagt wird.

In die gleiche Kerbe schlägt Bußjäger. An der Situation ändere sich wenig, wenn die Veranstaltung durch die Behörden mittels Bescheid nach dem Epidemiegesetz untersagt worden wäre. So sehe das Gesetz zwar in Paragraf 15 vor, dass Behörden im Bedarfsfall alle Arten von Veranstaltungen untersagen können. Entsprechende Entschädigungszahlen dafür seien aber nicht festgeschrieben, so Bußjäger. "In diesem Fall aber könnte, sofern der Bescheid rechtswidrig ist, weil er etwa unverhältnismäßig ist, eine Klage auf Schadenersatz nach dem Amtshaftungsgesetz eingebracht werden. Das wäre theoretisch möglich."

Konsumentenschützer starten Hotline

Rechtsfragen können sich auch für Verbraucher ergeben, insbesondere, wenn sie Reisen gebucht haben. Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hat im Auftrag des Sozialministeriums eine Gratis-Hotline für Reiserechtsfragen eingerichtet. Seit Freitag werden Konsumenten zu reiserechtlichen Fragen beraten. Die Hotline ist von Montag bis Sonntag, von 9 bis 15 Uhr, unter 0800 201 211 erreichbar. Der VKI klärt Verbraucher dabei auf, welche Optionen ihnen zur Verfügung stehen, wenn sie von einer Reise aufgrund der Coronavirus-Krise zurücktreten wollen.

Die Bundesregierung kündigte am Freitag zudem an, die Haftung für bis zu 100 Millionen Euro an Krediten für Hotels, die unter den Folgen des Coronavirus besonders stark leiden, zu übernehmen. Die Maßnahme soll kommende Woche im Ministerrat beschlossen und innerhalb einer Woche umgesetzt werden.

In den Genuss der Unterstützung kommen nur familien- und inhabergeführte Betriebe, so Tourismusministerin Elisabeth Köstinger. Internationale Ketten sind davon nicht umfasst. Das Ausmaß der Schäden für die Branche durch das Virus könne man noch nicht beziffern, es sei mit einer "beträchtlichen Höhe" zu rechnen. Ziel sei es, die notwendige Liquidität sicherzustellen, damit besonders hart getroffene Betriebe über die Runden kommen.