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Fördern wie die Deutschen

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Nach Lars Felds Absage an das IHS geht die Debatte um Forschungsförderung weiter.


Diese Absage kommt einer Demütigung gleich. Der deutsche Top-Ökonom Lars Feld will nun doch nicht Leiter des Instituts für Höhere Studien (IHS) werden. Felds Kritik richtet sich aber weniger an das renommierte IHS mit seinen über 150 Forscherinnen und Forscher, sondern an die Art und Weise, wie und nach welchen Kriterien in Österreich Wirtschaftsforschung finanziert wird. Und diese sind im EU-Vergleich nicht immer transparent.

Zur Erinnerung: Feld sollte Martin Kocher, der vor einem Jahr für die ÖVP als Arbeitsminister in die Regierung wechselte, nachfolgen. Nun kommt er doch nicht, wie er kürzlich in einer Mail an heimische Medienhäuser erklärte. Einerseits sehe Feld "gewisse Notwendigkeiten zur Umstrukturierung" in Richtung mehr Finanzwissenschaft am IHS. Anderseits übte er Kritik an der Finanzierung des Instituts. Die Nationalbank, von der zuletzt 1,5 Millionen Euro zum IHS flossen, stellt heuer ihre Förderkriterien von einer Grundfinanzierung auf eine mehrjährige Projektfinanzierung um. Und auch generell ortet Feld eine stärkere Abhängigkeit von Geldgebern, als das etwa in Deutschland der Fall ist.

Ruf nach Unabhängigkeit

Die Kritik an der Art Weise, wie wer und nach welchen Kriterien gefördert wird, ist nicht neu. Im Oktober des Vorjahres legten etwa Chats aus dem Handy von Ex-Öbag-Chef Thomas Schmid mutmaßliche Interventionsversuche bei heimischen Wirtschaftsinstituten nahe. Die Chats stammen aus Schmids Zeiten als Generalsekretär im Finanzministerium.

"Dieses Bild, das durch die Chats entstanden ist, ist verheerend. Wir forschen täglich nach bestem Wissen und Gewissen. Das haben wir uns nicht verdient!", sagt ein Ökonom eines großen heimischen Forschungsinstituts, der lieber anonym bleiben möchte.

Der mit Abstand größte Geldgeber heimischer Wirtschaftsforschung ist die öffentliche Hand. Die Finanzierungsfrage ist wesentlich, weil auf Basis der Erkenntnisse der heimischen Institute Politik gemacht wird. Die Wirtschaftsprognose der zwei größten Häuser, des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo) und des IHS, ist die Grundlage fürs Budget und für Lohnverhandlungen. Und sie wird auch als offizielle Prognose für Österreich in Brüssel eingemeldet.

Für Aufsehen sorgte zuletzt die Umstellung der Forschungsförderung in der OeNB, die zuletzt 3,7 Millionen Euro an das Wifo, das IHS und das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (wiiw) verteilte. Ab heuer sollen sich auch andere Institute mit konkreten Forschungsvorhaben um Förderungen bewerben können, die von einem unabhängigen Gremium verteilt werden. Insgesamt stehen 12 Millionen Euro bis 2024 zur Verfügung, heißt es seitens der OeNB.

Das wird in den großen Instituten, die vom bisherigen Vorgehen profitierten, nicht unkritisch gesehen, weil eine Zweckbindung der Mittel im Gegensatz zu einer quasi bedingungslosen Basisfinanzierung den Forschungsspielraum einschränke. Mehrere Ökonomen, darunter Wifo-Chef Gabriel Felbermayer, forderten zuletzt deshalb eine Forschungsfinanzierung nach deutschem Vorbild.

Deutsches Vorbild

Dort entscheidet die Leibniz-Gemeinschaft über die Mittelvergabe, die als unabhängige Stelle zwischen Forschung und öffentliche Hand zwischengeschaltet ist. Bundes- und Länderinstitutionen speisen dort Mittel ein. Diese werden von einem unabhängigen Gremium nach strengen Vergabebestimmungen für sieben Jahre an die Forschungsinstitute vergeben. Im Nachhinein wird evaluiert. Gut 1,4 Milliarden Euro werden so jährlich an außeruniversitäre Forschungseinrichtungen unterschiedlicher Richtungen und Disziplinen verteilt. Dabei müssen diese auch transparent und genau dokumentieren, was mit dem Geld passiert ist. Sonst laufen sie Gefahr, herabgestuft zu werden und beim nächsten Mal weniger zu bekommen.

Am IHS verhandelt man jetzt jedenfalls mit Guntram Wolff, Leiter des Bruegel Instituts, bestätigt Sprecher Paul Glück auf Nachfrage. Er war neben Feld in der Topauswahl für den Chefposten. Die Finanzierungsdebatte kommentiert man am IHS übrigens so: "Wir sehen gerade das Momentum für einen Turnaround, etwa nach dem Vorbild der deutschen Leibniz-Gemeinschaft", sagt Glück. Das fordert auch IHS-Präsident Franz Fischler. Das aktuelle Budget des IHS beträgt 12,5 Millionen Euro. 4 Millionen kommen aus dem Finanzministerium, 1,5 aus der OeNB, der Rest ist sogenannte Auftragsforschung.