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Mit der Gießkanne zur Entlastung

Von Monika Jonasch und Martina Madner

Wirtschaft

An der sozialen wie ökologischen Treffsicherheit des Pendlerpauschales gibt es Zweifel.


Vom Pendlerpauschale profitieren vor allem höhere Einkommen. Das war bereits in der Vergangenheit so, mit der am Wochenende angekündigten Erhöhung des Pauschales um 50 Prozent wird sich das nicht ändern. Mit 100 Euro für jene mit Negativsteuer-Bezug und einer Vervierfachung des Pendler-Euros kostet die türkis-grüne Entlastung der rund 1,3 Millionen Pendler (Stand: 2019) im "Energiepaket" geschätzte 400 Millionen Euro.

Da Energiearmut Geringverdienenende härter trifft als Höherverdienende, steht die Erhöhung des Pauschales bereits in Kritik.

Momentum: Höhere Einkommen profitieren mehr

"Das Pendlerpauschale ist als Freibetrag ausgestaltet, es reduziert das steuerpflichtige Einkommen. Damit profitieren Personen mit hohen Einkommen stärker davon als Menschen mit niedrigen Einkommen", erklärt Joel Tölgyes, Klimaökonom am sozialliberalen Momentum Institut auf Nachfrage der "Wiener Zeitung". "Liegt das steuerpflichtige Einkommen unter 11.000 Euro pro Jahr, zahlt man keine Lohn- und Einkommensteuer." Dementsprechend bringe da das Pendlerpauschale nichts. Erst die zusätzliche Negativsteuer von 100 Euro schaffe Abhilfe: "Das würde dann tatsächlich auch Menschen mit niedrigem Einkommen helfen." Details dazu sind aber noch nicht bekannt.

Wifo: Niedrige Einkommen erhalten nur 2 bis 3 Prozent

Ähnlich äußert sich Daniela Kletzan-Slamanig, Expertin für Umwelt- und Energiefragen beim Wirtschaftsforschungsinstitut Wifo: "Weil für ein Einkommen zwischen 31.000 und 60.000 Euro 40 Prozent Grenzsteuersatz, für eines zwischen 11.000 und 18.000 Euro aber 20 Prozent zu zahlen sind, ist der Freibetrag bei höheren Einkommen mehr wert."

Ihre Berechnungen zeigen, dass schon bisher zwei Drittel der rund 500 Millionen Euro des Pauschales an jene gehen, die mehr verdienen als das Medianeinkommen (50 Prozent bekommen mehr, 50 Prozent weniger). "Jene im untersten Einkommensviertel erhalten 2 bis 3 Prozent." Wobei: "Der Pendler-Euro fängt das etwas ab." Also die 2 Euro pro Kilometer Arbeitsweg, die die Regierung vervierfacht. Sozial gestaffelt ist der Verkehrsabsetzbetrag: Normal gibt es 400 Euro, für Einkommen unter 24.500 Euro brutto im Jahr steigt er gestaffelt an, jene mit maximal 12.200 Euro erhalten 690 Euro. Eine Reform der Arbeitsweg-Förderungen sollte diese "sozialer und ökologischer machen", sich an den Kosten des öffentlichen Verkehrs orientieren und auf tatsächlich zurückgelegten Distanzen beruhen.

VCÖ: Soziale Treffsicherheit verbesserungswürdig

Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) schätzt das Plus beim Pendlerpauschale zwar kurzfristig als treffsicherer ein als eine Steuersenkung bei Sprit. "Die 10 Prozent der Haushalte mit den höchstem Einkommen tanken siebenmal so viel Sprit wie die zehn Prozent mit dem niedrigsten Einkommen." Man gibt aber auch beim VCÖ zu bedenken, dass eine so starke Erhöhung Anlass sein müsse, die Pendelförderung sozial und ökologisch treffsicherer zu machen. Derzeit weise sie aus ökologischer Sicht gravierende Mängel auf und zähle zu den umweltschädlichen Förderungen.

Pendelförderung soll ökologische Anreize setzen

Die Autoabhängigkeit in Österreich zu reduzieren, öffentliche Verkehrsmittel auszubauen und günstiger anzubieten sowie die Sozialleistungen armutsfest zu machen, sei langfristig wichtig, so Joel Tölgyes von Momentum.

Das Pendlerpauschale sollte ein Absetzbetrag werden, damit die Unterstützung unabhängiger vom Einkommen erfolge. Im Sinne einer Ökologisierung sollte bei Zumutbarkeit die Öffi-Nutzung verpflichtend werden.

Beides findet auch der VCÖ reizvoll. Das kleine Pauschale durch ein regionales Klimaticket zu ersetzen und beim großen Pauschale entsprechende Anreize zu setzten, wären Chancen, dass Arbeits- wie Freizeitwege mit Öffis bestritten werden, so VCÖ-Experte Michael Schwendinger.