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Lieber ohne fixe Bindung

Von Monika Jonasch

Wirtschaft

Die Anzahl der Kunden und der SIM-Karten im heimischen Mobilfunkmarkt ist seit Jahren stabil. Die Österreicher wechseln häufiger den Anbieter.


Wie punktet man in einem Markt, in dem es keine neuen Kunden gibt? Im österreichischen Mobilfunk ist die Anzahl der Kunden und SIM-Karten seit 2015 relativ stabil, erklärt Michael Krammer, Geschäftsführer von Ventocom, dem Unternehmen hinter den Mobilfunkmarken Hot, Liwest und Rapid Mobil, am Mittwoch vor Journalisten.

Einzig die Wechselfreudigkeit der Österreicher entscheidet derzeit, welcher Anbieter Kunden dazugewinnt oder verliert. Den heimischen Markt teilen sich die drei großen Netzbetreiber Magenta, A1 und Drei mit ihren kleinen Brüdern aus dem eigenen Konzern, etwa HiMagenta, Bob, (A1) oder eety (Drei). Zusätzlich gibt es noch "Untermieter", die als eigenständige Marken die Netze mitbenutzen, die bekanntesten sind sicher Hot und Spusu.

Ein Drittel der Kunden will wechseln

"Etwa ein Drittel aller Mobilfunknutzer in Österreich denkt derzeit über einen Anbieterwechsel nach", führt Michael Krammer aus. Genau da punktet Hot laut jüngsten Erkenntnissen: Für fast 36 Prozent der Wechselwilligen kommt die Hofer-Marke als Anbieter in Frage. Sie wird zudem von 72 Prozent der Kunden weiterempfohlen. Erhöht wird diese Wechselbereitschaft zusätzlich durch den Trend, keine Vertragsbindung mehr einzugehen: 40 Prozent aller Kunden setzen mittlerweile auf "SIM-only", so die Erkenntnisse von Ventocom.

Zuletzt hatte es zudem große Aufregung um fast zeitgleiche Tariferhöhungen bei den drei großen Netzbetreibern gegeben. Das wiederum motiviert die Kunden momentan zu noch größerer Wechselbereitschaft, was die Ventocom-Marken befeuert.

Doch es gibt auch noch andere Stellschrauben, beispielsweise die Priorisierung. Das ist für die meisten wohl noch ein völlig neues Thema. Spürbar wird diese vor allem bei intensiver Netznutzung: Ist eine Mobilfunkzelle komplett ausgelastet, werden Kunden priorisiert, je nach "Netznutzungs-" oder "Serviceklasse". Wer schlechter eingestuft ist, hat dann das Nachsehen, ob bei Telefonie oder Datennutzung -- und das spüren die Endkunden durchaus.

Priorität als Qualitätsmerkmal

Michael Krammer betont, dass Hot-Kunden bei den Smartphone-Tarifen alle in der höchsten Piorisierungsklasse sind. Das ist nicht selbstverständlich. Immerhin hat die A1-Diskontmarke Bob ihre Kunden bei den Smartphone-Tarifen in Sachen Netznutzungsklassen bereits erheblich abgestuft. Anders wird dies bei reiner Datennutzung via Router gehandelt. Hier bietet kein Provider seinen Kunden die höchste Priorisierung an, erklärt Krammer.

Zu Engpässen kommt es hier aber ohnehin nur in der sogenannten "Busy Hour", erläutert er im persönlichen Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Wenn Home Office und Streaming in der Zeit zwischen 18.30 und 21 Uhr aufeinander treffen, können die Kapazitäten schon einmal knapp werden. "Aber das ist eine Stunde am Tag, die restlichen 23 Stunden gibt es im Allgemeinen keine Probleme. Viel eher sind die Kapazitäten bei den WLAN-Frequenzen wegen des Home Office überlastet. Da empfehlen wir unseren Kunden die 5-Gigahertz-Frequenz zu nutzen. Die reicht nicht so weit, hat aber mehr Kapazitäten als die 2,4-Gigahertz Frequenz."

Lockdowns befeuerten Sprachtelefonie

Die Corona-Maßnahmen, insbesondere die Lockdowns, haben am Nutzungsverhalten in Österreich übrigens nicht viel verändert, beobachtete man bei Ventocom. Am auffälligsten war, dass die Sprachminuten 2020 um 26 Prozent zulegten. "Auch die Jungen telefonierten wieder mehr", zeigt sich Krammer freudig überrascht.

Bei der Datennutzung verzeichnete man eine Verlagerung vom mobilen in den stationären Bereich, waren doch weniger Menschen unterwegs. Eingebrochen ist hingegen der Roaming-Sektor wegen der Reisebeschränkungen.

Und wie geht es mit 5G weiter? Michael Krammer sieht darin erst für 2022 ein Thema, ist der Netzausbau derzeit doch kaum fortgeschritten. Dass "seine" drei Marken dabei eine Rolle spielen werden, ist er sich sicher. Immerhin leistete man mit 61 Millionen Euro allein im Jahr 2020 einen "erheblichen finanziellen Beitrag zum Netzausbau". Mitte März wird sich die Branche übrigens bei einem Runden Tisch zusammensetzen, hatte es zuletzt doch Unstimmigkeiten zwischen Netzbetreibern und "Untermietern" bezüglich der künftigen Netz-Mitbenutzung gegeben.

Michael Krammer begrüßt diese Initiative und meint im Vorfeld: "Faire und transparente Bedingungen für alle Betreiber sind Voraussetzung für den Erhalt des Wettbewerbs am heimischen Mobilfunkmarkt. Attraktive Preisgestaltung und große Vielfalt im Angebot müssen erhalten bleiben! Dafür setzen wir uns ein."