Einen Tag nach den Hausdurchsuchungen beim Schutzmaskenhersteller Hygiene Austria hat die Bundesbeschaffungsgesellschaft BBG ihren Vertrag mit dem Unternehmen "inaktiv" gestellt. Das bedeutet, dass bis auf Weiteres keine Bestellungen bzw. Abrufe von Schutzmasken bei der Hygiene Austria über die BBG möglich sind. Das teilte die BBG am Mittwoch auf Anfrage der APA mit.
Versorgung mit FFP2-Masken gewährleistet
Die Versorgung mit FFP2-Schutzmasken sei aber weiterhin uneingeschränkt gewährleistet, da die Hygiene Austria LP GmbH nur einer von über 30 Auftragnehmern in diesem Bereich sei, wird in der Stellungnahme betont.
Ein Sprecher der Hygiene Austria - das Unternehmen ist ein Joint Venture des oberösterreichischen Faserherstellers Lenzing mit dem Textilkonzern Palmers - hatte die Razzien an zwei Standorten am Dienstag bestätigt. Laut Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) geht es um den Verdacht der organisierten Schwarzarbeit sowie schweren gewerbsmäßigen Betrugs. Konkret sollen in China produzierte Masken falsch etikettiert und als österreichische Produkte verkauft worden sein.Indes wies Hygiene Austria am Mittwochabend Vorwürfe bezüglich "Schwarzarbeit" sowie "Betrug" zurück, räumte aber ein, dass man zum Spitzenausgleich einen chinesischen Lohnfabrikanten beauftragt habe. Die BBG hat bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) um nähere Informationen zur vergaberechtlichen Bewertung der Sachlage angefragt.
Generell sind öffentliche Auftraggeber nicht verpflichtet, die Rahmenvereinbarung der BBG zu nutzen, sondern sie können auch selbst Vergabeverfahren durchführen. Wenn öffentliche Stellen die Rahmenvereinbarung der BBG nutzen, führen sie die konkreten Beschaffungen sowie unter anderem die Auswahl des jeweiligen Auftragnehmers auf Basis der abgeschlossenen Rahmenvereinbarungen selbst durch.
Von mehr als 1.900 bisher getätigten Beschaffungsvorgängen von öffentlichen Stellen unter Inanspruchnahme der BBG-Rahmenvereinbarung sei in 184 Fällen die Hygiene Austria LP GmbH als Auftragnehmer gewählt worden, so die Auskunft der BBG. Vier Bestellvorgänge seien noch nicht ausgeliefert, einer sei durch einen öffentlichen Auftraggeber bereits hinterfragt worden.
Insgesamt wurden aufgrund der BBG-Rahmenvereinbarung rund 160.000 Mund-Nasen-Schutzmasken bestellt sowie rund 1,08 Millionen FFP2-Schutzmasken. Außerdem hat es laut BBG bisher keine zentral organisierten Großaufträge an die Hygiene Austria gegeben. "Inwieweit öffentliche Stellen darüber hinaus Beschaffungen direkt bei der Hygiene Austria LP GmbH getätigt haben, entzieht sich unserer Kenntnis", heißt es in der schriftlichen Stellungnahme der Bundesbeschaffungsgesellschaft.
Weitere Schritte seien nun abhängig vom Verlauf der behördlichen Maßnahmen sowie der Ergebnisse der eigenen Prüfungen der BBG aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen.Laut "Kurier" führt Spur nach Liechtenstein
In der Causa führt laut Tageszeitung "Kurier" eine Spur nach Liechtenstein. Wie das Blatt am Mittwochnachmittag unter Berufung auf einen "Vermittler für Schutzmasken" berichtete, soll die Rechnung für eine Lieferung von 20 Millionen chinesischer Masken an eine Stiftung in Liechtenstein gegangen sein.
Die Masken selbst seien an Palmers nach Wiener Neudorf geliefert worden, schilderte die Person laut "Kurier". Es sei ein "merkwürdiges Geschäft" gewesen. Schlussendlich habe die Ware in die Ukraine gehen sollen, aber nicht direkt dorthin geliefert werden - das alles sei mehr als unüblich gewesen, berichtete der Vermittler der Tageszeitung. Er selbst soll am Mittwochnachmittag von der Kriminalabteilung Niederösterreich befragt worden sein.
Die Masken, die er geliefert hatte, sollen zudem eine Besonderheit aufgewiesen haben: Der chinesische Beipackzettel sei nicht gemeinsam mit den Masken verschweißt gewesen, sondern sei lose im Karton gelegen, so der Mann. (apa)