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KV-Verhandlungen unter Inflationsdruck

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Wegen der starken Teuerung fordern Arbeitnehmer ein ordentliches Lohnplus. Der Industrie setzen die Energiekosten zu.


Lohnverhandlungen sind nie einfach. Heuer sind sie aber wegen der hohen Inflation besonders hart. Im März betrug sie 6,8 Prozent, für April rechnet die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) mit einer Inflationsrate von 7,2 Prozent, für das Gesamtjahr soll die Teuerung bei 5,6 Prozent liegen. Derzeit verhandeln die Angestellten der Elektro-, der Papier- und der Chemieindustrie mit der Arbeitgeberseite eine Lohnerhöhung. Sie alle fordern ein Lohnplus von sechs Prozent und begründen das mit der hohen Inflation, die für viele immer mehr zur Belastung wird.

"Die Inflation galoppiert den Menschen davon", sagt Rainer Wimmer, Vorsitzender der Produktionsgewerkschaft (ProGe) zur "Wiener Zeitung". Er verhandelt auf der Arbeitnehmerseite für die Angestellten der Elektroindustrie. "Wir haben in den vergangenen zwei Jahren wegen der Corona-Situation sehr verantwortungsvoll verhandelt." Jetzt sei es an der Zeit "zu ernten". Die Unternehmen hätten ein sehr gutes Geschäftsjahr gehabt und auch Dividenden ausgeschüttet.

Diese Argumente führen auch die Arbeitnehmer der chemischen und der Papierindustrie ins Treffen. Sie fordern angesichts des guten Geschäftsjahres 2021 und der Inflation ebenfalls ein Lohnplus von sechs Prozent. Am 23. April findet die nächste Verhandlungsrunde der chemischen Industrie statt, am 26. jene der Elektro- und der Papierindustrie.

Energiepreise sehr hoch

Aufseiten der Arbeitgeber wollte man auf Nachfrage die laufenden Verhandlungen nicht kommentieren. "Wir halten uns vor der nächsten Verhandlungsrunde mit Aussagen zurück", sagte eine Sprecherin der Sparte Elektro- und Elektronikindustrie der Wirtschaftskammer Österreich. Tatsächlich war das vergangene Geschäftsjahr für die Industrie im Allgemeinen trotz Corona ein gutes.

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Für das laufende Jahr sieht es aber derzeit nicht ganz so rosig aus. Der Krieg Russlands in der Ukraine, das drohende Energieembargo gegen Russland, die weiterhin unterbrochenen Lieferketten sowie die hohen Energie- und Rohstoffpreise setzen den Unternehmen immer mehr zu.

Die Energiepreise haben sich binnen eines Jahres fast verdreifacht. Das trifft Haushalte und Unternehmen hart. Sollte es tatsächlich zu einem Gaslieferstopp aus Russland kommen, werden die Preise noch weiter steigen. Das alles sind keine guten Bedingungen für Lohnverhandlungen.

Zudem haben einige Ökonomen im Vorfeld angesichts der hohen Forderungen vor einer sogenannten Lohn-Preis-Spirale gewarnt. Das bedeutet: Höhere Preise führen zu höhren Lohnabschlüssen, die wiederum die Preise weiter antreiben. "Weil man uns das jetzt vorwirft: Zuerst steigen die Preise, dann erst die Löhne", sagt Wimmer dazu.

"Keine Lohn-Preis-Spirale"

"Insgesamt erwarten wir heuer einen deutlichen Reallohnverlust", sagt Josef Baumgartner, Ökonom am Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo). Die Arbeiterkammer hat zuletzt errechnet, dass einem Durchschnittshaushalt durch die hohe Inflation heuer Mehrkosten von rund 1.400 Euro entstehen. Haushalte müssen heuer also deutlich mehr für Energie, Nahrungsmittel und Güter des täglichen Bedarfs ausgeben.

Sollte es zu keinem Gas-Lieferstopp aus Russland kommen, erwartet das Wifo eine Entspannung der Inflation im kommenden Jahr. "Dann hätten höhere Lohnabschlüsse wohl einen leichten Effekt auf den Preisanstieg", meint Baumgartner. Dabei könne man aber noch von keiner Lohn-Preis-Spirale sprechen. In der Frühjahrslohnrunde gab es bisher unter anderem ein Gehaltsplus von 3,5 Prozent für die Bankangestellten und die Gastronomie (plus 3,7 Prozent).