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OMV erklimmt neue Höhen

Von Karl Leban

Wirtschaft

Dank seiner neuen Chemie-Sparte hat der Konzern in den ersten drei Quartalen so viel Geld wie noch nie verdient.


Die Preisschübe bei Öl und Gas, vor allem aber die neuen Aktivitäten rund um wiederverwertbare Kunststoffe haben der teilstaatlichen OMV zu einem Gewinnsprung verholfen. In den ersten drei Quartalen verdiente der österreichische Konzernriese so viel wie noch nie. Wie das Unternehmen am Freitag mitteilte, legte das operative Ergebnis vor Sondereffekten (CCS Ebit) von 1,16 Milliarden auf 3,96 Milliarden Euro zu. Unter dem Strich - nach Steuern - drehte das Ergebnis von minus 468 Millionen auf 2,13 Milliarden Euro in die Gewinnzone.

Alfred Stern, der seit September als Nachfolger von Rainer Seele an der Vorstandsspitze der OMV steht, sprach von einer "außergewöhnlich guten Performance". Als besonders profitabel erwies sich die von der neuen Tochter Borealis repräsentierte Chemie-Sparte, von der ein Großteil des jetzigen Gewinns stammt.

Mit der milliardenschweren Borealis-Akquisition im Vorjahr und dem damit verbundenen Schwenk hin zur Produktion hochwertiger und recycelbarer Kunststoffe für vielerlei Anwendungen hat die OMV - nicht zuletzt auch aus umweltpolitischen Gründen - eine neue Ära im Unternehmen eingeläutet. Künftig will der Konzern einen Wandel vollziehen, bei dem das Chemie-Geschäft die bisherigen Kernbereiche Öl und Gas schrittweise zurückdrängen soll.

Langer CO2-Pfad

In diesem Geschäft sieht der größte heimische Industriebetrieb nunmehr seinen kommenden wirtschaftlichen Schwerpunkt. Und dort will er fortan auch ausbauen und wachsen, was Stern, der einst Borealis-Chef war, am Freitag in einem virtuellen Pressegespräch bekräftigte.

Zudem soll die Transformation zu einem Chemiekonzern, der mit entsprechenden Technologien fest in der Kreislaufwirtschaft verankert ist, helfen, Emissionen zu senken. Bis spätestens 2050 will die OMV klimaneutral sein.

Auf dem Weg dahin hat sich der börsennotierte Wiener Großkonzern Zwischenziele gesetzt. Bis 2025 soll demnach eine CO2-Reduzierung von mindestens 60 Prozent im Bereich Upstream (Öl- und Gasförderung) sowie eine von mindestens 20 Prozent im Bereich Raffinerien erreicht werden - beides im Vergleich zum Jahr 2010. Konzernweit soll die CO2-Intensität damit alles in allem um zumindest 30 Prozent sinken. Laut OMV ist geplant, die CO2-Emissionen in den betriebenen Anlagen zwischen 2020 und 2025 um mindestens eine Million Tonnen zu reduzieren.

Rückzug durch Verkäufe

Dass Öl und Gas bei der OMV langfristig eine immer geringere Rolle spielen soll, zeigen auch jüngste Devestitionen. Zuletzt hat das Unternehmen sein Tankstellennetz in Deutschland, die Gasleitungstochter Gas Connect sowie Ölfelder in Kasachstan und Malaysia veräußert. Dazu kommt der gut 275 Millionen Euro schwere Verkauf eines Viertelanteils am norwegischen Ölfeld Wisting, den die OMV erst am Donnerstagabend vermeldet hat, aber auch der bereits paktierte Verkauf des slowenischen Tankstellengeschäfts sowie eines Ölfeldes in Neuseeland. Daneben soll aber auch das - offenbar zu wenig profitable - Düngemittelgeschäft der Borealis, das hier in gewisser Weise aus der Reihe fällt, losgeschlagen werden. Noch vor dem Jahresende solle ein Käufer gefunden sein, hieß es am Freitag.

Indes gebe es für einen Verkauf des 51-Prozent-Anteils an der rumänischen Öl- und Gas-Tochter Petrom keine Pläne, wie Stern betonte. Der OMV-Chef dementierte damit in Medien kolportierte Gerüchte. Als möglichen Käufer hatte der "Kurier" den polnischen Energiekonzern PKN Orlen genannt.

Neues Produktionsziel

Ihre Öl- und Gasförderung wird die OMV zwar weiterhin auf einem aus Sicht vieler Klimaschützer nicht unerheblichen Level halten. Ihr längerfristiges Produktionsziel von 600.000 Barrel Öläquivalent pro Tag hat sie aber gekappt. Jetzt liegt die Latte bei 480.000 bis 500.000 Fass. Für das Gesamtjahr 2021 rechnet Stern mit einem Wert am unteren Ende dieser Bandbreite, wobei das von der Sicherheitslage im Krisenland Libyen abhängt, wo die OMV über mehrere Ölfelder verfügt.

Für den Ölpreis ist der Manager nun zuversichtlicher als zuletzt. Hat er den Brent-Rohölpreis bisher bei 65 bis 70 Dollar je Barrel gesehen, sind es jetzt rund 70 Dollar. 2020 waren es 42 Dollar pro Fass.

Gas bleibt auf teurem Niveau

Auch beim Gaspreis, der den Gewinn der OMV ebenfalls kräftig aufgefettet hat, geht Stern von einem "weiterhin hohen Niveau" aus. Was den durchschnittlich realisierten Gaspreis im heurigen Jahr betrifft, sei nun mit mehr als 15 Euro pro Megawattstunde (MWh) zu rechnen. Zuvor lag die Erwartung bei 12 Euro, im Vorjahr betrug der Preis 8,90 Euro.

Gas war zuletzt ein knappes Gut, in Teilen Europas kam es zu Versorgungsengpässen. Das hat die Preise sehr stark angeschoben. Der Gasspeicher der OMV sei derzeit zu 73 Prozent gefüllt, so Stern mit Blick auf den Winter. "Wir sind in einer sicheren Position, unsere Verträge in den nächsten Monaten erfüllen zu können." Man habe langfristige Verträge mit Gazprom und anderen Lieferanten, und Gazprom habe diese Lieferverpflichtungen stets eingehalten.