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"Unsicherheit ist Gift für die Wirtschaft"

Wirtschaft
In der Bauwirtschaft ist man zuversichtlicher als in anderen Branchen.
© stock.adobe.com / jat306

Der Anteil der heimischen Unternehmen, die ihre Geschäftslage mit sehr gut oder gut bewerten, ist seit August 2021 von 65 Prozent auf 55 Prozent hinuntergerasselt.


Stop-and-go kennt man vom Stau auf der Autobahn. Abwechselnd fahren und stehen, und das oft stundenlang: Das kostet Nerven. In diesem Modus befinden sich zahlreiche Unternehmen seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie. "Unsicherheit ist Gift für die Wirtschaft", betonte Ricardo Ricardo-José Vybiral, Chef des Gläubigerschutzverbandes KSV1870, am Mittwoch vor Journalisten. Da wundert es nicht, dass sich aufgrund des Krieges in der Ukraine die Stimmung in der heimischen Wirtschaft zuletzt wieder verschlechtert hat - und zwar deutlich.

Der Anteil der Unternehmen, die ihre Geschäftslage im "Austrian Business Check" des KSV1870 als sehr gut oder gut bewerten, ist im März dieses Jahres im Vergleich zu August 2021 von 65 Prozent auf 55 Prozent hinuntergerasselt. Vor der Corona-Krise hatte der Wert 63 Prozent betragen, im März 2021 lag er bei 45 Prozent. Rund 1.300 Unternehmen wurden dabei befragt.

Im Gastgewerbe blicken derzeit nur 23 Prozent positiv in die Zukunft, in der Freizeitwirtschaft sind es 29 Prozent. Die größte Zuversicht versprühen Unternehmen der holzverarbeitenden Industrie (75 Prozent), die Bauwirtschaft (72 Prozent) und EDV-Firmen (69 Prozent). Nach Bundesländern betrachtet, liegt Vorarlberg in puncto Zuversicht auf dem ersten Platz. 66 Prozent der Unternehmen beurteilen dort ihre Geschäftslage als sehr gut oder gut. In Wien hingegen sind es nur 45 Prozent.

Volle Auftragsbücher

Am meisten beunruhigt sind die Firmen derzeit wegen der starken Preissteigerungen. Das geringste Problem ist jedoch die Auftragslage. "Wir sind in der paradoxen Situation, dass die Auftragsbücher bei zahlreichen Unternehmen mehr als voll sind", sagt Vybiral. Diese Aufträge könnten aber nicht entsprechend abgebaut werden. Stichwort: Lieferengpässe.

Corona hat in den Finanzbüchern der befragten Unternehmen Spuren hinterlassen: 9 Prozent haben ihre liquiden Mittel aufgebraucht und sagen, dass es für sie schwierig wird, das Jahr 2022 zu überstehen. Lediglich 19 Prozent sagen, dass sie hier langfristig keine Probleme erwarten. Insgesamt könnten 80 Prozent der Betriebe nicht ausschließen, mittel- oder langfristig wirtschaftliche Probleme mit der Liquidität zu bekommen, so Gerhard Wagner, Geschäftsführer der KSV1870 Information GmbH. Vor allem die Kombination aus internationalen Krisenherden, aktuellen Kostenentwicklungen und wirtschaftlichen Corona-Einschnitten gebe Anlass zur Sorge. Aktuell habe insbesondere im Burgenland eine deutlich höhere Anzahl an Unternehmen (23 Prozent) akute Probleme mit der eigenen Liquidität. Am seltensten ist dies in Vorarlberg (1 Prozent) und Oberösterreich (2 Prozent) der Fall.

Laut Umfrage haben 43 Prozent der Befragten wegen der Corona-Krise auf staatliche Haftungen oder Förderungen zurückgegriffen. Aktuell sind 14 Prozent der Betriebe auf staatliche Finanzspritzen angewiesen, um "über die Runden zu kommen".

Generelle Stabilität

Trotz aller Widrigkeiten bescheinigt das KSV1870-Rating mit einem Wert von 352 den heimischen Betrieben nur eine geringe Ausfallwahrscheinlichkeit. Knapp drei Viertel der Firmen befinden sich mit einem geringen Risiko in Klasse 300, jeweils 12,4 Prozent in den Klassen 200 (sehr geringes Risiko) und 400 (erhöhtes Risiko). Insgesamt habe es hier während der gesamten Pandemie nur geringfügige Verschiebungen gegeben. Die generelle Stabilität der heimischen Wirtschaft zeige sich auch daran, dass im Vorjahr weniger Unternehmen einen Kredit in Anspruch genommen haben. Während im Vorjahr 19 Prozent der Betriebe auf einen Kredit zurückgegriffen haben, waren es ein Jahr zuvor 24 Prozent.(ede)