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Großzügige Wohnung im Grünen gesucht

Von Monika Jonasch

Wirtschaft
Wegen der Coronapandemie verbringen die Menschen mehr Zeit in den eigenen vier Wänden. Dabei wird oft ersichtlich, dass es zu wenige Freiräume gibt.
© getty images / ah_fotobox /Andreas*H

Ein Virus hat den Immobilienmarkt verändert. Der Wunsch nach einer Wohnung mit Balkon oder Terrasse, einem Haus im Grünen, jedenfalls aber mit Platz fürs Homeoffice, ist groß. Trotz Wirtschaftskrise sinken daher die Preise nicht.


Wer kauft schon mitten in einer Pandemie und den damit verbundenen wirtschaftlichen Turbulenzen eine Wohnung? Tatsächlich sind es nicht wenige Menschen, die sich derzeit am heimischen Markt nach Wohnimmobilien umsehen, allerdings haben sich die Suchkriterien während der Lockdowns spürbar verändert.

In Zeiten vermehrter Anwesenheit zu Hause wird selbiges kritischer beurteilt, Platzmangel beim Homeoffice und fehlende Freiräume wie Balkon, Terrasse oder Garten werden zu Ausschlusskriterien. Was bisher noch ausreichte, ist für die Zukunft nun nicht mehr zufriedenstellend.

"Durch die Zeit zu Hause hat sich die Wahrnehmung auf die Umgebung verändert, Plus und Minus einer Wohnung wurden neu bewertet", kommentiert dies Daniel Riedl, Vorstand bei der Buwog-Eigentümerin Vonovia im Hinblick auf den Wiener Wohnungsmarkt in einem Pressegespräch. Folge: Wer kann, sieht sich nach besseren Alternativen um.

Nachfrage stark, Angebot knapp

Der Markt für Wohnimmobilien zeigt daher derzeit ein interessantes Bild: einerseits eine quasi ungebrochen starke Nachfrage nach Eigentumsobjekten, sowohl vonseiten privater Interessenten wie auch, besonders, von Investoren. Dabei stehen vor allem die erwähnten Freiräume im Fokus.

Andererseits beklagen die Wohnexperten von Buwog und EHL weniger Baubewilligungen im Jahr 2020, weniger verfügbare geeignete Flächen für ihre Bauprojekte, vor allem rund um Ballungsräume wie Wien. Damit einhergehen steigende Mieten und Preise für Eigentumsobjekte in begehrten Lagen, so das Buwog-Fazit.

Gleichzeitig bremste sich 2020 die Bautätigkeit aufgrund der Lockdowns ein. Persönliche Termine waren weniger leicht möglich, Baustoffe wurden immer wieder aufgrund von Lieferproblemen zur Mangelware und die Arbeiten kamen wegen der Pandemie-Auflagen langsamer voran. Das Ergebnis war ein Wohnimmobilienmarkt, der von gleichbleibend starker bis wachsender Nachfrage und einem verknappten Angebot geprägt war, resümieren Immobilien-Insider. Folge: Es wurde 2020 zwar weniger verkauft, dafür aber teurer.

Betongold gegen die Krise

"Die Immobilienpreise sind im Jahresvergleich 2019/2020 tatsächlich gestiegen, und zwar für Wohnimmobilien im Schnitt in ganz Österreich um 7,4 Prozent", bestätigt man bei Raiffeisen Immobilien auf Nachfrage der "Wiener Zeitung". Als Berechnungsgrundlage wurde dafür ein Durchschnitt aus neuen und gebrauchten Immobilien herangezogen.

