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Arbeiterkammer prüft Antrag auf Einsetzung der Preiskommission

Von Bernd Vasari

Wirtschaft
Im Juli lag die Inflation bei 9,2 Prozent, so hoch lag sie zuletzt 1975.
© Getty Images

Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher würde Antrag stattgeben.


Im Juli hat die Teuerung noch mehr an Fahrt aufgenommen. Laut einer Schnellschätzung der Statistik Austria dürfte die Inflationsrate im Juli auf 9,2 Prozent gestiegen sein, nachdem sie im Juni bereits bei 8,7 Prozent lag. Die Inflationsrate ist damit so hoch wie zuletzt im März 1975. SPÖ, FPÖ, Gewerkschaftsbund (ÖGB) und Arbeiterkammer (AK) pochen nun auf Preisdeckel für Energie, Lebensmittel und Sprit.

Mehr können sie aber nicht tun, um ihren politischen Willen Ausdruck zu verleihen. Mit Ausnahme der Arbeiterkammer. Laut dem Preisregelungsgesetz ist sie ein Vertreter der Preiskommission, die Preisdeckel für Güter wie Mehl, Bier und Benzin festlegen kann. Wie die "Wiener Zeitung" erfuhr, prüft die Arbeiterkammer nun einen Antrag zu stellen auf Einsetzung der Preiskommission.

"Die Einberufung der Preiskommission ist dann gerechtfertigt, wenn die Preiserhöhung nicht mehr nachvollziehbar ist", sagt Helmut Gahleitner, Wirtschafts-Referent der AK. Und dieser Zeitpunkt sei erreicht worden. Gahleitner verweist auf Diesel und Benzin, wo sich die Bruttomargen mittlerweile verdreifacht haben. "Das ist ein Indiz dafür, dass es untersuchungswürdig ist", sagt er. Auch die Lebensmittel des täglichen Bedarfs müssten geprüft werden. Im Rahmen des Verfahrens seien Betriebsprüfungen möglich. "Damit können die Herstellungskosten in Erfahrung gebracht werden", sagt er. Sind die Preise schneller gestiegen als die Herstellungskosten, kann es zu Sanktionen kommen.

Kocher lehnt Preisdeckel auf Sprit und Lebensmittel ab

Geprüft werden noch die Auswirkungen eines Antrags. Wirtschaftsminister Martin Kocher könnte die Verantwortung von sich auf die Kommission abschieben, befürchtet Gahleitner. "Der Minister könnte sich zurücklehnen, dabei sind jetzt schnelle Entscheidungen notwendig."

Einen Antrag der Arbeiterkammer müsste Kocher jedenfalls zustimmen. Auf Nachfrage der "Wiener Zeitung" würde er dies auch tun. "Ich würde keinen Antrag ignorieren", sagt er. Die Preiskommission würde daher eingesetzt werden.

Kocher lehnt Preisdeckel auf Sprit und Lebensmittel aber ab. Er verweist auf die regen Tätigkeiten der Kommission in seiner Jugend. "Damals war der Semmelpreis geregelt, mit dem Ergebnis, dass es beim Bäcker nur noch Handsemmeln gab, für die der Preisdeckel nicht galt." Auch sonst würden preisgeregelte Güter bald vom Markt verschwinden.

Neben der Arbeiterkammer besteht die Kommission, die beim Wirtschaftsministerium angesiedelt ist, aus Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer, sowie aus je einem Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen, für Land- und Forstwirtschaft und für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz.

Die Geschichte der Kommission geht auf die Nachkriegszeit zurück. Sie wurde 1957 gegründet und begründete die Sozialpartnerschaft. Sie basierte nicht auf einer gesetzlichen Regelung, sondern ausschließlich auf freier Übereinkunft der Beteiligten. Mit Erfolg. Jahrzehntelang bestimmten die Sozialpartner die Preise von Lebensmittel und Sprit. Ende der 80er Jahre begann die OMV gegen den Willen der Sozialpartner die Heizöl- und Dieselpreise anzuheben. Die Macht der Sozialpartner bröckelte. Im November 1992 kam es zum Sozialpartnerabkommen mit der Regierung. Demnach sollte die Preiskommission in Folge auf Einladung des Finanzministers vierteljährlich zusammentreffen. Doch es kam zu keiner Einladung mehr.

Zuletzt tagte die Preiskommission während der Wirtschaftskrise im Jahr 2008. Den Antrag stellte damals die Arbeiterkammer. Die Mehrheit in der Kommission war jedoch dagegen. Ein halbes Jahr nach dem Antrag wurde das Verfahren wieder eingestellt. Nun könnte es die Arbeiterkammer wieder versuchen.