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Australischer Fonds will vom Flughafen Wien noch mehr

Von Karl Leban

Wirtschaft
Wien, Niederösterreich und die Mitarbeiterstiftung verkaufen ihre Flughafen-Anteile nicht.
© Flughafen Wien AG / Roman Boensch

Finanzinvestor IFM kündigt Übernahmeoffert an, weitere Anteile aber nur aus dem kleinen Streubesitz zu bekommen.


Vor mehr als sieben Jahren hat sich die australische Fondsgesellschaft IFM mit fast 30 Prozent beim börsennotierten Flughafen Wien groß eingekauft. Seither erwarb das Investmenthaus immer wieder weitere Anteile, da es Österreichs größten Airport nicht nur als Unternehmen mit Wachstumspotenzial, sondern auch als verlässlichen Dividendenzahler sieht. Zuletzt kauften die Australier über die Börse erneut Aktien zu, sodass ihre Beteiligung von 39,9 Prozent auf knapp mehr als 40 Prozent stieg. Die 40-Prozent-Marke zu überschreiten war beabsichtigt. Denn damit ist nach österreichischem Übernahmerecht nun ein Pflichtangebot für alle übrigen Flughafen-Aktionäre fällig geworden. Wie IFM am Montag mitteilte, lautet das Offert auf 33,00 Euro pro Aktie. Es liegt gut 25 Prozent über dem Schlusskurs vom vergangenen Freitag.

Laut ihrem Executive Director Werner Kerschl strebt die auf Infrastrukturbeteiligungen spezialisierte Fondsgesellschaft im Zuge ihres Pflichtangebots aber "keine mehrheitliche Kontrolle über das Unternehmen" an. Zumal nicht davon auszugehen sei, "dass die Stadt Wien, das Land Niederösterreich oder die Mitarbeiterstiftung ihre Anteile verkaufen werden", wie Kerschl sagte.

Wien und Niederösterreich sind als Kernaktionäre mit jeweils 20 Prozent am Flughafen Wien beteiligt und haben ihre Stimmrechte in einem Syndikatsvertrag gebündelt. Beide Bundesländer betonten am Montag, dass nicht geplant sei, ihre Beteiligung abzustoßen. Als Verkäuferin nicht infrage kommt auch die Stiftung der Airport-Beschäftigten, sie darf ihren 10-Prozent-Anteil gar nicht veräußern.

Weitere Anteile können die Australier deshalb nur über die Streubesitzaktionäre des Flughafens einsammeln, und das wollen sie auch. Viel Material kann von dort allerdings nicht kommen, weil mittlerweile weniger als 10 Prozent breit im Börsenpublikum gestreut sind. Sollten sämtliche Streubesitzaktionäre ihre Papiere IFM andienen, müsste der größte Einzelaktionär des Wiener Flughafens für insgesamt rund 8,4 Millionen Aktien auf Basis seines Angebots rein rechnerisch etwas mehr als 277 Millionen Euro flüssigmachen.

"Gut geführtes Unternehmen"

Zu den Motiven, warum sich IFM zusätzliche Aktien ins Portfolio holen will, erklärte Manager Kerschl in einer Presseaussendung: "Trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds in der Luftfahrtbranche sind wir von den starken Fundamentaldaten des Flughafens Wien und von Österreich als attraktivem Investitionsstandort überzeugt." Außerdem habe man den Flughafen seit dem Einstieg als Aktionär "als gut geführtes Unternehmen zu schätzen gelernt", wie Kerschl unterstrich.

Mit Blick auf das jetzige Angebot, das noch der üblichen behördlichen Genehmigungen harrt, sprach er von einem "attraktiven Preis". Vom operativen Führungsduo des Flughafens, Günther Ofner und Julian Jäger, gab es vorerst kein Statement zum Offert: Wie im Übernahmegesetz vorgesehen, werde der Vorstand ein Gutachten erstellen und innerhalb der vorgegebenen Fristen eine Stellungnahme abgeben.

Florian Beckermann, Chef des Interessenverbandes für Anleger (IVA), rät indes "aus fundamentaler Sicht" ab, das angekündigte Angebot anzunehmen. "Die Flughafen Wien AG ist trotz der Covid-19-Delle wirtschaftlich solide und nachhaltig aufgestellt", betont er. "Die bewusste Auslösung der Übernahmeschwelle nutzt die Kursschwäche der letzten Zeit und zielt auf die zittrigen Hände des Streubesitzes."

IFM gehört australischen Pensionsfonds

Bei der Suche nach lohnenden Investments ist das Fondshaus IFM rund um den Erdball tätig. Es steht im Besitz einer Gruppe australischer Pensionsfonds und investiert nach eigenen Angaben im Auftrag von mehr als 600 institutionellen Investoren, die für weltweit 120 Millionen Erwerbstätige und Pensionskassenmitglieder die Altersvorsorge managen. Per Ende März 2022 lag das Investitionsvolumen von IFM bei mehr als 58 Milliarden Euro.