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Kein Gas in diesem Speicher

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Gazprom befüllt seine Gasspeicher in der EU nicht. Jener in Haidach wird zum Politikum in Österreich und Deutschland.


Der Krieg Russlands gegen die Ukraine spitzt sich immer mehr zu und wird zunehmend zu einem Energiekrieg. Russlands mächtigste Waffe: sein Gas. Nachdem die staatliche Gazprom Anfang des Monats Bulgarien und Griechenland den Gashahn zugedreht hat, befürchtet Finnland nun Ähnliches, weil das Land aus Angst vor einem russischen Einfall der Nato beitreten möchte. Aber auch in anderen EU-Ländern übt Russland Druck über die Gaspipeline aus.

Gazprom besitzt eigene Gasspeicher in Deutschland, den Niederlanden und eben auch in Österreich. Das Gasspeicherkraftwerk in Haidach bei Straßwalchen nahe der deutschen Grenze wird nun zum Politikum. Zwei Drittel der Speicherkapazität in Haidach sollten von der Gazprom Storage Austria (GSA) mit Sitz in Moskau, einer Tochter von Gazprom, befüllt werden. Das tut diese im Moment aber nicht (siehe Grafik). Deshalb sagte Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) kürzlich in der "Kleinen Zeitung" in Richtung Gazprom: "Use it or lose it."

Der Speicher müsse also entweder befüllt werden, oder man werde andere Lösungen suchen. "Entweder die jetzigen Speicherbetreiber oder Rechteinhaber werden das befüllen, oder wir werden andere Wege finden", legte Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) nach.

Tirol hängt an Deutschland

Aber eigentlich fällt der Gasspeicher in Haidach erst mal nicht in die Zuständigkeit der österreichischen Bundespolitik. Er ist nämlich an das deutsche Gasnetz angeschlossen, versorgt also vorwiegend Deutschland, und wurde in der Vergangenheit von Gazprom quasi als Backup benutzt, um die Lieferverträge für seine europäischen Kunden sicherzustellen, erklärt Markus Krug vom heimischen Regulator E-Control der "Wiener Zeitung".

Haidach ist mit Abstand der größte Gasspeicher auf österreichischem Boden und der zweitgrößte Europas. "Dort können 33 Terawattstunden Gas gespeichert werden. Das entspricht einem Drittel des gesamten Jahresverbrauchs Österreichs", erklärt Krug. Diese Speicherkapazität wird von zwei Unternehmen vermarktet. Ein Drittel wird von "astora" befüllt. Sie gehört wiederum der Gazprom Germania, die seit einigen Wochen unter Treuhandschaft der deutschen Bundesnetzagentur steht. Zwei Drittel der Speicherkapazität gehören der GSA, sie "vermietet" also quasi ihre Speicherkapazität dort.

"Derzeit wird von allen mit maximaler Speichergeschwindigkeit befüllt", erklärt Krug. Als Faustregel galt bisher: Auf das Jahr gerechnet sollte rund ein Drittel des Jahresverbrauchs als Vorrat gespeichert werden, um gut über den Winter zu kommen. Im Vorjahr waren die Gasspeicher aber deutlich weniger voll. Einerseits, weil das Gas nach den Lockdowns im Sommer unüblich teuer war und Energieversorger nicht zu so hohen Preisen bevorraten wollten. Anderseits drosselte aber auch die Gazprom die Lieferungen ein Stück weit, was wiederum die Gaspreise antrieb.

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Jetzt befüllt Gazprom seine Speicher aber auch nicht. Vermutlich geschieht dies aus geopolitischem Kalkül. Das könnte wiederum zum Problem für Deutschland werden, und über Umwege für Österreich. Denn Haidach hängt zwar nicht am österreichischen Gasnetz, das tun weite Teile Tirols und Vorarlbergs aber auch nicht. Diese Bundesländer werden zu einem guten Teil über Deutschland mit Gas beliefert.

Verordnung zur Füllmenge

Angesichts der angespannten Lage am Energiemarkt und der explodierenden Preise hat die EU die sogenannte Gasversorgungssicherheitsverordnung erlassen. Diese schreibt erstens eine EU-weite Speicherauslastung von 80 Prozent vor; und zweitens eine Bevorratung von 35 Prozent des Gasjahresbedarfs in den einzelnen Mitgliedsstaaten vor.

Dass die Regierung nun Drohgebärden in Richtung Gazprom mit Blick auf den Gasspeicher in Haidach ausspricht, hängt damit zusammen, dass Haidach zwar zu Deutschland gehört, aber auf österreichischem Boden liegt. Und Deutschland hier wenig bis kein Durchgriffsrecht hat. Wenn dieser Speicher aber leer bleibt, könnte das eben auch für Westösterreich zum Problem werden.

"Das Use-or-lose-Prinzip ist nicht ungewöhnlich in der regulierten Infrastruktur", erklärt Krug. In diesem konkreten Fall soll es sicherstellen, dass die dringend benötigte Speicher-Infrastruktur, die für die Versorgungssicherheit notwendig ist, auch tatsächlich genutzt wird. "Ansonsten sollte sie einem anderen Marktteilnehmer überlassen werden, der den Speicher dann befüllt."