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"Online ist nicht das Allheilmittel"

Von Rosa Eder-Kornfeld

Wirtschaft

Die Coronapandemie hat den Trend zu virtuellem Shopping verstärkt. Doch noch werden in Österreich neun von zehn Euros im stationären Einzelhandel ausgegeben.


Die Corona-Lockdowns haben wenig überraschend den Onlinehandel beflügelt. 4,4 Millionen Österreicherinnen und Österreicher haben im vergangenen Jahr im Internet eingekauft und dabei 8,4 Milliarden Euro ausgegeben - um 1,2 Milliarden Euro mehr als im Jahr davor. Der Anteil der "Online-Shopper" an allen Konsumenten im Alter von 16 bis 74 Jahren erhöhte sich von 62 auf 66 Prozent.

Rainer Trefelik, Obmann der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer, ist aber weit davon entfernt, diese Entwicklung überzubewerten. Gemessen an den Einzelhandelsausgaben betrug der Online-Anteil 11,3 Prozent. "Neun von 10 Euros bleiben im stationären Handel", betonte Trefelik am Mittwoch vor Journalisten. "Online ist nicht das Allheilmittel und eine Kompensation für alles."

Stationärer Einzelhandel bleibt die Basis

"Wir müssen weiter auf dem stationären Einzelhandel draufbleiben. Er bleibt die Basis in Österreich und in der Europäischen Union", betonte der Handelsobmann. In der EU-27 flossen im Vorjahr 9,8 (nach 7,8) Prozent der Einzelhandelsausgaben in den Online-Handel, wie Christoph Teller, Vorstand des Instituts für Handel, Absatz und Marketing an der JKU Johannes Kepler Universität Linz, erläuterte.

Rund 212,5 Millionen Verbraucher kauften 2020 Waren und Dienstleistungen via Internet ein. Das entsprach 64 Prozent (nach 60) Prozent in der Zielgruppe 16 bis 74 Jahre. Das EU-Ranking führt nach wie vor Dänemark mit 89 Prozent an, dicht gefolgt von den Niederlanden (87 Prozent) und Schweden (84 Prozent). Über 50 Prozent aller Online-Ausgaben in der EU-27 von 266,5 Milliarden Euro entfallen auf Deutschland, Frankreich und Spanien.

Online werde weiter an Bedeutung gewinnen, aber die Wachstumskurve werde sich abflachen, ist Trefelik sicher. Nicht außer acht zu lassen sei die Rentabilität der Online-Angebote für den stationären Handel. "In vielen Bereichen wurden diese Umsätze zu hohen Kosten erkauft." Ein Unternehmer müsse aber nicht nur Umsätze erwirtschaften, sondern auch Deckungsbeiträge und damit Gewinne.

Er will auch Amazon nicht verteufeln, da der Online-Versandriese auch für österreichische Händler die Funktion eines Marktplatzes erfülle und sie somit sichtbarer mache. Aber es müssten beide mit gleichen Waffen kämpfen. "Die Ertragssteuern dürfen einfach nicht fünfmal im Kreis herumgeschoben werden, so dass in Österreich und in der EU nichts mehr übrig bleibt", kritisiert Trefelik. Österreichische Händler müssten zudem eine Reihe an "versteckten, nicht so plakativen" Abgaben entrichten - etwa Beiträge für die Abfallentsorgung - und keiner wisse, wie die großen Onlineriesen diese Abgaben entrichten, "weil es keiner kontrollieren kann."

Anfang Juli fällt EU-weit die Zollfreigrenze in Höhe von 22 Euro für Packerln aus Drittstaaten. Das sei längst überfällig.

"Shöpping geht in die richtige Richtung"

"Der Weg geht in die richtige Richtung", sagt Trefelik zur Entwicklung von Shöpping.at, der vor vier Jahren als Antwort auf Amazon & Co an den Start gegangenen Online-Plattform der österreichischen Post. 1.600 Händler sind derzeit dabei. Der Umsatz hat sich im vergangenen Jahr auf 44 Millionen Euro verdreifacht. Shöpping sei für Händler bei den Kosten deutlich günstiger als andere Plattformanbieter. Trefelik erwartet weiteres Wachstum, "aber es braucht noch Zeit." Amazon habe immerhin zwanzig Jahre Zeit zum Wachsen gehabt.

Jeder zweite Euro, der im Onlinehandel in Österreich erwirtschaftet wird, fließt an ausländische E-Commerce-Giganten, so Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will. Auch er fordert faire Rahmenbedingungen und spricht von "Ungerechtigkeit auf allen regulatorischen Ebenen". Während heimische Händler mit Betriebsstätte in Österreich nicht nur Steuern, sondern auch Mietvertrags-, Abfallgebühren und hohe Lohnnebenkosten stemmen, würden AMazon & Co hierzulande völlig vogelfrei agieren.