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20 Jahre - und 20 Prozent weniger Bankfilialen in Österreich

Von Karl Leban

Wirtschaft

Wettbewerbsdruck und Digitalisierung haben Österreichs Geldhäuser gezwungen, ihr Filialnetz deutlich zu straffen. Diese Bereinigung ist noch nicht abgeschlossen, Corona begünstigt sie.


Noch um die Jahrtausendwende galt die Bankenlandschaft in Österreich als stark überdimensioniert. Doch seither ist viel geschehen. So hat unter großem wirtschaftlichen Druck eine Bereinigung stattgefunden - nicht nur bei den Instituten selbst (meist über Zusammenschlüsse), sondern auch bei ihren Filialen. Heute gibt es nicht mehr an jeder Straßenecke eine Bankfiliale. Wie die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) erhoben hat, ist das hiesige Filialnetz binnen zwei Jahrzehnten deutlich gestrafft worden. Hatte es im Jahr 2000 österreichweit noch gut 5.100 Zweigstellen gegeben, waren es zuletzt nur mehr knapp 4.100. Dies entspricht einem Rückgang um ein Fünftel.

Vor allem große Finanzhäuser wie Bank Austria, Erste Bank, Raiffeisen und Bawag haben ihre Filialpräsenz aus Rentabilitätsgründen zurückgefahren. Dabei hat auch der durch Online-Banken und Fintechs zunehmend angeheizte Wettbewerb eine nicht unwesentliche Rolle gespielt - und die fortschreitende Digitalisierung. Diese "hat das Kundenverhalten und somit auch das klassische Bankgeschäft tiefgreifend verändert", heißt es aus der Branche. Ausschließlich genutzt würden Bankfilialen mittlerweile von immer weniger Menschen in Österreich, zuletzt sei deren Anteil unter zehn Prozent gelegen.

Dass künftig eine weitere Schließungswelle im Filialgeschäft der heimischen Banken zu rollen beginnt, glaubt Franz Rudorfer, Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung in der Wirtschaftskammer, zwar nicht. "Tendenziell wird die Zahl der Bankstellen aber weiter zurückgehen", wie er sagt. Den Grund sieht Rudorfer in der Viruskrise: "Das Thema Corona hat nochmals einen kräftigen Schub in Richtung Digitalisierung gebracht. Wenn Menschen verstärkt auf digitale Services zurückgreifen, ist klar, dass die eine oder andere Bankstelle künftig nicht mehr gebraucht werden wird."

OeNB: Auch "Trend zu größeren Filialeinheiten" wird anhalten

Auch Peter Breyer von der OeNB, Experte in der Bankenaufsicht, ist überzeugt: "Der Trend zu Filialreduktionen wird sich fortsetzen. Es ist schon viel passiert, aber das Ende der Fahnenstange ist noch nicht erreicht."

Aus Breyers Sicht sind die Banken weiter gezwungen, sich nach Kosteneinsparungen umzuschauen. Dass sie "digital immer besser aufgestellt" seien, spiele ihnen bei potenziellen Filialschließungen jedenfalls in die Karten. Daneben geht Breyer aber auch davon aus, dass sich der "Trend zu größeren Filialeinheiten", die meist als Service- und Beratungszentren gedacht sind, fortsetzen wird.

Dem Vernehmen nach sollen vor allem Erste Bank und Sparkassen sowie die Raiffeisen-Bankengruppe vorhaben, ihr noch relativ großes Filialnetz weiter zu verkleinern. Bei anderen großen Geldinstituten wie etwa Bank Austria und Bawag sind dagegen keine weiteren Schließungen geplant, wie zu hören ist.

Im Vorjahr gab es laut OeNB-Zahlen in bereits 555 Gemeinden - das ist mehr als ein Viertel aller österreichischen Gemeinden (2.096) - keine Bankfiliale mehr. Zum Vergleich: Anfang 2000 hatte diese Zahl bei 272 gelegen. Dennoch hält die Nationalbank die landesweite Versorgung mit Bankfilialen im Durchschnitt und für den Großteil der Bevölkerung für gut. Zuletzt habe die Entfernung bis zur nächsten Filiale durchschnittlich 1,5 Kilometer betragen, alles in allem hätten 95 Prozent der Bevölkerung einen Weg von weniger als 5 Kilometer dorthin, so die OeNB.

Bankomatbetreiber Euronet zieht es in den ländlichen Raum

Ein Auslaufmodell scheint die Bankfiliale indes keineswegs zu sein. Laut einer Oliver-Wyman-Studie, die sich zwar auf Deutschland bezieht, gewisse Gültigkeit aber ebenso für Österreich hat, bleibt sie auch künftig für 60 Prozent der Verbraucher ein wichtiger Bestandteil ihrer Bankbeziehung. Etwa wenn es um die Beratung rund um Finanzierungen oder Geldanlage geht. "Es wird daher auch in Zukunft Bankfilialen geben", betont Rudorfer.

Unterdessen will sich Euronet das Filialsterben bei österreichischen Banken zunutze machen. Der US-amerikanische Bankomat-Betreiber beabsichtigt, im ländlichen Raum zu expandieren, und ist deshalb auf der Suche nach Flächen, die Gemeinden dafür gratis zur Verfügung stellen. Die Bevölkerung am Land habe zunehmend Probleme, Bargeld zu beziehen, so Euronet. Mit zahlreichen Schließungen von Bankfilialen dünne sich das Netzwerk weiter aus.