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Der Befragungsreigen ist zu Ende

Von Karl Leban

Wirtschaft

Viel Neues oder Brisantes hat der U-Ausschuss zur Commerzialbank nicht zutage gefördert, darin sind sich Beobachter einig. Inzwischen hat die Republik aber Amtshaftungsklagen am Hals, die für sie teuer werden könnten.


Vor knapp einem halben Jahr hat der Burgenländische Landtag einen Untersuchungsausschuss zur Commerzialbank Mattersburg eingesetzt. Dieser von den Oppositionsparteien (ÖVP, FPÖ und Grüne) verlangte Ausschuss sollte die politische Verantwortung rund um die in einen folgenschweren Bilanzskandal verwickelte Regionalbank unter die Lupe nehmen. Am Donnerstag gab es mit der Befragung eines Sachverständigen und dreier Ex-Aufsichtsräte den letzten von insgesamt 18 Verhandlungstagen. Damit hat der Ausschuss unter Vorsitz von Landtagspräsidentin Verena Dunst (SPÖ) unabhängig von den strafrechtlichen Ermittlungen der Justiz nun alles in allem 64 Personen befragt - darunter Ex-Manager des mittlerweile pleitegegangenen Instituts, Politiker, Behördenvertreter und Sachverständige. Den Abschlussbericht will Verfahrensrichter Walter Pilgermair nach Ostern - am 6. April - vorlegen.

Kritische Stimmen aus dem Umfeld des Ausschusses sind sich darin einig, dass der U-Ausschuss in seiner sechsmonatigen Tätigkeit nur wenig Neues zutage gefördert hat und die gewonnenen Erkenntnisse unter dem Strich eher dürftig sind. Immer wieder waren seine Sitzungen geprägt durch zähe Befragungen, fehlende Wahrnehmungen, mangelnde Zuständigkeit und Kopfschütteln über die teils kuriosen Vorgänge in der Bank, deren Causa mit einem Schaden von 500 bis 600 Millionen Euro als größter Kriminalfall in der österreichischen Bankengeschichte gilt.

Ausschuss-Highlight war Befragung von Martin Pucher

Weiters heißt es aus Eisenstadt, dass es - im Nachhinein betrachtet - wohl sinnvoller gewesen wäre, einen Ausschuss auf Bundes- statt auf Landesebene einzusetzen. Der Anspruch, politische Verantwortlichkeiten zu klären, sei jedenfalls nicht erfüllt worden. Wenngleich das eine oder andere Detail aus den Befragungen für die Ermittler der Staatsanwaltschaft "sicher von Interesse" sei.

Höhepunkt der U-Ausschusssitzungen war die Befragung von Ex-Bankchef Martin Pucher, der "sein" Institut zum Schaden vieler Sparer, darunter auch Kommunen und das Land, jahrzehntelang wie einen Bankomaten betrachtet hatte und als Mastermind für die inkriminierten Betrügereien gilt. Wie zu hören ist, war diese Befragung auch am erkenntnisreichsten. So gab Pucher Anfang Februar überraschend zu Protokoll, dass der frühere burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl, die Mattersburger Bürgermeisterin Ingrid Salamon (beide SPÖ) und Ex-Wirtschaftslandesrat Karl Kaplan (ÖVP) Goldplättchen als Geschenk erhalten hätten.

Niessl dementierte das jedoch vehement und betonte bei seiner Befragung, dass er dazu keine Wahrnehmung habe und alle Geschenke an einen Sozialfonds gegangen seien. Salamon wollte im Ausschuss nichts dazu sagen, weil sie nach einer anonymen Anzeige als Beschuldigte geführt wird. Kaplan dementierte, dass er jemals Geschenke erhalten habe.

Pucher betonte außerdem, dass er sich nicht für alle Probleme bei der Commerzialbank verantwortlich sehe. Wo die Millionen hingekommen sind, könne er selbst nicht sagen: "Ich wäre selber neugierig, wo gewisse Teile von der Summe, die ich vernommen habe, hingekommen sind."

Landeschef Doskozil wirft Bankenaufsicht Versagen vor

Erste Einblicke in die Vorgangsweise bei den Malversationen hatte zuvor bereits Ex-Bankvorständin Franziska Klikovits gegeben. Sie erklärte, dass 50 Prozent der Kredite, 95 bis 98 Prozent der Interbank-Veranlagungen und 10 Prozent der Kundeneinlagen fingiert gewesen seien. Nicht die ganzen Bilanzen waren Luft. Als anfänglichen Grund für die falsche Darstellung von Geldflüssen nannte Klikovits das Bilanzbild. Es sei darum gegangen, sich besser darzustellen - "was sicher auch im Zusammenhang mit der Loslösung von Raiffeisen (in den 1990er Jahren, Anm. d. Red.) gestanden ist".

Ansonsten zeigten sich Auskunftspersonen aus dem Umfeld der Bank, ehemalige Vorstände und Aufsichtsräte, aber weitgehend ahnungslos. Sie beteuerten, von Unregelmäßigkeiten nichts gewusst zu haben. Wenig Erhellendes kam auch von Finanzminister Gernot Blümel und dem früheren Finanzminister Hans Jörg Schelling (beide ÖVP).

Vertreter der Bankenaufsicht wiederum zeigten sich im U-Ausschuss schockiert über die kriminelle Energie in der Causa und wiesen jegliche Verantwortung zurück. Sowohl Nationalbank als auch Finanzmarktaufsicht (FMA) seien "keine Bankenpolizei". Der burgenländische Landeschef Hans Peter Doskozil (SPÖ) ließ dies bei seiner Befragung so jedoch nicht stehen. Er sprach davon, dass die Bankenaufsicht bei der Commerzialbank "auf Kindergarten-Niveau versagt" habe.

Einlagensicherung will 490 Millionen Euro zurückhaben

Unterdessen ist noch unklar, wie viel Geld der Fall die Steuerzahler kosten wird. Die Republik hat mittlerweile jedenfalls drei Amtshaftungsklagen am Hals, bei denen ein "kollektives Versagen" der zuständigen Aufsichtsorgane und der Justiz ins Treffen geführt wird.

Den Beginn machte Anfang Februar die Einlagensicherung, die sich aus Beiträgen der Banken finanziert (wodurch bis zu 100.000 Euro pro Person und Institut abgesichert sind). Sie will vom Staat jene 490 Millionen Euro zurückhaben, die sie geschädigten Sparern der Commerzialbank in Summe ausbezahlt hat. Die Finanzprokuratur sieht indes keine Ansprüche der Einlagensicherung gegen die Republik. Gegen den Staat mobil gemacht haben aber auch Gläubiger der Bank, die von der Wiener Anwaltskanzlei Kosch & Partner vertreten werden. Sie klagten am vergangenen Montag eine Schadensumme von 303 Millionen Euro ein. Ebenfalls zu Wochenbeginn ließ schließlich auch das Burgenland mit einer über die landeseigene Energie Burgenland eingebrachten 4,9-Millionen-Euro-Klage gegen die Republik aufhorchen.