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Wirtschaftstempo höher als erwartet

Von Karl Leban

Wirtschaft

Lockdown hat BIP im vierten Quartal 2021 doch nicht so stark geschmälert, Jahresplus nun bei 4,6 bis 4,7 Prozent.


Kurz vor Weihnachten hatte Gabriel Felbermayr mit Blick auf das laufende vierte Quartal erklärt: "Österreich schrumpft, das Virus hat uns immer noch im Griff." Angesichts neuerlicher Schließungen von Teilen der Wirtschaft rechnete der Wifo-Chef da nach zwei sehr guten Quartalen mit einem Abrutschen des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um ungefähr 4 Prozent. Gekommen ist es letztlich nicht ganz so schlimm wie erwartet. Wie Felbermayr am Montag in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) bekanntgab, sei die heimische Wirtschaft gegenüber dem Vorquartal laut einer Schnellschätzung "nur" um 2,2 Prozent geschrumpft. Dem BIP seien dadurch 2,3 Milliarden Euro verloren gegangen. Ohne Lockdown hätte die Wirtschaft im letzten Quartal 2021 um 0,7 Prozent zugelegt.

Da dieses "etwas glimpflicher" verlaufen sei als befürchtet, wird das Wachstum im vergangenen Jahr mit 4,6 bis 4,7 Prozent auch etwas stärker ausgefallen sein als erwartet. Felbermayr sprach von einer "sehr ordentlichen Dynamik". Brunner merkte dazu unter Hinweis auf die Pandemie an: "Auch unsere Wirtschaft ist widerstandsfähiger geworden."

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Im Schlussquartal geschrumpft ist jedoch nicht nur Österreich, sondern auch dessen wichtigster Handelspartner Deutschland - laut einer ersten Rechnung um 0,7 Prozent. Lockdown gab es dort zwar keinen, anders als in Österreich aber eine "Industrieschwäche", so Felbermayr.

Aufschwung in der Eurozone

Indes sorgte die neue Corona-Variante Omikron in der gesamten Eurozone von Oktober bis Ende Dezember 2021 nur für ein schwächeres Wirtschaftswachstum. Nach vorläufigen Daten der EU-Statistikbehörde Eurostat stieg das BIP im Vergleich zum Vorquartal um 0,3 Prozent - vor allem dank Spanien, Italien und Frankreich. Im Gesamtjahr 2021 legte die Wirtschaft der Eurozone um 5,2 Prozent zu, wie Eurostat am Montag weiter mitteilte. Die 27 Länder der EU wuchsen im gleichen Tempo.

In Österreich sei die Konjunktur im Vorjahr vor allem von der Industrie, dem Bau sowie Dienstleistern, die von den Corona-Restriktionen nicht betroffen waren, getragen worden, sagte Felbermayr. Heuer sollte sich das fortsetzen. Bei den Exporten sollte die Weltwirtschaft weiter für Rückenwind sorgen, auch wenn sie sich im heurigen Jahr etwas abschwächen werde.

Für 2022 bekräftigte der Wifo-Chef seine Prognose vom Dezember, wonach Österreichs BIP um 5,2 Prozent vorrücken sollte. Trotz eines etwas schwächeren Jahresstarts habe "die Fünf vor dem Komma noch eine Chance". Die am Wochenende angekündigten weiteren Lockerungsschritte würden jedenfalls "etwas mehr Dynamik zulassen", sagte Felbermayr.

Wieder umfangreiche Hilfen

Dass die heimische Wirtschaft nach dem pandemiebedingten Absturz im ersten Corona-Jahr - 2020 - nun wieder wächst, ist freilich mit einem enormen Geldeinsatz der öffentlichen Hand erkauft worden. Allein 2021 hat der Bund rund 19 Milliarden Euro zur Bewältigung der Viruskrise flüssig gemacht. Die Zunahme um knapp ein Drittel begründete Finanzminister Brunner vor allem mit den Wirtschaftshilfen sowie höheren Gesundheitsausgaben.

Die "breite Palette" an Hilfen habe jedenfalls eine Insolvenzwelle verhindert. "Die Hilfen haben gut gewirkt", sagte Brunner. Externe Experten und auch Ratingagenturen wie Moody’s hätten das bestätigt. Zudem seien die Hilfen laufend angepasst worden, so betrage die durchschnittliche Genehmigungsdauer etwa beim Ausfallsbonus, der am meisten in Anspruch genommen werde, aktuell nur noch sieben Tage.

"Das Wichtigste ist jetzt, dass wir weitere Lockdowns verhindern", betonte der Minister. Das Um und Auf sei dabei das Impfen. Ein Lockdown koste schließlich rund 400 Millionen Euro pro Woche, so Brunner.

Defizit geringer als erwartet

Unter dem Strich lief es im vergangenen Jahr nicht nur wirtschaftlich besser als erwartet, sondern auch budgetär. Wie der Finanzminister berichtete, habe das Haushaltsdefizit 18 Milliarden Euro betragen. Damit sei es um 4,5 Milliarden niedriger als 2020 und um 12,8 Milliarden geringer als im Voranschlag ausgefallen. Der genannte Fehlbetrag entspricht laut Felbermayr circa 4,5 Prozent des BIP. "Ohne Covid-Maßnahmen hätte das Budget eine schwarze Null ausgewiesen", sagte der Wifo-Chef.

Auf einen "nachhaltigen" Budgetpfad zurückkehren will Brunner mittelfristig. Wann das sein könnte, ließ er jedoch offen. Abhängig sei das auf alle Fälle von der pandemischen Entwicklung.

Zu den Sorgen um die rasant steigenden Verbraucherpreise sagte Brunner: "Die Inflation können wir in Österreich nicht allein in den Griff bekommen." Mit dieser Ansage spielte der Minister den Ball weiter zur Europäischen Zentralbank, deren vornehmste Aufgabe es ist, in der Eurozone für Preisstabilität zu sorgen. "Was wir in Österreich tun können, haben wir getan", meinte Brunner mit Hinweis auf die Steuerreform und das jüngste Entlastungspaket für Privathaushalte bei den hohen Energiekosten.