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Steigender Gaspreis offenbart Reformdruck

Von Marijana Miljković

Wirtschaft

WKO fordert Reihe von Maßnahmen, um heimische Betriebe zu entlasten, und will den CO2-Preis verschieben.


Die wegen des Ukraine-Kriegs gestiegenen Energiepreise nahmen Vertreter der Österreichischen Wirtschaftskammer (WKO) zum Anlass, den Start für die geplante CO2-Bepreisung in Frage zu stellen. Angesichts der Preissteigerungen wäre es "zynisch", die Bepreisung "noch obendrauf zu setzen", sagte WKO-Generalsekretär Karlheinz Kopf. Der ÖVP-Politiker würde mit der Maßnahme, die ab 1. Juli 2022 in Kraft treten soll, ein bis zwei Jahre warten, sagte er am Montag auf einer Pressekonferenz . Ab Mitte des Jahres sollen pro Tonne CO2 30 Cent aufgeschlagen werden. Umweltorganisationen sowie die Grüne Wirtschaft reagierten mit scharfer Kritik und warfen der WKO "langjährige fossile Klientelpolitik" vor.

Rahmen für Erneuerbare

Kopf und WKO-Präsident Harald Mahrer setzten sich dafür ein, den kurzfristigen Gasbedarf und eventuellen Ausfall von russischen Lieferungen durch Flüssiggas aus der Golfregion und den USA zu kompensieren. "Wir dürfen uns aber nichts vormachen: Mittelfristig wird die Abhängigkeit von Russland bleiben", sagt Kopf. Der Gasverbrauch werde laut Kopf auch im Jahr 2040 so hoch sein wie heute.

Um für einen möglichen Lieferstopp aus Russland gewappnet zu sein, müsse Österreich seine Energiequellen diversifizieren. Dafür gelte es, die rechtlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Es brauche dringend die Verordnungen für Investitionszuschüsse für Biomethan und Wasserstoff sowie einen Rechtsrahmen für grünes Gas und eine höhere Beimischung von Bioethanol zu den Treibstoffen. Auch UVP-Verfahren für den Bau von Wasserkraftwerken und Windrädern müssten beschleunigt werden, forderte Kopf.

Österreich deckt seinen Gasbedarf zu 80 Prozent aus Russland. Der jährliche Verbrauch liegt bei 90 Terrawattstunden Gas, derzeit sind die Speicher mit 18 Terrawattstunden Gas gefüllt. Bei einem Wegfall der russischen Gasimporte wären rund zehn Prozent des gesamten Energiebedarfs in Europa gefährdet, in Österreich wären es sogar 19 Prozent, ergab eine Studie des österreichischen Kreditversicherers Acredia in Zusammenarbeit mit Euler Hermes. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), die für Rohstoffe zuständige Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) sind gerade in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), um grünen Wasserstoff einzukaufen. Für WK-Funktionär Karlheinz Kopf wäre es an der Zeit, Energieversorger zu verpflichten, Erdgas zu speichern. Dazu müsse der Staat das Preisrisiko übernehmen, um das Verlustrisiko für die Energieunternehmen zu senken, wenn der Preis des teuer eingekauften Gases sinke.

Gas zehnmal teurer

In der EU kostet Gas im Großhandel aktuell rund zehnmal so viel wie in den USA. Das habe massive Auswirkungen auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Firmen, sagte Monika Köppl-Turyna, Leiterin des liberalen Wirtschaftsforschungsinstituts Eco Austria, am Montag zur APA. Eine Besserung der Lage sei nicht in Sicht, die Preise dürften zumindest bis zum Ende des Jahres 2022 auf einem hohen Niveau bleiben. Während Gas am US-Spotmarkt derzeit umgerechnet rund 16 Euro pro Megawattstunde koste, seien die Preise in Europa rund zehnmal so hoch. Eco Austria rechnet damit, dass Gas in Europa zumindest bis Jahresende weiterhin zwischen 150 und 160 Euro pro Megawattstunde kosten wird. Bis zum Sommer 2021 seien die Gaspreise in den USA und in Europa noch sehr ähnlich gewesen, die Eskalation im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine habe den Gaspreis in Europa seit Dezember jedoch in die Höhe getrieben.

Die Gaspreisentwicklung hat laut WKO auch direkte Auswirkung auf den Strompreis. 30 Prozent des österreichischen Gasverbrauchs fließt in die Stromerzeugung. Die damit einhergehende Erhöhung des Strompreises stelle für österreichische Unternehmen eine "existenzielle Bedrohung" dar, sagte Kopf. Die Bundesregierung müsse die Strompreiskompensation umsetzen, um heimische Betriebe zu entlasten. Laut der Emissionsgroßhandels-Richtlinie der EU (EU-ETS), ist es erlaubt, stromintensiven Industriezweigen eine Kompensation auszuzahlen. Zahlreiche Länder, unter ihnen Deutschland, haben dies bereits umgesetzt. 40 Prozent des heimischen Gasverbrauchs entfällt auf die Industrie, 20 Prozent auf Haushalte, sowie zehn Prozent auf Verkehr und andere Bereiche.