Zum Hauptinhalt springen

"Unsere Skischulen sind mehr oder weniger alle zu"

Von Mathias Ziegler

Wirtschaft
Warten auf die Einzelschüler: Am Stuhleck sind drei Viertel der Skilehrer arbeitslos, im Westen teilweise 90 Prozent und mehr.
© Skischule Stuhleck

Vor allem im Süden und Westen Österreichs reihen sich etliche der 18.000 Skilehrer ins Heer der Arbeitslosen ein, weil das Geschäft teils komplett wegbricht. Umsatzersatz gibt es aber keinen.


Es ist eine einfache Formel: Keine Nächtigungen ausländischer Skigäste in Österreich bedeuten so gut wie keine Skikurse abseits jener Skigebiete, die in erster Linie von Tagesgästen aus urbanen Ballungsräumen leben. "Wir haben diesmal nicht einmal 10 Prozent des Umsatzes gegenüber Weihnachten 2019 erreicht", berichtet etwa Peter Gfrerer, Obmann des Kärntner Skischulverbands, mit Blick auf die ersten zwei Wochen Skisaison im heurigen Winter, die diesmal mit den Weihnachtsferien zusammengefallen sind. "Wenn sich das im Februar nicht ändert, werden ganz viele Skischulen zusperren", fürchtet er. Schon jetzt sind 90 Prozent der Skilehrer beim AMS. "Es hat niemand einen Job, weil es keine Ausweichmöglichkeiten gibt. Wir leben hier zu 98 Prozent von der Hotellerie." Das Gros der 18.000 Skilehrer in Österreich ist angestellt, nur eine kleine Minderheit sind Studenten, die sich in den Ferien etwas dazuverdient haben und jetzt mehr Zeit für die Uni hätten.

Je weiter westlich man schaut, desto schlimmer ist es. "Unsere Skischulen sind mehr oder weniger alle zu", sagt der Tiroler Verbandspräsident Richard Walter. "Für uns ist das eine wirtschaftliche Katastrophe. Die Verordnungen, die tagtäglich herauskommen, sind total widersinnig und haben mit dem Tourismusgedanken überhaupt nichts gemeinsam. Alles was wir machen, ist unplanbar. Wenn wir am Montag irgendetwas tun, wird es am Dienstag überholt. So kann man keinen Betrieb führen." Sein eigener hätte normalerweise rund 400 Mitarbeiter - "im Moment habe ich überhaupt niemanden fahren".

Privatstunden sind ungleich teurer als Gruppenkurse

Natürlich, für die Einheimischen vor Ort ist die aktuelle Situation perfekt: "Die haben jetzt leere Pisten für sich - nur brauchen die halt in der Regel auch eher keine Skilehrer." Das machen meist die Eltern selbst. "Die kommen nur zu uns, wenn sie die Nerven wegschmeißen. Aber es kann sich kein Kärntner auf die Dauer einen Privatskilehrer leisten, wo die Stunde 70 Euro kostet", sagt Gfrerer. "Der macht maximal zwei Doppelstunden, und das war es dann."

Auch den Skischulen in Ostösterreich, deren Situation noch um einiges weniger schlecht ist, machen die Corona-Auflagen zu schaffen. "Wir dürfen nur Privatstunden geben, bei denen ein Skilehrer Personen aus einem Haushalt unterrichtet", erklärt Christian Gatschelhofer, Chef der Skischule Stuhleck. Die ungleich höheren Einzelstundenpreise schrecken offenbar viele ab. "Gruppen- und Einzelkurse sind vom Preis her fast nicht vergleichbar. Bei Gruppenkursen haben wir üblicherweise eine Staffelung: Je mehr Kurstage man nimmt, desto billiger wird die einzelne Stunde. Bei Privatkursen hingegen bleibt der Preis immer gleich." Seine Skischule verzeichnet heuer um zwei Drittel weniger Buchungen als sonst. "Wir haben momentan fünf Skilehrer im Einsatz - in den vergangenen Jahren waren es um die zwanzig", sagt der Skischulchef, für den das Unterrichten alternativlos ist: "Andere Einnahmequellen haben wir keine."

Ein eher einsamer Ausreißer ist St. Corona am Wechsel. Dort wurde das Skilehrerteam rund um Weihnachten sogar verstärkt. Das Skigebiet ist allerdings als typisches Wiener Familienskigebiet mit wenig attraktiven Pisten, dafür günstigen Preisen kaum mit anderen vergleichbar. Am anderen Ende des Spektrums der bei Wienern beliebten Skigebiete, am alpinen Hochkar, hat Johannes Putz, Chef der Skischule Joschi und Obmann des niederösterreichischen Skilehrerverbands, in Ferienzeiten zwei Dutzend Skilehrer im Einsatz - diesmal waren es in den Weihnachtsferien höchstens drei, zeitweise sogar keiner. Die Hälfte seiner nun arbeitslosen Skilehrer ist sonst die ganze Saison über vollzeitbeschäftigt. Trotz Rücklagen wäre eine zweite solche Saison "sehr, sehr schwierig".

Jeder Skilehrerträgt FFP2-Maske

Seit Donnerstag ist klar, dass die Skischulen keinen Umsatzersatz bekommen werden. Das versteht Putz nicht ganz: "Wir leben ja vor allem von den Gruppenkursen und nicht vom Einzelunterricht. Und die Gruppenkurse untersagt uns der Gesetzgeber." Im Wirtschaftsministerium verweist man auf andere Hilfsinstrumente wie Fixkostenzuschuss, Verlustersatz oder Kurzarbeit.

Die Einschränkungen kann Gatschelhofer trotz allem nachvollziehen: "Bei Gruppen ist die Ansteckungsgefahr sicher größer, in einer Privatstunde zu zweit ist sie gleich null. Beide tragen ständig eine Maske und halten so viel Abstand wie möglich. Wir stellen jedem Skilehrer ein Sicherheitspaket zur Verfügung, das neben einem Baumwoll-Buff auch eine FFP2-Maske enthält. Die hat bis jetzt auch jeder auf." Auch das Schulungskonzept wurde geändert: "Es gibt jetzt so wenig Berührung wie möglich." Die Übernahme der Schüler läuft jetzt ebenfalls anders ab. Standen früher bei Skikursen auf dem Sammelplatz oft hundert Leute im Pulk zusammen, sind es jetzt ein paar wenige verstreute "mit mindestens zehn Metern Abstand".

Die Skischüler tragen die Schutzmaßnahmen mit, erzählt Gatschelhofer. "70 Prozent unserer Skischüler sind Kinder, und da sind die meisten Eltern sehr angetan, dass wir so übervorsichtig agieren. Wenn man früher zu einer Skistunde zu spät gekommen ist, war Feuer am Dach. Heute ist es überhaupt kein Thema, wenn sie zehn Minuten warten, weil der Skilehrer zum Beispiel noch irgendwo am Lift länger braucht."