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Industrie und Aktienforum vermissen Anreize für Wertpapieranleger

Wirtschaft

Die Forderungen: Geringere Besteuerung der Kursgewinne, ein Ende der Diskriminierung von Eigenkapital und mehr Finanzbildung.


Schon lange stört sich Robert Ottel daran, dass es um die heimische Aktienkultur eher schlecht bestellt ist. Damit diese besser wird, sieht der Chef des Aktienforums, der in seinem Brotberuf Finanzvorstand der Voestalpine ist, vor allem die Politik gefordert. "Ein funktionierender Kapitalmarkt ist für den österreichischen Wirtschaftsstandort sehr wichtig", betonte Ottel am Mittwoch in einer Online-Konferenz mit der Presse. Vor diesem Hintergrund sei es jedenfalls "nicht mehr zeitgemäß, dass die Politik den Kapitalmarkt behindert". Zumal es zu diesem gerade jetzt - aufgrund des anhaltenden Zinstiefs - fast keine Alternativen gebe. Gemeinsam mit dem Präsidenten der Industriellenvereinigung (IV), Georg Knill, stellte Ottel deshalb eine Reihe von Forderungen an die Regierungsparteien. So sollte es künftig unter anderem steuerliche Anreize bei Kapitalerträgen sowie einen stärkeren Fokus auf Wirtschafts- und Finanzbildung in den Schulen geben.

Laut einer aktuellen Umfrage des Wiener Hajek-Instituts im Auftrag der IV kennen sich nur 20 Prozent der erwachsenen Bevölkerung mit Veranlagungen an der Börse eher gut bis sehr gut aus - ein "ernüchterndes Ergebnis", wie Meinungsforscher Peter Hajek sagte. Knill und Ottel orten daher bei der Wirtschafts- und Finanzbildung "klaren Aufholbedarf". Konkret müssten Lehrmaterialien überarbeitet und mit finanzrelevanten Inhalten angereichert werden. Darüber hinaus sollte Wirtschafts- und Finanzbildung in den Schullehrplänen schon ab der Unterstufe oder Mittelschule stärker verankert sein.

Wertpapiere sind Sparbuch steuerlich nicht gleichgestellt

Daneben haben die IV und das ihr nahe stehende Aktienforum aber auch eine Entlastung bei der seit Jahren bestehenden erhöhten Kapitalertragsteuer auf Wertzuwächse bei Wertpapieren auf ihre Forderungsliste gesetzt. Geht es nach ihnen, sollte der Satz von 27,5 auf 25 Prozent (wie beim Sparbuch) reduziert und eine Behaltefrist von einem Jahr für das steuerfreie Einstreichen von Wertpapiergewinnen, die es schon einmal gab, installiert werden. "Gerade in Anbetracht des anhaltenden Nullzinsumfelds für Sparanlagen wäre die Einführung einer Behaltefrist von einem Jahr ein probates Mittel zur Stärkung der Anreize für den langfristigen Vermögensaufbau und die Veranlagung in Wertpapieren", meinte Knill. Gefördert würde damit auch die private Altersvorsorge.

Ebenfalls beendet werden müsste aus Sicht von Ottel die "Diskriminierung von Eigenkapital". Während bei Fremdkapital (etwa bei einem Kredit) die Zinsen steuerlich abgesetzt werden können, ist es im Fall von Eigenkapital derzeit nicht möglich, die Zinsen steuerlich zu verwerten. Mit Vorschlägen der Politik, diese Ungleichbehandlung aufzuheben, rechnet die IV in Bälde. "Das kann und soll noch im ersten Halbjahr passieren", so Knill. Auch Ottel sieht hier raschen Handlungsbedarf. Die Corona-Krise habe gezeigt, dass der kleine österreichische Kapitalmarkt für den Standort extrem wichtig sei. Industrie und Firmen würden ihn als Kapitalgeber brauchen.

"Leider weiterhin Kapitalmarkt-Muffel"

Wie die Hajek-Umfrage zum Thema "Anlegen am Aktienmarkt" ergab, sind die Österreicherinnen und Österreicher nach Knills Worten "leider weiterhin Kapitalmarkt-Muffel". Allerdings erklärte immerhin ein Drittel der Befragten, dass es durch eine "Rendite deutlich besser als auf meinem Sparbuch" von einem Aktienkauf überzeugt werden könnte. Der Studie zufolge liegt der Anteil derer, die bereits Aktien besitzen, bei 12 Prozent, auf Besitzer von Aktien- oder Anleihefonds entfällt ein Sechstel. Das ist relativ wenig. Grundsätzlich ist aber jeder vierte Befragte am Kauf von Wertpapieren interessiert.

Indes hat sich für 12 Prozent der Blick auf die Aktienmärkte in der Corona-Pandemie zum Kritischen verändert, nur für 7 Prozent zum Positiven. Fast jeder vierte Befragte gab an, dass sich sein Anlege- oder Sparverhalten im Zuge der Viruskrise grundsätzlich verändert habe. 40 Prozent sagten, sie würden jetzt mehr sparen. Wobei fehlendes Wissen über den Aktienmarkt als Vorbehalt, warum man nicht am Aktienmarkt aktiv wird, für 40 Prozent "voll" und weitere 20 Prozent "eher" zutrifft. (kle)