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Erste Post-Brexit-Probleme im Handel mit Großbritannien

Von Karl Leban

Wirtschaft
Die ersten Brexit-Folgen im Außenhandel zeigen sich in vielfach falsch deklarierten Warensendungen. Das hat vor allem längere Lieferzeiten und höhere Transportkosten zur Folge.
© reuters / Johanna Geron

Viele Warensendungen werden falsch deklariert, das bringt die Transportlogistik durcheinander.


Vor knapp einem Monat ist das buchstäblich in allerletzter Minute fixierte Brexit-Handelsabkommen vorläufig in Kraft getreten - schon häufen sich beim Außenhandel mit Großbritannien die Probleme. Konkret geht es dabei um die Abwicklung von Exporten. Ein Großteil der Sendungen wird falsch deklariert. Damit verbunden ist vor allem ein administrativer Mehraufwand, mit dem viele Betriebe - auch österreichische - nun konfrontiert sind.

Wie es heißt, sind etliche Unternehmen, die bisher ausschließlich im EU-Raum geschäftlich aktiv waren, nicht auf die jetzigen Export- und Importanmeldungen und die daran geknüpften bürokratischen Anforderungen vorbereitet. Das falsche Deklarieren von Warensendungen hat unter anderem zur Folge, dass sich Lieferzeiten verlängern und die Transportkosten steigen.

Zollspediteure sind rar und teuer

Was daneben noch hinzukommt: Zollspediteure sind im Vereinigten Königreich nach den Worten des österreichischen Wirtschaftsdelegierten in London, Christian Kesberg, "Mangelware und teuer." Firmen, die in Großbritannien über keine eigene Niederlassung verfügen, brauchen unter Umständen für die Einfuhr Zollspediteure, die "aktuell nicht einfach zu finden sind und wegen der hohen Nachfrage horrende Preise verlangen". Nach Angaben der Wirtschaftskammer (WKÖ) steht dem "gravierenden Engpass bei den Kapazitäten britischer Zollspediteure" derzeit ein Geschäftsvolumen gegenüber, das sich de facto über Nacht verfünffacht habe.

"Natürlich haben sich für österreichische Unternehmen, die im Vereinigten Königreich geschäftlich tätig sind, die Rahmenbedingungen grundlegend geändert", sagt Mariana Kühnel, stellvertretende Generalsekretärin der WKÖ. Dennoch "bleibt das Vereinigte Königreich für Österreich auch in Zukunft ein wichtiger Handelspartner". Gerade bei vielen kleineren Unternehmen, die wenig Erfahrung im Drittlandgeschäft hätten, habe das Corona-Krisenmanagement die Brexit-Vorbereitungen überlagert, so Kühnel. Mit Blick auf die aktuellen Probleme appelliert sie an die Firmen, über den "Brexit-Infopoint" der Wirtschaftskammer Information, Service und Beratung abzurufen. "Wir stehen den Betrieben mit Rat und Tat zur Seite", betont Kühnel.

Auch UK-Zoll noch unerprobt

Eine Zahl zum österreichweiten Anteil der falschen Deklarationen von Warensendungen hat die WKÖ aktuell zwar nicht verfügbar. Dem Internationalisierungscenter Steiermark (ICS) zufolge liegt der Anteil in der Steiermark aber bei 80 Prozent. Ähnlich hoch dürfte er in ganz Österreich sein.

"Verzögerungen und Fehldeklarationen im Frachtverkehr gehören zu den seit langem vorhergesehenen Nachwehen des Abgangs Großbritanniens aus dem Binnenmarkt und der Zollunion", erklärt Kühnel. "Know-how-Defizite zu Prozeduren und Warenbegleitpapieren bei heimischen Lieferanten und Frächtern im Tandem mit einer unerprobten britischen Zollinfrastruktur führen tatsächlich zu Problemfällen." So gebe es Hinweise, dass Frachtführer die Annahme von Sendungen für das Vereinigte Königreich verweigern. Gleichzeitig würden österreichische Niederlassungen in Großbritannien von Verzögerungen im Ausmaß mehrerer Tage bei der Belieferung mit Waren und Vormaterialien aus Österreich berichten, sagt Kühnel. "Abgesehen vom administrativen Mehraufwand" ist die Lage aus ihrer Sicht "derzeit aber unproblematisch".

Anlaufprobleme bald bewältigt

Generell sehen Prognosen die österreichische Wirtschaft vom Austritt der Briten aus der EU insgesamt nur geringfügig betroffen, die Rede ist von einem jährlichen Minus von 0,05 Prozent beim Bruttoinlandsprodukt. Die derzeitigen Anlaufschwierigkeiten im Warenverkehr sollten nach Einschätzung der Wirtschaftskammer in drei bis sechs Monaten bewältigt sein.