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Aufwertung für den Meistertitel

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft
Handwerksmeister und -meisterinnen dürfen ihren Titel nun auch vor ihrem Namen führen.
© Carlos André Santos - stock.adob

Die Eintragung von Meister und Meisterin in offizielle Dokumente war eine langjährige Forderung der Wirtschaftskammer. Um die Lehrausbildung für junge Menschen attraktiver zu machen, bedarf es mehr Maßnahmen.


Österreich ist nicht nur ein Land der Berge, Äcker und Dome, sondern auch der Titel. Der Reichtum an Namenszusätzen - neben den akademischen Graden und verliehenen Ehrentiteln sind dies unter anderem Berufs- und Standesbezeichnungen sowie Amtstitel - führt im Ausland oft zu Verwirrung. So fangen etwa international tätige Businesspartner mit einem "Mag." auf der Visitenkarte nichts an. Umso mehr zählen die Frau Magister und der Herr Diplomingenieur in heimischen Gefilden.

Nicht nur akademische Grade, auch Berufs- und Amtstitel wie Kommerzialrat oder Sektionschef sind hierzulande hoch im Kurs. Doch das ist noch nicht alles, erschließt sich aus der bereits 5. Auflage von "Titel in Österreich" von Heinz Kasparovsky. Dem Werk zufolge existieren hierzulande mehr als 1500 Wortlaute von Titeln in mehr als 2000 Erscheinungsformen.

"Mst." und "Mst.in" in Passoder Führerschein

Ob vor oder hinter dem Namen: Niemand ist verpflichtet, seinen Titel zu führen. Dürfen tut man aber schon, wobei die Eintragung in offizielle Dokumente bis jetzt grundsätzlich Akademikern vorbehalten war. Aufgrund einer Gesetzesänderung darf ab nun auch der Meistertitel - die Krönung der handwerklichen Ausbildung in Österreich - vor dem Namen geführt und in Pass und Führerschein eingetragen werden. Die Kurzform lautet Mst. beziehungsweise Mst.in.

Der handwerkliche Meistertitel war bereits im Jahr 2018 im achtstufigen Nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) auf Stufe 6 zugeordnet und somit dem akademischen Bachelor gleichgestellt worden. 2017 war dies für den (HTL-)Ingenieur erfolgt. Der Abschluss einer Lehre ist einer AHS-Matura gleichgestellt. Mit der Einordnung in den NQR sollen Abschlüsse international vergleichbar werden.

Mit der Möglichkeit der Eintragung in offizielle Dokumente erfährt der Meistertitel eine weitere Aufwertung. Maria Smodics-Neumann, Obfrau der Sparte Gewerbe und Handwerk in der Wirtschaftskammer Wien und selbst Damen- und Herrenkleidermachermeisterin, wird eine der ersten sein, die sich mit ihrem Meisterbrief auf dem Weg zum Meldeamt macht. Den Meistertitel zu erlangen, sei kein Spaziergang, sagt sie im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Neben dem handwerklichen Know-how müssten angehende Meisterinnen und Meister in einer intensiven Prüfungswoche etwa auch in Betriebswirtschaft glänzen. Sie bilden darüber hinaus auch den künftigen Fachkräftnachwuchs aus. Im vergangenen Jahr wurden österreichweit insgesamt rund 109.000 Lehrlinge (plus 1,1 Prozent) ausgebildet. In den 2000er-Jahren gab es jedoch noch mehr als 130.000 Lehrlinge im Jahr.

50.535 Personen haben im Vorjahr die Lehrabschlussprüfung absolviert, 1827 Meisterprüfungszeugnisse wurden ausgestellt. Davon entfielen allein 337 auf den Beruf Kaftfahrzeugtechniker.

Den durch den Corona-Lockdown verursachten Rückstau haben die Prüfungsstellen wieder aufgeholt. "Mit Stand 31. Juli konnten 96 Prozent der Lehrabschlussprüfungen, 85 Prozent der Meister- und Befähigungsprüfungen sowie 100 Prozent der Ingenieurzertifizierungen nachgeholt werden", hieß es am Donnerstag in einer Aussendung. Die wenigen noch nachzuholenden Prüfungen würden demnächst stattfinden. Österreichweit waren rund 13.000 für die zweite März-Hälfte und April geplante Prüfungen verschoben worden, ab 4. Mai sei der Betrieb wieder schrittweise aufgenommen worden.

Image der dualen Ausbildung aufpolieren

Smodics-Neumann sieht die Möglichkeit der Eintragung des Meistertitels auch als Image-Aufwertung der dualen Ausbildung. Das sagt auch Renate Scheichelbauer-Schuster, Obfrau der Bundessparte Gewerbe und Handwerk. "Der hohe Stellenwert der beruflich-praktischen Ausbildung wird dadurch betont, Meisterleistungen werden sichtbar gemacht", so Scheichelbauer-Schuster in einer Aussendung.

Ob das Signal ausreichen wird, um wieder mehr junge Menschen für einen Lehrberuf zu begeistern, ist fraglich. "Das alleine wird’s nicht sein", so Smodics-Neumann. Vielmehr sollte die Lehre durch mehr Informationsarbeit wieder stärker in den Fokus rücken. Die Botschaft - auch an die Eltern - lautet: Die Lehre ist keine Einbahn. Jugendliche können etwa im Rahmen eines staatlichen Förderprogramms während ihrer Lehrlingsausbildung kostenlos Vorbereitungskurse für die Berufsreifeprüfung absolvieren.

"Wir brauchen in Österreich mehr Meister"

Auch Maturantinnen und Maturanten steht die Lehre offen: Für sie verkürzt sich die Lehrzeit um ein Jahr. Die meisten Ausbildungsbetriebe gibt es in Gewerbe und Handwerk. Spartenobfrau Scheichelbauer-Schuster betont: "Wir brauchen in Österreich mehr Meister, um den Wirtschaftsstandort in den Regionen zu stärken." Die Gleichwertigkeit des Meisters mit Hochschulabschlüssen und die öffentliche Sichtbarmachung des Meistertitels seien großartige Perspektiven für die jungen Menschen. Und: "Viele Eltern wissen noch zu wenig, welche Karriere über den Einstieg mit einer Lehre möglich ist", so Scheichelbauer-Schuster.