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SPÖ will gemeinsamen Gaseinkauf in Europa

Von Marijana Miljković

Wirtschaft

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner holte sich Expertise von Ex-Kanzler Kern.


Das derzeitige Merit-Order-System aussetzen, um der Preisexplosion bei Strom und Gas beizukommen - das ist unterm Strich der Vorschlag, den die SPÖ am Donnerstag präsentierte. Er kommt aber nicht von irgendwem aus der SPÖ, sondern von Ex-Kanzler Christian Kern, der im Auftrag der Bundesparteivorsitzenden Pamela Rendi-Wagner das dazugehörige Modell ausgearbeitet hat.

"Was wir alle in Europa sehen, ist, dass das Energiemarktsystem an seine Grenzen stößt", sagte Rendi-Wagner vor Journalistinnen und Journalisten in Wien. Ein Markt, der nicht funktioniert, bedeute ein Risiko für den Standort, die Volkswirtschaft und berge soziale und gesellschaftliche Probleme, so Rendi-Wagner: "Ein starker Eingriff in den Energiemarkt ist dringend notwendig", so die SPÖ-Chefin.

Kern, nunmehr Unternehmer in der Energiebranche, plädierte für eine europäische Lösung: ein zentraler Einkauf von Gas, der zu einem gestützten Preis von 50 Euro pro Megawattstunde an die Bevölkerung und Industrie weitergegeben wird. Das würde sowohl die Gaspreise als auch die Stromkosten senken, die sich nach den Gaspreisen richten (das teuerste Kraftwerk, in letzter Zeit Gas, bestimmt den Strompreis: Merit Order).

Wucht der Preissteigerungen

"Es ist keine Übertreibung, dass die Preise bis zu 1.000 Prozent gestiegen sind. Die Preissteigerungen sind noch nicht bei den Unternehmen angekommen. Die ganze Wucht wird unsere Wirtschaft erst erreichen", sagte Kern. Er bringt das Beispiel eines großen österreichischen Einzelhändlers, ohne Firmennamen zu nennen. Demnach zahlte das Unternehmen 2021 noch 8,5 Millionen Euro für Strom, der Einkauf für 2023 beläuft sich auf 135 Millionen Euro, was eine Verachtzehnfachung bedeute, so Kern. Ein zentraler Gaseinkauf würde auch einen Deckel für Strom von beispielsweise 170 Euro pro MWh bedeuten, würde aber das "Geschäftsmodell der Spekulation" mit dem Gaspreis beenden. Das Modell würde etwas kosten, nämlich neun Milliarden Euro oder "so viel wie alle Regierungsmaßnahmen zusammen, die nicht so nachhaltig sind", so Rendi-Wagner. Einsparen würde man dadurch aber 21 Milliarden Euro, so Kern. Nach 24 Monaten müsste man das Modell evaluieren.

Der "Schulterschluss" der beiden vermeintlichen politischen Rivalen war schließlich auch Thema des gemeinsamen Pressegesprächs. Ob Kern denn nun freier Mitarbeiter von Rendi-Wagner wäre, lautete eine humorige Frage, was die beiden schmunzeln - und verneinen ließ. Die SPÖ-Chefin nannte die besorgniserregende Situation auf den Energiemärkten als Grund und verwies auf Kerns Expertise. Kern sagte, dass es bei dieser "einmaligen Veranstaltung" bleiben werde.