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Automatisierte Strompreisbremse kommt

Von Marijana Miljković

Wirtschaft

Regierung verteidigt Maßnahme als "schnelle, niederschwellige und einfache Hilfe". Strompreisbremse gilt bis Mitte 2024.


Bis Juni 2024 soll sie gelten, drei bis vier Milliarden Euro wird sie kosten: Die Bundesregierung hat am Mittwoch die sogenannte Strompreisbremse beschlossen. Als Reaktion auf steigende Energiepreise sieht diese einen gesponserten Tarif von 10 Cent pro Kilowattstunde (kWh) bei einem Verbrauch von 2.900 kWh jährlich pro Haushalt vor. 500 Euro wird ein Haushalt so einsparen können, das gilt auch für Zweitwohnsitze.

Bei diesen 10 Cent pro kWh, beziehungsweise 12 Cent einschließlich Umsatzsteuer, handelt es sich um einen Richtpreis, wie er vor der Krise war. Der von der schwarz-grünen Regierung festgelegte obere Schwellenwert liegt bei 40 Cent pro Kilowattstunde, was bedeutet, dass jemand, der 40 Cent pro kWh zahlen muss, 30 Cent vom Staat erhält. Bei 45 Cent sind es ebenfalls 30 Cent. Mit der Obergrenze soll verhindert werden, dass Energieversorgungsunternehmen angesichts dieser Unterstützungsleistung die Preise weiter anheben.

Das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) hat eine weitere Befürchtung: "Dieser Ankerpreis kann dazu führen, dass (mittelfristig) alle Energieversorgungsunternehmen einen Einheitstarif zu 40 Cent anbieten werden, um die Differenz zwischen dem Ankerpreis und ihrem Schattentarif (kalkulatorischer Strompreis) abzuschöpfen", so die Experten in einer Presseaussendung.

Zusatzhilfen für GIS-Befreite

Die Strompreisbremse wirke auf 80 Prozent des Durchschnittsverbrauchs eines Haushalts, sagte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) im Pressefoyer nach dem Ministerrat. Zusätzliche Hilfen werden jene beantragen können, die von den Rundfunkgebühren befreit sind. Das werde ein Abschlag von 75 Prozent der Netzkosten sein, was bis zu 200 Euro für 300.000 Menschen wären. Ebenfalls zusätzlich entlastet sollen Haushalte werden, in denen mehr als drei Personen wohnen, denn die 2.900 kWh richten sich an einen durchschnittlichen Drei-Personen-Haushalt. Dafür sei mit den Energieversorgungsunternehmen ein Antragsmodell ausgearbeitet, sagte Gewessler.

Kritik zur sozialen Treffsicherheit, die im Vorfeld laut wurde, versuchten die Minister, allen voran Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) zu entkräften: Man habe ein automatisiertes System geschaffen, um den Menschen schnelle, niederschwellige und einfache Hilfe zukommen zu lassen, sagte er. Außerdem sei die Strompreisbremse nicht die einzige Maßnahme.

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Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sagte, es gehe, "bei allen Unschärfen" um die Deckung des Grundbedarfs an Strom. Die angesprochenen Unschärfen sind jene der Zweitwohnsitze, der beheizten Swimmingpools oder E-Autos. "Man kann Einzelfälle am Rand nicht ins Zentrum einer Maßnahme stellen", so Kogler. Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) ergänzte, dass bei den Zweitwohnsitzen ja auch Pendler und Studenten berücksichtigt seien.

Wifo: Anreiz zum Sparen fehlt

Wifo-Chef Gabriel Felbermayr, auf dessen Vorschlag hin die Regierung die Strompreisbremse erarbeitet hatte, nannte es in einem Ö1-Interview einen "Kardinalfehler", dass die Haushaltsgröße nicht automatisch berücksichtig worden sei. In einem Medienstatement hielten die Wifo-Expertinnen zudem fest: "Für kleine Haushalte wurde durch diese großzügige Bemessungsgrundlage auf die Möglichkeit, Anreize für Energieeinsparungen zu setzen, verzichtet. Durch die fehlende Differenzierung zwischen Haupt- und Nebenwohnsitz ist die Treffsicherheit des Instrumentes weiter deutlich eingeschränkt."

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Auch von den ÖVP-Landespolitikern in Vorarlberg und Tirol hatte es Kritik gegeben, nämlich, dass die Strompreisbremse dort kaum wirksam sei, weil die Strompreise ohnehin niedriger seien als im Osten. Nehammer argumentierte, die Bremse sei zeitlich so angesetzt, dass sie auch greift, wenn in Vorarlberg und Tirol Teuerungen anstehen. Mit einzelnen Förderungen kommen sich Bund und Bundesländer, etwa Niederösterreich, das seine Bevölkerung im Vorfeld des Wahlkampfes ebenfalls entlasten will, nicht in die Quere. Demnach gilt im Fall Niederösterreichs sowohl die Bundes- als auch die Landesförderung.

Strom gespart solle trotzdem werden, betonten Gewessler und Kogler. "Jede eingesparte Kilowattstunde Strom im Winter dient der Sicherung des Wirtschaftsstandorts und dem Erhalt von Arbeitsplätzen", sagte Kogler in Hinblick auf den Umstand, dass zur Stromerzeugung im Winter Gas eingesetzt wird, das in der Industrie zur Produktion essenziell ist. Auch Unternehmen sollen künftig entlastet werden - an den Maßnahmen arbeitet derzeit das Wirtschaftsministerium. Ob es verpflichtend sein wird, Strom zu sparen, verneinten Kogler und Gewessler. Die Klimaministerin will bereits Mitte September eine Kampagne zum Stromsparen vorstellen.