Bei einem Runden Tisch im Klimaministerium sind am Dienstag Möglichkeiten zur Vermeidung von Plastikmüll diskutiert worden. Als nächsten Schritt werden jetzt "konkrete Details eines möglichen Einwegpfandsystems für Österreich" entwickelt, hieß es in einer Aussendung der Gastgeberin, Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne), am Mittwoch.
Österreich muss bei der Vermeidung von Plastikmüll eine EU-Vorgabe erfüllen. Diese EU-Richtlinie zu Single-Use-Plastic sieht vor, dass Getränkeflaschen aus Kunststoff, von denen in Österreich gegenwärtig 1,6 Milliarden jährlich in Verkehr gesetzt werden, bis zum Jahr 2025 zu zumindest 77 und bis zum Jahr 2029 zu zumindest 90 Prozent getrennt gesammelt und auch recycelt werden müssen. Aktuell beträgt die Sammelquote in Österreich noch 70 Prozent. Ein Pfandsystem würde die Lücke am effizientesten schließen, ergab eine Anfang 2020 publizierte Studie.
Bei dem Runden Tisch erwarteten Gewessler und ÖVP-Staatssekretär Magnus Brunner über mehr als 40 Vertreterinnen und Vertreter von NGOs, des Handels, Recyclingfirmen oder Experten für Kreislaufwirtschaft zum Meinungsaustausch.
Neben der Ausarbeitung von Details eines möglichen Einwegpfandsystems soll auch der Stakeholder-Dialog zu Plastik-Verpackungen wieder aufgenommen werden, "um Kreislaufwirtschaft als Ganzes zu betrachten. Schon im Juni wird es dazu weitere Gespräche geben. Wir wollen rasch alle Entscheidungsgrundlagen vorliegen haben", so Gewessler.
Ohne Pfand Mehrkosten von 28 Millionen Euro jährlich
Der Umgang mit Plastik ist Teil des EU-Aktionsplans für die Kreislaufwirtschaft, auch über die Zukunft des Plastiksackerls wurde so bestimmt. Die EU-Pläne zielen insgesamt auf einen Schwenk hin zu einer "kreislauforientierten" Wirtschaft - samt dem daraus resultierendem Beitrag zu den UN-Nachhaltigkeitszielen für 2030 und jenen des Pariser Klimaabkommens.
Die Einigung zum Verbot von Einwegplastik-Artikeln wurde Ende 2018 unter dem österreichischen EU-Vorsitz erzielt. Damals leitete Gewesslers Vorgängerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) die Umweltagenden - die erwähnte Plastikflaschen-Studie wurde vor rund einem Jahr von ihrem Ressort beauftragt. Im Jänner 2020 lagen die Ergebnisse dann vor - und damit der Schluss, dass selbst eine Quote von über 75 Prozent nur durch Pfandeinhebung oder zusätzlichem Aussortieren der Flaschen aus dem Restmüll zu bewerkstelligen sei.
Zu Beginn der Debatte Anfang des Jahres zeigte sich bereits, dass sich Umwelt-NGOs für ein Pfandsystem einsetzten, während Einzelhandel, Wirtschaftskammer und nicht zuletzt Altstoff Recycling Austria (ARA) eine Beibehaltung des Status quo bevorzugten. Die Arbeiterkammer wies im Vorfeld des Runden Tisches auf den beträchtlichen Preisunterschied hin: das Einwegpfand wurde pro Jahr auf rund 117 Millionen Euro geschätzt, die Getrenntsammlungsvarianten jedoch auf 145 Millionen - eine Differenz von etwa 28 Millionen Euro im Jahr. In der Studie wurde zu 0,30 Euro einheitlich für alle Getränkearten und Gebindegrößen geraten.
Pfandsystem dominiert in der EU
Die ARA, die von einem Pfandsystem nicht profitieren würde, forderte in einer Aussendung indes eine faktenbasierte Diskussion. Vorstand Werner Knausz wünschte mit Bezug auf den Runden Tisch zudem, dass die "Beschäftigung mit Einzelthemen" den Blick "auf das Gesamtbild Kreislaufwirtschaft" nicht verstellen dürfe. "Wir sind auf der Suche nach 90.000 Tonnen Steigerung im Bereich des Recyclings von Kunststoffverpackungen, um die EU-Ziele zu erreichen", kündigte Knausz an. Die Zielvorgaben des EU-Kreislaufwirtschaftspakets 2025 für Verpackungen aus Papier, Glas und Metall habe man bereits erfüllen können.
Innerhalb der Europäischen Union wird das Pfand jedenfalls bald die dominierende Variante sein: In zehn Staaten gilt ein solches bereits, mindestens sechs weitere sollen innerhalb von zwei Jahren folgen.