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Wiener Start-up Go Student dreimal mehr wert als Porr

Wirtschaft

Nach einer weiteren Finanzierungsrunde hat die Nachhilfe-Plattform bereits einen Marktwert von gut 1,4 Milliarden Euro. Eine Reihe heimischer Traditionsfirmen ist weit weniger wert.


Der 26-jährige Gründer Felix Ohswald darf jubeln. Sein Nachhilfe-Start-up Go Student bringt es inzwischen auf eine Bewertung von mehr als 1,4 Milliarden Euro. Die Wiener Online-Plattform, die Schüler in einem Live-Videogespräch mit ausgewählten Nachhilfelehrern verbindet, ist damit Österreichs wertvollstes Start-up (vor der ebenfalls in Wien beheimateten Kryptowährungsfirma Bitpanda). Zudem ist Go Student der Nachrichtenagentur Reuters zufolge das höchstbewertete Ed-Tech-Unternehmen in Europa. Ed-Tech steht für digitale Bildungsangebote.

Zuletzt hat Go Student in einer weiteren Finanzierungsrunde, der dritten, laut "Kronen-Zeitung" 205 Millionen Euro bei Investoren eingesammelt. Aufgrund dieser Kapitalzufuhr, die vom japanischen Telekomkonzern Softbank, dem chinesischen Internet-Riesen Tencent und dem in Hongkong ansässigen Bitpanda-Investor DST Global kam, errechnet sich die jetzige Milliarden-Bewertung der Firma.

Go Student hat in der Corona-Pandemie vom sogenannten Homeschooling profitiert. Von seinen Investoren wird das Unternehmen mit Blick in die Zukunft jedenfalls mit vielen Vorschusslorbeeren bedacht, was seine Bewertung zuletzt weiter steil in die Höhe getrieben hat.

Mit seinem Marktwert von gut 1,4 Milliarden Euro übertrifft Go Student inzwischen eine Reihe österreichischer Traditionsbetriebe, die an der Börse notieren. Dazu zählen vor allem der Baukonzern Porr, der mit rund 480 Millionen Euro Marktkapitalisierung nur ein Drittel dessen wert ist, was Go Student auf die Waage bringt, der Gummiverarbeiter Semperit (726 Millionen Euro), der Flugzeugkomponentenhersteller FACC (433 Millionen Euro) und der Mautsystem-Spezialist Kapsch TrafficCom (192 Millionen Euro).

Ziel: Weltgrößtes Bildungsunternehmen

Mit dem frischen Geld der Investoren will Go Student die weitere Expansion vorantreiben. "Wir wollen das größte Bildungsunternehmen der Welt aufbauen", zitiert das "Handelsblatt" Geschäftsführer Ohswald, der für die "Wiener Zeitung" am Dienstag leider nicht erreichbar war. Der Start in Mexiko, Kolumbien und Chile sowie Polen stehe kurz bevor. Danach soll das Angebot in Nordamerika an den Start gehen.

Bisher ist Go Student in 15 Ländern aktiv, das mit Abstand umsatzstärkste ist Deutschland. Das Start-up zählt mittlerweile weltweit mehr als 500 Mitarbeiter, bis Jahresende sollen es 1.000 Mitarbeiter sein. Monatlich werden bereits mehr als 400.000 Nachhilfestunden gebucht. Damit ist auch der Umsatz rasant gestiegen - auf acht Millionen Euro im Mai, eine Verachtfachung binnen zwölf Monaten. Begonnen haben die Go-Student-Gründer - Ohswald und dessen Bruder Moritz sowie der BWL-Absolvent Gregor Müller und der Elektrotechniker Ferdinand von Hagen - im Jahr 2015 mit einem WhatsApp-Service für Hausübungen - im Keller einer Segelschule an der Alten Donau.

Mit seiner aktuellen Unternehmensbewertung gehört Go Student zur Gruppe der sogenannten Einhörner. Ab mehr als einer Milliarde spricht man in der Start-up-Szene von einem "Unicorn", einem Einhorn. Österreichs erstes Einhorn ist erst drei Monate alt und quasi selbst noch ein Fohlen: Es handelt sich um Bitpanda, das aufgrund eines 170-Millionen-Euro-Investments eine Gesamtbewertung von mehr als einer Milliarde Euro erreichte.

Mehr Investoren-Geld für Start-ups

Heimische Start-ups haben 2020 trotz Corona-Krise mehr Geld eingesackt. Investoren ließen insgesamt 234 (2019: 218) Millionen Euro fließen, wie aus dem "Startup Report 2020/21" hervorgeht. Die Zahl der Finanzierungstransaktionen legte um 18 Prozent zu. Dabei stieg die Zahl der Deals mit mehr als 500.000 Euro um drei Prozent, während die Zahl der Finanzierungen mit einem Volumen von mehr als zwei Millionen Euro um ein Fünftel sank. (kle)