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Zinsaufwand für Österreichs Schulden so gering wie noch nie

Wirtschaft

Die Kosten liegen bei 0,87 Prozent der Wirtschaftsleistung, 1995 haben sie noch 3,5 Prozent betragen.


Corona hat Österreichs Schuldenlast in weniger als zwei Jahren um mehr als ein Fünftel nach oben gehebelt. Die jährlichen Kosten, die für diese Verbindlichkeiten anfallen, sind jedoch gesunken. Dank der niedrigen Zinsen in der Eurozone waren sie 2021 so tief wie noch nie. Markus Stix, Geschäftsführer der Bundesfinanzierungsagentur (OeBFA), sprach am Donnerstag von 3,5 Milliarden Euro, in relativen Zahlen waren das 0,87 Prozent des heimischen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Zum Vergleich: Im Jahr davor waren es 1,05 Prozent der Gesamtwirtschaftsleistung gewesen, 1995 gar 3,5 Prozent.

So wie andere Euroländer hat auch Österreich im vergangenen Jahr weiter von dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) tief gehaltenen Zinsniveau profitiert. An den Finanzmärkten konnte damit jederzeit frisches Geld zu äußerst günstigen Konditionen abgerufen werden, auch weil die EZB im Rahmen ihres billionenschweren Corona-Krisenprogrammes Pepp als großer Käufer auftrat. Wie Stix im Klub der Wirtschaftspublizisten berichtete, lag die Durchschnittsverzinsung aller Schulden, die vom Bund im Vorjahr neu aufgenommen wurden, bei minus 0,34 Prozent.

"Es ist das dritte Mal in der Geschichte der Republik, das sämtliche Begebungen des Jahres durchschnittlich mit negativem Zinssatz emittiert wurden", sagte Stix. Was die Bundesfinanzierungsagentur als Schuldenmanager des Bundes daneben ebenfalls erreichte: Die durchschnittliche Laufzeit der Anleihen konnte weiter erhöht werden - auf 10,6 Jahre. Demnach gelten die günstigen Konditionen für einen längeren Zeitraum.

Aufgrund der negativen Zinsen hat der österreichische Staat derzeit jedenfalls Zinseinnahmen durch seine Anleihe-Investoren. Diese zahlen ihm also noch Geld dafür, dass er sich bei ihnen verschuldet. In den vergangenen drei Jahren, "seit wir negativ sind", so Stix, habe die Republik bereits mehr als vier Milliarden Euro an Zinsen überwiesen bekommen. Der starke Rückgang beim Zinsaufwand des Bundes werde sich allerdings nicht ewig fortsetzen können. Ab dem Jahr 2025 könnte sich das nach Einschätzung der OeBFA umkehren, abhängig sei das freilich von der weiteren Entwicklung der Zinsen.

Unruhe an den Bondmärkten

Mit Blick auf die Renditen der Bonds bezeichnete Stix das abgelaufene Jahr als "eher volatil", für viele Anleger war mit Staatsanleihen wegen der fallenden Kurse kein Geld zu verdienen. Von einem ähnlichen Szenario geht der OeBFA-Manager auch für heuer aus, zumal sich die Debatte rund um die erhöhte Inflation bei den Zentralbanken wohl fortsetzen werde. In den USA werden für 2022 - ab März - inzwischen bis zu vier Zinserhöhungen für möglich gehalten. Bei der EZB ist bisher nur fix, dass das Notprogramm Pepp Ende März ausläuft und das normale Anleihen-Kaufprogramm schrittweise zurückgefahren wird. Angesichts dieser Entwicklungen sei "sehr viel Unsicherheit in den Märkten und auch bei den Investoren" zu spüren, sagte Stix. Das hätten auch jüngste Emissionen der OeBFA gezeigt.

Indes ist eine rasche Zinswende im Euroraum weiter nicht in Sicht. Die Europäische Zentralbank müsse geldpolitisch nicht so aggressiv vorgehen, wie es die Fed in den USA voraussichtlich tun werde, sagte EZB-Chefin Christine Lagarde am Donnerstag dem französischen Hörfunksender France Inter. "Der Zyklus der wirtschaftlichen Erholung in den USA ist dem in Europa voraus", so die Französin. Sie erwarte weiterhin, dass sich die Preise 2022 stabilisierten und es schrittweise zu einem Rückgang kommen werde. (kle)