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"Wir haben in Zukunft ein grünes Mäntelchen an"

Von Bernd Vasari

Wirtschaft

Der Hightech-Autozulieferer AVL List und das Institut für Wärme- und Öltechnik kündigen Bau einer Power-to-Liquid-Anlage in Österreich an.


Die Anschuldigungen wiegen schwer. "Unsere Branche war immer wieder in Kritik, weil wir CO2-Emissionen ausstoßen und die Umwelt belasten", erklärt Jürgen Roth, Tankstellenbesitzer und CEO des Instituts für Wärme- und Öltechnik (IWO), gleich zu Beginn seiner Präsentation.

Doch nun würde alles anders werden. "Wir haben in Zukunft ein grünes Mäntelchen an", sagt er. Grund dafür ist eine Kooperation zwischen IWO und dem Hightech-Autozulieferer AVL List. Gemeinsam wollen sie in Österreich die erste Power-to-Liquid-Anlage errichten. Sie wird klimafreundliche, synthetische Brenn- und Kraftstoffe entwickeln, erzeugt aus erneuerbarem Strom (Wasser, Sonne, Wind).

Mit den Kraftstoffen können - wie mit Diesel - Autos, Schiffe und Flugzeuge angetrieben werden. "Die Menschen fahren weiter mit ihren Autos und fliegen weiterhin mit dem Flugzeug, doch der Kraftstoff ist dann CO2-neutral", erklärt Roth. Kostenpunkt: Zwischen 1 und 1,5 Euro pro Liter - je nachdem, wie stark der Kraftstoff nachgefragt werde.

Wohin die Anlage gebaut werden soll, ist noch unklar. "Wir suchen noch nach einem Standort in Österreich. Die Anlage ist aber bereits ausfinanziert. Wir könnten in 18 Monaten mit dem Probebetrieb beginnen." Am besten wäre ein Standort in der Nähe einer Biomasseanlage, die höher konzentrierteres CO2 ausscheidet, als herkömmliche Industrieanlagen, erklärt er.

Autofahren ohne Abgase

"Wir können einen wichtigen Beitrag zum Ausstieg von fossilen Antrieben leisten", sagt Helmut List, Chef der AVL List GmbH mit weltweit rund 11.500 Mitarbeitern, 4300 davon in Graz.

"Wir forschen seit Jahrzehnten an Motoren mit dem Ziel, den CO2-Ausstoß zu reduzieren", sagt er. Diesem Ziel würde das Unternehmen nun einen bedeutenden Schritt näherkommen. "Bei der Verbrennung des synthetischen Kraftstoffs wird kein CO2 frei, weil der erneuerbare Strom, der bei der Erzeugung verwendet wird, ebenso CO2-frei ist.", sagt List. Das Potenzial synthetischer Kraftstoffe sei daher erheblich.

AVL List beschäftigt sich seit knapp 20 Jahren mit Wasserstoff und Brennstoffzellentechnologie. 450 Mitarbeiter des Unternehmens arbeiten in diesem Umfeld. Sie entwickelten unter anderem die für die Anlage wesentliche Hochtemperaturelektrolyse.

Österreich bekennt sich zu den Pariser Klimazielen und möchte seine CO2-Emissionen bis 2030 um 36 Prozent reduzieren. Geht es nach Jürgen Roth werden synthetische Kraftstoffe dabei eine entscheidende Rolle spielen. "Die Vision eines leistbaren, umweltfreundlichen Kraftstoffs wird mit unserer Pilotanlage Realität. Damit werden wir den CO2-Ausstoß deutlich reduzieren."

Wie die Power-to-Liquid-Anlage funktioniert: Die Anlage verfügt über eine elektrische Anschlussleistung von 1 Megawatt erneuerbarem Strom (Wasser, Sonne, Wind). Sie wird zweistufig ausgeführt. In der ersten Stufe wird Wasserstoff mit über 80 Prozent Wirkungsgrad erzeugt. Die dafür notwendige Hochtemperaturelektrolyse wurde von AVL List entwickelt.

Parallel dazu wird CO2 aus einem Industriegas (z.B: Stahlanlage) oder aus einer Biogas/Biomasse-Anlage ausgestoßen.

In der zweiten Stufe werden Wasserstoff und CO2 einer sogenannten Fischer-Tropsch-Syntheseanlage zugeführt. In dieser wird der synthetische Kraftstoff erzeugt. Die Anlage wird jährlich 500.000 Liter Dieseläquivalent produzieren. Dafür benötigt sie jedoch 20 bis 30 Prozent weniger Energie.