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Warum der Gaspreis gesunken ist

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Von der Leyen kündigt Markteingriffe an. Gaspreis gab trotz Nord-Stream-1-Wartung nach.


Derzeit wird die deutsche Gaspipeline Nord Stream 1, immerhin eine der wichtigsten Gasrouten von Russland nach Europa, bis Samstag "gewartet", wie es seitens Gazprom heißt. Das bedeutet, dass über diesen Strang derzeit kein Gas nach Europa fließt. Und eigentlich müsste der Gaspreis steigen, weil das Angebot am Energiemarkt dadurch noch knapper wird. Das tut er aber nicht. Ganz im Gegenteil, der Gaspreis hat sich in den vergangenen drei Tagen im Großhandel fast halbiert. Und das hat zwei wesentliche Gründe.

EU greift in Strommarkt ein

Am Montag wurde nicht nur das Ausmaß des Wien-Energie-Debakels bekannt. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verkündete, dass angesichts der explodierenden Energiepreise und massiven Verwerfungen am Markt, die Kommission eine Reform des EU-Strommarktes plane. Wie genau diese aussehen wird, ist noch Gegenstand von Verhandlungen. Das Ziel ist aber jetzt schon klar: Strom und Gas müssen wieder billiger werden.

Am Freitag kündigte von der Leyen auch noch an, dass ein Gaspreisdeckel auf russisches Pipelinegas denkbar sei. Russland Ex-Präsident Dmitri Medwedew drohte sofort, dass Russland Gaslieferungen nach Europa einstellen werde, wenn die EU eine Preisobergrenze für russisches Gas durchsetzt.

Von der Leyen verkündete auch, dass sie Zufallsgewinne von Stromerzeugern teilweise abschöpfen will, "um gezielt kleine Einkommen und vulnerable Unternehmen zu unterstützen". Allein diese Ankündigungen reichten, um die Gas- und Strompreise an den europäischen Energiebörsen seit Wochenbeginn nahezu zu halbieren. Und das obwohl wegen der derzeit stillgelegten Nord Stream 1 nochmals deutlich weniger Gas fließt. Die Pipeline soll übrigens am Wochenende wieder in Betrieb gehen.

Aber Käufer und Verkäufer von Gas und Strom im Großhandel dürften nun mit Markteingriffen und sinkenden Preisen rechnen, was die Preise wieder deutlich sinken lässt.

Speicher zu 80 Prozent voll

Und noch etwas Wichtiges ist diese Woche passiert: Die Gasspeicher der Europäischen Union haben sich zu 80 Prozent mit Gas gefüllt. Und das deutlich vor dem dafür veranschlagten 1. November. In Österreich fehlen auf die 80 Prozent - was im Übrigen auch 80 Prozent des Jahresbedarfs entspricht - nur noch 14 Prozentpunkte. Das bedeutet also, dass nun weniger Gas zur Einspeicherung eingekauft wird und dass die EU-Länder nun zumindest über eine Notfallreserve verfügen. Damit müssen sie jetzt auch nicht mehr große Mengen Gas zu den aktuell hohen Preisen einkaufen und bevorraten. Wenn nun also weniger Gas nachgefragt wird, sinkt auch der Preis. Was zumindest vorsichtig auf einen nicht ganz so kalten und teuren Winter in der EU hoffen lässt.