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Altbekanntes mit neuem Mascherl

Von Edgar Subak

Wirtschaft
© stock.adobe.com/shurkin_son

Auf konkrete Corona-Hilfen müssen Frauen weiter warten. Die Regierung versichert, großflächige Schulschließungen im Herbst zu vermeiden. Auch eine Corona-Arbeitsstiftung für Arbeitslose ist in Planung.


"Die" Frauen gebe es nicht, sagt Frauen- und Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) Dienstvormittag im Bundeskanzleramt. Zu unterschiedlich seien die Realitäten, in denen Frauen sich bewegen, um von einer einheitlichen Situation auszugehen. Von der Start-up-Gründerin bis hin zur alleinerziehenden Verkäuferin im Lebensmittelhandel gebe es die diversesten Umstände, mit denen Frauen zurechtkommen müssen, erklärt die promovierte Juristin.

Familienministerin Raab und Arbeitsministerin Aschbacher (ÖVP) haben im Rahmen einer Pressekonferenz frauenpolitische Maßnahmen zur Priorität erhoben. Es habe für Frauen im Zuge der Corona-Krise - trotz diverser Lebenssituationen - oftmals eine Mehrfachbelastung gegeben. Durch Verschiebungen des Arbeitsalltags in die eigenen vier Wände samt Schul- und Kindergartenschließungen wurden Mehrfachbelastungen unabwendbar. Dass diese oftmals von Frauen gestemmt wurden, ist nun einmal real gewordenes Rollenklischee. Während des Lockdowns gab es jedoch auch Väter, die Haushalt und Kindererziehung übernommen haben.

Unterm Strich sind Frauen jedoch weniger oft als Männer arbeitslos geworden. Dies hat aber auch mit dem größeren Frauenanteil in systemrelevanten Branchen zu tun gehabt. Auch sind saisonale Schwankungen, die zum Beispiel von der männlich geprägten Baubranche herrühren, ein Grund für diese relativ geringere Frauenarbeitslosigkeit.

Eine Maßnahme, die die Situation von Frauen zu bessern verspricht, ist die Zusicherung, Schulen im Herbst möglichst offen zu halten. Es wäre eine von vielen Frauen vorgebrachte Sorge, sagt Ministerin Raab. Bei Corona-Erkrankungen an Schulen soll die Unterbrechung des laufenden Unterrichts "so punktuell, so regional und kurz wie möglich gehalten werden".

"Corona-Hilfsmaßnahmen betreffen auch Frauen"

Viele Corona-Hilfsmaßnahmen der Regierung betreffen auch ganz konkret Frauen, erklärten die Regierungsmitglieder. Jede Mutter erhalte im Rahmen des Kinderbonus 360 Euro für jedes Kind. Weiters nannte Frauenministerin Susanne Raab zur Veranschaulichung der Frauenmaßnahmen das Beispiel einer Einzelhandelskauffrau, die im Monat 1600 Euro verdient. Diese werde konkret ab September einmalig 255 Euro bekommen.

So stelle der Härtefallfonds für Unternehmerinnen eine wichtige Unterstützung dar. Arbeitnehmerinnen etwa verdanken in vielen Fällen dem Kurzarbeitsmodell die Beibehaltung ihres Dienstverhältnisses. Der Kinderbonus ist für Mütter in Zeiten wachsender Arbeitslosigkeit unverzichtbar geworden. Hervorzuheben sind auch die Mittel vom AMS (Arbeitsmarktservice), die vielen Arbeitslosen die Existenz sichern und Arbeitnehmerinnen im Niedriglohnsektor Unterstützung gewährleisten. Die Senkung des Eingangssteuersatzes von 25 auf 20 Prozent falle ebenfalls in den frauenpolitischen Maßnahmenkoffer hinein. Arbeitsministerin Aschbacher kündigte auch die Errichtung einer Corona-Arbeitsstiftung an, die sich um Hilfsmaßnahmen zur beruflichen Neupositionierung von Arbeitslosen kümmern soll.

Frauen sollen in ihre Jobs zum gleichen Lohnniveau zurückkehren, meinten Ministerin Raab und Ministerin Aschbacher. Frauenpolitische Rückschritte am Arbeitsmarkt gelte es zu verhindern, lautet die Devise. Man müsse jedoch vorausschauende Richtungen einschlagen, etwa den "Schwung der Digitalisierung" nützen, so Raab, und Frauen für die besser bezahlten Jobs im digitalen Sektor und in den MINT-Fächern bringen.

Männliche Arbeitskultur in Digitalsektor und MINT

Hiermit stellt die Frauen- und Integrationsministerin eine Forderung, die letzten Donnerstag im Rahmen einer Forschungsstudie zur Sichtbarkeit von Frauen in den sechs weitreichenstärksten Zeitungen Österreichs gemacht worden ist. Die Medienanalyse "Frauen-Medien-Politik" von Maria Pernegger kam unterm Strich zum ernüchternden Ergebnis, dass Frauen in der politischen und wirtschaftlichen Berichterstattung nicht ihrem wahren Anteil entsprechend vorkommen. Dies habe auch Auswirkungen auf Role-Models.

Diese würden eben auch durch mediale Präsenz reproduziert werden. Zwar komme es in der Berufswahl nicht zum physischen oder rechtlichen Ausschluss von Frauen. Dennoch hätte sich im MINT- und im Digitalsektor eine männlich geprägte Arbeitskultur etabliert, die Frauen davon abhalten könne, in diesen Bereichen anzukommen, erklärt Christian Berger, Referent für Digitales der Arbeiterkammer Wien, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

"Arbeitsmarktpolitische Katastrophe für Frauen"

Nicht lange haben SPÖ, Neos und der Österreichische Gewerkschaftsbund mit einer kritischen Stellungnahme auf sich warten lassen. Enttäuscht stellt SPÖ-Bundesfrauenvorsitzende Gabriele Heinisch-Hosek fest, dass die Pressekonferenz lediglich eine verbale Wiedergabe der schon beschlossenen Hilfsmaßnahmen und "Beschwichtigung" seien. "Wenn jetzt nicht gehandelt wird und es keine konkreten Hilfsangebote gibt, werden wir im Herbst in eine arbeitsmarktpolitische Katastrophe für Frauen schlittern", sagt Heinisch-Hosek.

Neos-Frauensprecherin Henrike Brandstötter kommentiert die Tatsache, dass Corona-Hilfspakete auch Frauen helfen als "Selbstverständlichkeit". Die Regierung kratze weiterhin "an der Oberfläche", was Unterstützungsleistungen angehe. Die liberale Frauensprecherin kritisiert weiters, dass Versprechen noch keine Taten seien und das angekündigte automatische Pensionssplitting noch in der "Warteschleife hänge".

"Von Ankündigungen hat niemand etwas", kommentiert ÖGB-Frauenvorsitzende Korinna Schumann den Auftritt der beiden Ministerinnen. Sie fordert: "Mindestens 50 Prozent des AMS-Förderbudgets soll für die Integration der Frauen in den Arbeitsmarkt verwendet werden."