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Ungemach für Ex-OMV-Chef Seele

Wirtschaft

Die Aktionäre verweigern dem Manager für 2021 die Entlastung - unter anderem wegen seiner Russland-Strategie.


Beim teilstaatlichen Wiener Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV hat sich zuletzt allerhand Zündstoff rund um den früheren Chef, Rainer Seele, angesammelt. Dies sorgte in der Jahreshauptversammlung am Freitag für einen Paukenschlag. Vorstand und Aufsichtsrat sprachen sich dagegen aus, Seele die Entlastung für das Geschäftsjahr 2021 zu erteilen.

Bei der Einzelabstimmung über die Vorstandsmitglieder für das Geschäftsjahr 2021 wurden alle übrigen Vorstände mit jeweils mehr als 99 Prozent der gültigen Stimmen entlastet - Seele wurde die Entlastung jedoch zu 71 Prozent verweigert. Gegen Seele stimmte unter anderem die Staatsholding Öbag, die 31,5 Prozent der OMV-Anteile hält. 24,9 Prozent gehören der ebenfalls staatlichen Investmentgesellschaft Mubadala aus Abu Dhabi.

Zuvor hatte bereits der Interessenverband für Anleger (IVA) damit aufhorchen lassen, dass er dem im Vorjahr zurückgetretenen Manager "wegen einiger Aktionen in der roten Zone" die Entlastung versagen werde. Konkret hatte er dabei auf Milliardenabschreibungen bei Firmenzukäufen hingewiesen, aber auch auf die langjährigen Gaslieferverträge mit Russland sowie das Sponsoring für russische Fußballklubs.

Darüber hinaus soll eine millionenschwere Sondervereinbarung mit dem Ex-Compliance-Chef der OMV, Robert Eichler, am Vorstand und Aufsichtsrat vorbei getroffen worden sein. "Das ist ein schwerwiegender Verdacht und muss dringend aufgeklärt werden", sagte IVA-Chef Florian Beckermann.

Sündenbock für Russland?

Geplant war, den übrigen Mitgliedern des OMV-Vorstands die Entlastung für 2021 zu erteilen, Seele jedoch nicht. Mit dieser Entscheidung wolle man das Ergebnis laufender Untersuchungen aber nicht vorwegnehmen, sagte Aufsichtsratspräsident Mark Garrett in der Aktionärsversammlung. "Rückblickend müssen wir feststellen, dass die Investitionen in Russland nach 2015 auf zu großem Vertrauen in Russland und Russlands Rolle in der internationalen Gemeinschaft gestützt waren."

Die Investitionen in Russland nach 2015 "waren ex post betrachtet ein Fehler", sagte Garrett zu Seeles Strategie. "Wenn wir nun im ersten Quartal 2022 zwei Milliarden Euro wertberichtigen müssen, müssen alle Beteiligten aufhören zu versuchen, die Entscheidungen zu verteidigen. Man kann nicht schönreden, was nicht schönzureden ist." Der Aufsichtsrat stehe jedenfalls hinter der Entscheidung des Vorstands, in Russland keine Investitionen mehr zu tätigen. "Die Verantwortung für die Versorgungssicherheit in Österreich und anderen Teilen Europas gebietet aber, die langfristigen Gaslieferverträge einzuhalten", betonte Garrett.

Nichtsdestotrotz ist die OMV gerade dabei, die bis 2040 laufenden Verträge auf Punkt und Beistrich zu prüfen, ob nicht doch ein Ausstieg möglich ist. Bis 2027 will Österreich aus Russland ja kein Gas mehr beziehen.

Durch die Verweigerung, Seele zu entlasten, behält sich das Unternehmen vor, Schadenersatzansprüche gegen den früheren Vorstandschef zu stellen. Dem Vernehmen nach soll die seit Februar neu amtierende Öbag-Chefin Edith Hlawati darauf gedrängt haben, dass alles lückenlos aufgeklärt wird. Sie selber ist am Freitag in den OMV-Aufsichtsrat gewählt worden.

In der Hauptversammlung beschlossen wurde auch die Dividende für das abgelaufene Jahr: 2,30 Euro pro Aktie. Die Republik Österreich kassiert damit gut 237 Millionen Euro. (kle)