Zum Hauptinhalt springen

Energiesparen, aber richtig

Von Marijana Miljković

Wirtschaft

Der Umgang mit Ressourcen ist oft verschwenderisch. Die aktuellen Krisen erfordern Kraftakte, sich einzuschränken.


Tempo 100 auf der Autobahn? Sicher nicht! Freiheit! Raumtemperatur um ein bis zwei Grad im Winter senken und dafür einen Pulli über dem T-Shirt tragen? Viel zu kalt!

Bei Themen, die Einschränkung bedeuten, ist Abwehrhaltung programmiert. Dass es aber dazu kommen muss, suggerieren nicht nur die Organisatoren des "Earth Overshoot Day", des Erdüberlastungstages. Auch die derzeitige Energiekrise macht offensichtlich, dass es zu Einschränkungen kommen muss.

Bereits am 28. Juli wird die Menschheit die für dieses Jahr verfügbaren natürlichen Ressourcen der Erde verbraucht haben, berechnete die Initiative Global Footprint Networks mit Sitz in den USA und der Schweiz. Demnach verbrauchen die Menschen im Jahr 2022 die Ressourcen von 1,8 Erden, nach österreichischer Lebensweise sind dies sogar 3,5 Erden, so die Plattform Footprint. Die Politik müsse nun die Chance in Zeiten steigender Energiepreise ergreifen "und den Turbo beim Ausstieg aus fossiler Energie zünden", fordern die Umweltschützer.

Teuerung als Motivator

Stichwort steigende Energiepreise: Spätestens im Herbst wird niemand um das Thema Energiesparen herumkommen. Da gilt es, Maßnahmen zu setzen, die in der Bevölkerung auch akzeptiert werden. Diesem Thema widmeten sich Wissenschafterinnen und Wissenschafter des Instituts für Höhere Studien (IHS).

In einem Policy Brief geben sie Empfehlungen aus der Verhaltenswissenschaft, wie die Gesellschaft beim Senken des Energieverbrauchs und der Nutzung erneuerbarer Energiequellen unterstützt werden kann, von privaten Haushalten über öffentliche Institutionen bis hin zu Unternehmen - zumal Energiesparen auch aus volkswirtschaftlichen Gründen erforderlich ist: "Die hohen Energiepreise belasten die Gesellschaft durch hohe Wohn- und Produktionskosten und tragen substanziell zur außergewöhnlich hohen Inflation bei", schreiben die Autoren.

Die Teuerung trifft nicht alle gleich, deswegen werde es unterschiedliche Maßnahmen für die Land- und Stadtbevölkerung, für ärmere und reichere Haushalte und für Unternehmen brauchen. Nicht in jeder Zielgruppe sei beispielsweise der Preis eine Motivation, sagt Verhaltensökonomin und Studienautorin Katharina Gangl.

Der "Clou" in der aktuellen Situation sei es, beispielsweise einem reichen Haushalt nicht zu kommunizieren, dass er sich die Beheizung seines Pools nicht leisten kann, denn die Kosten spielen in vielen Fällen keine Rolle, erläutert Gangl, "sondern, dass wir alle Gas einsparen müssen, damit die Lebensmittelproduktion sichergestellt werden kann".

Doch wie motiviert man Menschen, Energie zu sparen und sich einem gemeinsamen Ziel zu verschreiben? Laut Autoren erreicht man das durch Information, Anreize, entsprechende Gesetze und Strafen, aber auch durch die Setzung von konkreten Zielen.

"Es reicht nicht zu sagen: Wir als Firma sollen Energie sparen, sondern, es ist wichtig, das Ziel zu nennen: 20 Prozent soll eingespart werden", erläutert Kira Abstiens, eine der Studienautorinnen. Das gemeinschaftliche Organisieren von Ressourcen wird an Bedeutung gewinnen, etwa, wenn eine Nachbarschaft beschließt, in ihrer Siedlung Photovoltaikanlagen zu installieren, um nicht jedem Einzelnen die komplexe Umsetzung selbst zu überlassen. Das fängt bei einer gesicherten Finanzierung und gemeinsamen Beschaffung der Paneele an und reicht bis zur Montage, die laut Wissenschafterin Gangl in Zeiten von Fachkräftemangel auch von Bundesheer-Soldaten, die als Hilfskräfte angelernt werden könnten, übernommen werden kann.

Gemeinden oder Vereine können Infoveranstaltungen mit Energieberatern organisieren, Institutionen und Unternehmen ihre Räume im Winter standardmäßig nur auf 19 Grad Celsius heizen. Auch in Haushalten sollten energiesparende Default-Einstellungen gewählt werden, so die Vorschläge. Wichtig sei, dass die Menschen Ergebnisse sehen und das Gefühl haben, gemeinsam etwas zu bewirken - auch wenn sie politisch unterschiedlicher Meinung sind.