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Keine merkliche Steigerung des Wohlstands

Von Viktoria Nedwed

Wirtschaft
Österreich ist ein reiches Land. Dennoch müssen viele jeden Euro dreimal umdrehen, um gut über die Runden zu kommen.lovelyday12 - stock.adobe.com
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Vierter Wohlstandsbericht der Arbeiterkammer: Das Vorkrisenniveau ist noch nicht wieder erreicht.


Der Wohlstandsbericht der Arbeiterkammer (AK), der bereits zum vierten Mal in Folge herausgegeben wurde, fällt auch diesmal ambivalent aus. Zwar zählt Österreich nach wie vor zu den wohlhabendsten Ländern der Welt und hat im vergangenen Jahr nach der Aufhebung der Corona-Beschränkungen einen Wirtschaftsaufschwung erlebt, doch davon profitieren längst nicht alle. In den vergangenen Jahren habe es laut AK-Chefökonom Markus Marterbauer "keine merkliche Verbesserung" beim Wohlstand gegeben. Dieser sei für die Arbeiterkammer aber das Ziel der Wirtschaftspolitik, nicht das Wirtschaftswachstum.

Handlungsbedarf sieht die AK vor allem im Bereich der Arbeitsmarktpolitik. "Vollbeschäftigung und gute Arbeit" ist eines der fünf übergeordneten Ziele, die im Wohlstandsbericht anhand von 30 Indikatoren bewertet werden. Weitere Ziele sind "Fair verteilter materieller Wohlstand", "Lebensqualität", "Intakte Umwelt" und "Ökonomische Stabilität".

Ungleiche Arbeitszeitverteilung

Positiv bewertet die AK, dass die Arbeitslosigkeit zurückgegangen ist. Es gebe jedoch ein starkes Ungleichgewicht in der Verteilung der Arbeitszeiten. Vollzeit-Beschäftigte, überwiegend Männer, arbeiten mehr, als sie wollen, während Frauen schwer aus prekären Teilzeit-Jobs herauskommen. Ebenso wie Arbeitssuchende, Menschen mit Behinderung und Niedrigqualifizierte haben es Frauen insgesamt schwieriger, am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

Die Arbeiterkammer sieht auch große Teile der neuen Steuerreform, die am Sonntag von der türkis-grünen Regierung präsentiert wurde, kritisch. Zwar wird der Ökobonus ob seiner sozial ausgleichenden Wirkung gelobt, hier brauche es aber noch Änderungen in den Städten, allen voran Wien. Dass die Senkung der Einkommenssteuersätze, von der ausschließlich Bezieher höherer Einkommen profitieren, nur die kalte Progression ausgleichen würde, befindet die AK als unzureichend.

Ebenso verwundert es Marterbauer, "dass es wieder nicht gelungen ist, das Thema der Erbschafts- und Vermögenssteuern anzugehen." Die geplante Körperschaftssteuersenkung von 25 auf 23 Prozent bezeichnet der Ökonom als "unnötiges Steuergeschenk" an große Firmen. Mit dem Geld, das dem Staat dadurch entgehe, "könnte die Armut im Land halbiert werden". Den Unternehmen bringt die Senkung rund 800 Millionen Euro, die nach Ansicht der AK besser in die Bildungspolitik investiert wären. "Ein Drittel der Pflichtschulabsolventinnen und -absolventen können nicht sinnerfassend lesen und schreiben", ruft die Leiterin der Abteilung Sozialpolitik in der AK, Silvia Hruka-Frank, in Erinnerung.

In puncto Umwelt sei der "Blick auf 2020 ein trügerischer", sagte Sylvia Leodolter von der Abteilung Umwelt und Verkehr. Die CO2-Emissionen und der Energieverbrauch seien zwar zurückgegangen, dies sei jedoch ausschließlich auf die Corona-Krise zurückzuführen. Für heuer rechnet sie bereits wieder mit deutlichen Steigerungen. Um die Klimaziele einhalten zu können, brauche es strukturelle Änderungen. "Das Klimaticket alleine reicht nicht", so Leodolter. Vielmehr müssten Produktion, Energieversorgung und Mobilität komplett umgebaut, die Kosten dafür sozial gerecht aufgeteilt werden.