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ÖBB am Limit

Von Bernd Vasari

Wirtschaft
Die ersten von acht neuen Railjets gehen erst Ende 2023 in Betrieb.
© getty images / Education Images / Universal Image

"Wir fahren jedes Fahrzeug, das wir haben." Neue Züge kommen erst ab Sommer 2023.


Den ÖBB gehen die Züge aus. Zu Pfingsten wurden zusätzlich 13.000 Plätze bereitgestellt, um den Fahrgast-Ansturm auf die Bahn zu bewältigen. Doch mehr Kapazität gibt es nicht. Neue Züge wurden zwar bestellt, bis 2027 investieren die ÖBB 4,1 Milliarden Euro für neue Fahrzeuge.

Wie die "Wiener Zeitung" erfuhr, können die ersten Garnituren aber erst im Sommer 2023 geliefert werden. So sollen dann 13 neue Nachtzüge starten. Und die ersten von acht neuen Railjets gehen sogar erst Ende 2023 in Betrieb.

Dabei zeigt das Passagieraufkommen steil nach oben. Es gibt um 14 Prozent mehr Fahrgäste als im selben Zeitraum 2019, dem bisher stärksten ÖBB-Reisejahr jemals. "Wir haben absolute Rekordzahlen", bestätigte zuletzt Sabine Stock das gestiegene Passagieraufkommen - sie ist ÖBB-Vorständin für Fern-, Nah- und Regionalverkehr. "Wir fahren jedes einzelne Fahrzeug, das wir haben", ergänzte Klaus Garstenauer, verantwortlich für das Flottenmanagement. An einigen Strecken war auch das zu wenig. Es kam vereinzelt zu Zugräumungen.

Pendler lassen ihr Auto stehen

Die neue Reiselust mit der Bahn beruht auf mehreren Ursachen, die alle gleichzeitig zusammenspielen. Von der ersten Kurzparkzone bis zum flächendeckenden Parkpickerl in Wien dauerte es knapp 30 Jahre, ein langer Prozess, der nun mit Zustimmung der letzten Bezirke beendet wurde. Viele Pendler lassen daher ihr Auto stehen, wenn sie nach Wien fahren und nehmen den Zug.

Auch die ersten Umweltmaßnahmen der Bundesregierung wirken. Seit seiner Einführung wurde das österreichweite Klimaticket mehr als 160.000 Mal verkauft. Laut Verkehrsministerin Leonore Gewessler kommen beständig rund 5.000 neue Kunden pro Monat hinzu, Tendenz zuletzt sogar steigend - die Erwartungen der Ministerin wurden dabei übertroffen.

Eine weitere Ursache sind die enorm angestiegenen Spritpreise, Autofahren ist für viele Menschen derzeit zu teuer.

Überfüllte Züge sind zu den Hauptreisezeiten die Folge. Die ÖBB stellen zusätzlich Personal auf den Bahnsteigen bereit, um die Menschen in den Zügen besser zu verteilen. Wenn aber ein Zugbegleiter nicht mehr rasch zu seinem Platz gelangen könne, um Sicherheitsdurchsagen zu tätigen, dann müsse dieser die Entscheidung treffen, Leute aus den Zug zu verweisen, heißt es. Das seien meist Menschen nahe der Türen. "Wir haben Verständnis für Frustration, wenn man aus dem Zug gehen muss", räumte Stock ein.

Abseits von verlängerten Wochenenden und Stoßzeiten sei die Nachfrage aber deutlich geringer. "Wenn wir die Kapazitäten so auslegen, dass immer alle gleichzeitig fahren können, dann stehen Züge sehr oft herum", sagte Stock. "Das ist für den Steuerzahler nicht darstellbar."

"Das größte Bahnausbaupaket"

Für die Zukunft planen die ÖBB eine Weiterentwicklung der App und einen Ausbau der digitalen Werkzeuge zum Buchen und auch fürs Einchecken in den Zug.

Weiters werden die heimischen Bahnstrecken großflächig ausgebaut. Darunter die Pottendorfer-Linie, die Fernverkehrszüge ab Ende 2023 nutzen können oder der Vollausbau der Marchegger Ostbahn von Wien Aspern Nord bis zur slowakischen Grenze nach Marchegg bis 2025. Insgesamt werden 18,2 Milliarden Euro investiert.

"Es ist das größte Bahnausbaupaket, das Österreich je gesehen hat", sagte dazu Verkehrsministerin Gewessler. Jetzt fehlen nur noch die Züge.