Die Teuerung in Österreich hat sich weiter beschleunigt. Im Mai lag die Inflationsrate laut Statistik Austria bei 7,7 Prozent - nach 7,2 Prozent im April. Im Mai wurde damit die höchste Teuerungsrate seit April 1976 erreicht. Gegenüber dem Vormonat stieg das durchschnittliche Preisniveau um 0,8 Prozent. Die auf europäischer Ebene harmonisierte Inflationsrate (HVPI) betrug im Mai ebenfalls 7,7 Prozent.


"Erste Schätzungen des Mai-Wertes hatten noch einen Anstieg der Verbraucherpreise von 8,0 Prozent erwarten lassen, der durch die Reduktion der Energieabgaben auf Strom und Gas nun geringer ausgefallen ist", wird Statistik Austria-Generaldirektor Tobias Thomas in einer Aussendung zitiert.

Die steuerliche Entlastung wirkte sich laut der Statistikbehörde stärker bei den Strom- als bei den Gaspreisen aus. Bei letzteren lag die Teuerungsrate im Mai bei 72,4 Prozent, Strom verbilligte sich sogar um leichte 0,1 Prozent. Beim Heizöl ist die Inflation mit plus 97,8 Prozent weiter hoch, im Vergleich zum April (+100,4 Prozent) beruhigte sich die Dynamik aber etwas. Fernwärme war im Mai 16,5 Prozent teuerer als noch ein Jahr zuvor. Allgemein ließ der Preisdruck bei der Haushaltsenergie etwas nach. Im Mai lag die entsprechende Inflationsrate bei 25,4 Prozent nach 28,8 Prozent im April.

Die Kosten für Verkehr legten im Schnitt 19,1 Prozent zu. Dominanter Preistreiber waren hier die Treibstoffpreise, die um 50,5 Prozent stiegen. Flugtickets wurden im Jahresvergleich 57,3 Prozent teurer. Deutlich teurer wurden auch gebrauchte Kraftwagen (+24,4 Prozent), etwas geringer war die Teuerung bei neuen Kraftwagen (+7,8 Prozent).

Bei Nahrungsmitteln stiegen die Preise um 8,8 Prozent an. Die Preise für Gemüse legten um 12,5 Prozent zu. Fleisch wurde 11,3 Prozent teuerer, Brot und Getreideerzeugnisse 8,6 Prozent teuerer. Bei Obst war es ein moderateres Plus von 3,1 Prozent.

Hotels und Restaurants erhöhten ihre Preise im Schnitt um 7,3 Prozent. Für Beherbergungsdienstleistungen mussten 11,8 Prozent mehr bezahlt werden. Bewirtungsdienstleistungen wurden im Jahresabstand um 6,7 Prozent teuerer. Zum April lag der Preiszuwachs hier bei 1,3 Prozent und war damit einer der Haupttreiber der Teuerung in Monatsfrist. Wichtigster Preisdämpfer von April auf Mai war Strom (-5,9 Prozent).

Deutlich zugelegt hat die Inflationsdynamik bei den Warenkörben die den wöchentlichen und täglichen Bedarf abbilden. Der Miniwarenkorb, der einen wöchentlichen Einkauf mit Nahrungsmittel und Dienstleistungen aber auch Treibstoffen abbildet, verteuerte sich von Mai 2021 auf Mai 2022 um 15,4 Prozent.

Das Preisniveau des Mikrowarenkorbs, der neben Nahrungsmittel auch Tageszeitungen oder den Kaffee im Kaffeehaus enthält und den täglichen Einkauf widerspiegelt, stieg im Jahresvergleich um 8,4 Prozent. Unter den Bestandteilen dieses Warenkorbes war die Teuerung beim Butter am deutlichsten (+30,6 Prozent), Mineralwasser wurde 15,1 Prozent und Milch 10,7 Prozent teuerer. Ein kleiner Brauner oder ein Espresso kosteten 4,5 Prozent mehr, die Tageszeitung wurde um 2,5 Prozent teuerer. Einen leichten Preisnachlass um 0,5 Prozent gab es für Vollmilchschokolade.