Hinzu kommt in Corona-Zeiten aber noch ein Faktor, der die Knappheit des Angebotes erhöht: "Das Angebot an gebrauchten Immobilien ist derzeit rückläufig, da die Verkäufer vor allem in den Ballungszentren zurückhaltend agieren", erläutert Peter Weinberger, Sprecher von Raiffeisen Immobilien. Das spiegele sich in der österreichweiten Entwicklung wider: 2020 wurden zwar um rund 1.300 gebrauchte Wohnimmobilien weniger verkauft als noch 2019. Der Wert der dabei veräußerten Liegenschaften stieg jedoch in Summe von 12,5 auf 13,2 Milliarden Euro, führt Raiffeisen Immobilien in einer Aussendung aus. Als Grundlage für die Analyse dienen Zahlen des Immobiliendaten-Spezialisten Immounited.

Grünlage und Freiflächen

Das Bundesland mit den stärksten Preissteigerungen bei Wohnimmobilien war vergangenes Jahr Raiffeisen zufolge übrigens das Burgenland mit 37 Prozent, gefolgt von Vorarlberg mit 20 Prozent, den dritten Platz teilten sich Tirol und Niederösterreich mit jeweils 12 Prozent. Ein wenig differenzierter sieht die Lage in Wien aus, wo in den letzten Jahren ständig steigende Preise und sehr hohe Nachfrage den Markt in fast allen Segmenten beherrschte, nicht zuletzt aufgrund des starken Bevölkerungswachstums. Mit laut Raiffeisen Immobilien vier Prozent Steigerungsrate bei den Preisen 2020 sieht es hier zwar auf den ersten Blick recht dezent aus. Zudem hat sich aufgrund der Corona-Krise die Zuwanderung eingebremst. Gleichzeitig stieg das Kaufinteresse in bestimmten Segmenten jedoch stärker als in anderen.

"Die steigende Nachfrage wirkt sich primär auf die Nachfrage nach neuen Eigentumswohnungen in geeigneter Größe und Lage positiv aus, nicht jedoch auf die Nachfrage nach gebrauchten Einfamilienhäusern und nur eingeschränkt auf die Nachfrage nach gebrauchten Eigentumswohnungen", heißt es von Raiffeisen Immobilien. Größe und Grundrisse seien entscheidend, vor allem für Investoren, führt man weiter aus. Flexible Grundrisse, um Homeoffice und Wohnen besser vereinbaren zu können, das habe die Architekten bereits in den letzten Jahren "vor neue Herausforderungen gestellt", erklärt Sandra Bauernfeind, Geschäftsführerin bei EHL Wohnen. Mehr Freiräume, generationenübergreifendes Wohnen und "Shared-Office-Spaces" sowie Fitnessräume und Urban Gardening plant die Buwog bereits ein.

Wie es am Markt weitergeht

Und wie soll es 2021 weitergehen am heimischen Immobilienmarkt? Der Trend zum Kriseninvestment werde bleiben, prognostiziert Raiffeisen.

Bei der Buwog erwartet man einen Preisanstieg bei Wohnungskaufpreisen für Objekte in guten Lagen von 3,75 bis 4,25 Prozent bei gleichzeitig ungebrochen hoher Nachfrage.

Wer eine gebrauchte Immobilie verkaufen will, sollte die Gunst der Stunde nutzen und sich von ihr trennen, empfiehlt Nikolaus Lallitsch von Raiffeisen Immobilien. "Die Preise befinden sich auf hohem Niveau, die Kurve dürfte jedoch in den nächsten Monaten in Anbetracht der allgemeinen Wirtschaftslage eher abflachen."

Anders sieht es bei Neubauwohnungen aus. Das Zinsniveau sei historisch niedrig, alternative Geldanlagemöglichkeiten fehlen, die Nachfrage ist ungebremst gut, analysiert Remax-Austria-Chef Bernhard Reikersdorfer die Ausgangslage für 2021. Investoren sind also sehr engagiert und das treibt die Preise an. Für Private werden günstige Finanzierungsmöglichkeiten gleichzeitig schwieriger, denn wegen der wirtschaftlichen Krise verlangen Banken eine höhere Eigenkapitalquote als vor Corona, so Reikersdorfer.