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Österreichs Leistungsbilanz auch im Corona-Jahr mit Überschuss

Wirtschaft

Obwohl die heimische Außenwirtschaft historische Einbrüche erlitt: Der Saldo ist positiv - mit 9,5 Milliarden Euro.


Ein ökonomisch gesund entwickeltes Land weist in der Leistungsbilanz in der Regel einen Überschuss aus. Bei Österreich war das auch 2020 so, trotz Corona-Krise war es bereits der neunzehnte positive Saldo in Folge - und das, obwohl die Pandemie den heimischen Güter- und Dienstleistungsverkehr mit dem Ausland aktiv- und passivseitig in einem historischen Ausmaß einbrechen ließ. Wie die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) am Donnerstag mitteilte, belief sich der Überschuss im vergangenen Jahr auf 9,5 Milliarden Euro, was 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entsprach. Zur Erklärung: In der Leistungsbilanz werden alle Ausgaben und Einnahmen einer Volkswirtschaft erfasst, der Saldo daraus gilt als wichtiger Gradmesser für deren Leistungsfähigkeit.

Die Viruskrise hat Österreichs Außenwirtschaft 2020 zwar hart getroffen, so brachen die gesamten Exporte und Importe um je 15 Prozent ein, wobei der Reiseverkehr am stärksten litt. Da aber per saldo sowohl der Güterhandel mit plus 5,3 Milliarden Euro als auch der Reiseverkehr mit plus 8,0 Milliarden Euro - bei deutlich geringeren Bruttoströmen - positiv bilanzierten, gab es in der Leistungsbilanz unterm Strich einen Überschuss. Laut OeNB resultierte das Plus im Tourismus aus einem Rückgang der Reiseverkehrsausgaben Österreichs im Ausland (minus 59 Prozent), der das 40-prozentige Minus bei den entsprechenden Einnahmen übertraf.

Wegen Pharmaka mehr Importe aus China und der Schweiz

Vor allem aufgrund stark gedämpfter Geschäfte bei Maschinen und Fahrzeugen schrumpften die heimischen Exporterlöse um 7 Prozent. Im gleichen Ausmaß waren 2020 auch die Dienstleistungsexporte rückläufig. Indes blieb Deutschland auch im Verlauf der Covid-Krise wichtigster Handelspartner Österreichs. Rückgänge im Außenhandel gab es freilich mit fast allen Partnerländern. "Wir sehen auch in der Außenwirtschaft, dass es sich um einen symmetrischen Schock handelt: Alle waren in ähnlichem Ausmaß von ähnlichen Herausforderungen betroffen und haben ähnliche Maßnahmen ergriffen", analysierte OeNB-Vize Gottfried Haber in einer Online-Pressekonferenz. Importseitig legten China (plus 3 Prozent) und die Schweiz (plus 8 Prozent) zu. "Das ist vor allem auf chemisch-pharmazeutische Erzeugnisse zurückzuführen", sagte OeNB-Statistikchef Johannes Turner.

Auslandsinvestoren kauften massiv Bundesanleihen

Der Reisverkehrssaldo reagierte stark auf die pandemiebedingten Schließungen im zweiten und vierten Quartal. Während das erste Quartal von Einschränkungen noch weitgehend unberührt war und im dritten Quartal gelockerte Maßnahmen den Sommertourismus größtenteils zuließen, brachen die grenzüberschreitenden Reiseverkehrseinnahmen im zweiten und vierten Quartal um mehr als 80 Prozent ein. "Österreich zählt weltweit zu den attraktivsten internationalen Reisezielen und stützt seine außenwirtschaftlichen Erfolge zu einem guten Teil auf den Tourismus", so Turner. Der 2020 erlittene Einnahmenverlust von 40 Prozent bedeute daher "eine Zäsur in der langen Erfolgsgeschichte des österreichischen Reiseverkehrs".

Ohne staatliche Hilfen wären die Wirtschaftseinbrüche europaweit viel dramatischer gewesen, sagte Haber. Das Geld dafür habe sich der österreichische Staat durch Anleihenemissionen geholt - insgesamt 34,4 Milliarden Euro, wobei ausländische Investoren Bonds für netto 12 Milliarden kauften. Gleichzeitig refinanzierten sich österreichische Firmen im Ausland, um Liquidität für länger geplante Investitionen aufzubauen. Die Kapitalbilanz, die schon früher durchwegs positiv war, zeigte im Vorjahr ein Plus von 5,2 Milliarden Euro. (kle)