Auch über den Mai hinaus sei mit einer weiter steigenden Inflationsdynamik zu rechnen. Das sagte der IHS-Chef Klaus Neusser im Ö1-Mittagsjournal vom Freitag. Der Ökonom erwartet den Höhepunkte der Inflation im Herbst, danach sollte die Teuerungsrate langsam zurückgehen. Die Entwicklung bei den Gaspreisen sei dabei der größte Unsicherheitsfaktor, so Neusser. Der IHS-Chef geht zudem nicht davon aus, dass das von der Regierung beschlossene Anti-Teuerungspaket die Inflation weiter antreiben wird. Dies sei nur der Fall, wenn die Maßnahmen den Kaufkraftverlust durch die höheren Preise überkompensieren.

Angesichts der jüngsten Inflationsdaten fordert die SPÖ von der Regierung eine "echte Teuerungsbremse", wie die Sozialdemokraten in einer Aussendung schreiben. Die Oppositionspartei ruft die Regierung auf, die Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, Strom, Gas und Treibstoffe befristet auszusetzen. Mieterhöhungen sollen zudem rückgängig gemacht und die Kategorie- und Richtwertmieten bis 2025 eingefroren werden, so die SPÖ-Forderung.

Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will sieht in der aktuellen Preisentwicklung eine "echte Herausforderung" für den Handel. Ursache der aktuellen Teuerungswelle seien die massiv gestiegenen Kosten für Energie und Treibstoffe in Folge des Ukraine-Krieges und der Pandemie. "All das wirkt direkt auf die Lebensmittelpreise - durch höhere Produktionskosten, höhere Lieferkosten, höhere Kühlungskosten und höhere Instandhaltungskosten", so Will. Die Versorgungslage in Österreich sei aber stabil, betont der Handelsverband aber in seiner Aussendung.

Auch in Eurozone kletterte Inflation auf Rekordwert

Die hochschießenden Energiepreise hieven die Inflation im Euroraum auf ein Rekordniveau. Die Verbraucherpreise kletterten im Mai durchschnittlich um 8,1 Prozent binnen Jahresfrist, wie das Statistikamt Eurostat am Freitag mitteilte und damit eine erste Schätzung bestätigte. Im April und März war die Teuerung noch bei 7,4 Prozent gelegen.


Die Inflationsrate ist damit inzwischen mehr als viermal so hoch wie das Ziel der Europäischen Zentralbank (EZB). Die Notenbank strebt als optimales Niveau für die Wirtschaft mittelfristig 2,0 Prozent Teuerung an.

Wegen der Entwicklung haben die Währungshüter nach einem Jahrzehnt der ultralockeren Geldpolitik inzwischen einen Kurswechsel eingeleitet. Die EZB hat angekündigt, die wichtigsten Zinssätze im Juli um jeweils 0,25 Prozentpunkte anheben zu wollen. Das wäre die erste Zinserhöhung seit elf Jahren. Und weitere Schritte nach oben sind fest eingeplant. Es gibt bereits Stimmen aus der Notenbank, bei der September-Sitzung die Zinsen dann noch kräftiger um 0,50 Prozentpunkte anzuheben. Aus Sicht von Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau muss die EZB handeln, da der Preisschub inzwischen breit angelegt ist.

Die Preise für Energie legten laut Eurostat im Zuge des Ukraine-Kriegs im Mai zum Vorjahr um 39,1 Prozent zu. Die Preise für unverarbeitete Lebensmittel kletterten um 9,0 Prozent, Dienstleistungen verteuerten sich um 3,5 Prozent. Die Preise stiegen auf breiter Front, was die sogenannte Kernrate zeigt, bei der die schwankungsreichen Preise für Energie und unverarbeitete Lebensmittel herausgerechnet sind. Diese Rate erhöhte sich im Mai auf 4,4 Prozent. Im April hatte die Kernrate noch bei 3,9 Prozent gelegen (apa).