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Wie wir heimlich mehr zahlen

Von Mirjam Hangler

Wirtschaft
Böse Überraschungen beim Einkauf. Immer mehr Konsumenten ärgern sich über Mogelpackungen.
© stock.adobe.com / Drazen

Weniger in der Verpackung fürs gleiche Geld - Hersteller machen Produkte im Supermarkt unbemerkt teurer.


Statt zwölf Würstchen sind es plötzlich nur noch elf - bei gleichem Preis. Seit kurzem ist im XXL Family Pack von Knabber Nossi ein Stangerl weniger drin, berichtete das Testmagazin "Konsument". Den Preis im Supermarkt hat das fehlende Würstchen aber nicht beeinflusst, der ist gleich geblieben. Auch Pringles befüllt seine Dosen der regulären Sorten nur noch mit 185 Gramm Chips statt mit 200 Gramm und hat am Preis nichts geändert.

Dieses Vorgehen nennt man Shrinkflation - ein Kunstwort aus "shrink" und "Inflation". "Shrinkflation bedeutet, dass man den Füllinhalt einer Verpackung verringert, aber der Preis gleich bleibt", sagt Gabriele Zgubic von der Abteilung Konsumentenschutz der Arbeiterkammer.

Versteckte Teuerung

Shrinkflation ist eine versteckte Teuerung, weil der Preisanstieg oft auf den ersten Blick nicht erkennbar ist. Häufig bleiben die Packungsgrößen gleich, aber die Produktmenge wird verringert. Dadurch fällt die Preissteigerung nur auf, wenn man auf den Grundpreis - der Preis pro Kilogramm oder Liter - schaut. Damit sind Produkte im Supermarkt miteinander vergleichbar, auch wenn die Packungen unterschiedlich groß sind.

"Der Grundpreis muss bei den meisten Lebensmitteln am Preisschild angegeben sein", erklärt Teresa Bauer vom Verein für Konsumenteninformation (VKI). Für sie ist Shrinkflation kein neues Phänomen. 2009 wurde die entsprechende Verordnung geändert, wodurch Hersteller die Verpackungen freier gestalten können. "Seitdem haben Hersteller beispielsweise bei den Füllgewichten von Schokoladetafeln deutlich mehr Spielraum", sagt die Expertin. Dennoch traten versteckte Preiserhöhungen in den letzten Wochen und Monaten häufiger auf als davor. Als Hauptgrund dafür nennt Bauer gestiegene Rohstoffpreise.

Auch Knabber Nossi gibt auf Anfrage "massive Preissteigerungen" beim Fleisch als Grund für die versteckte Teuerung an. "Dazu kommen allgemeine Kostensteigerungen im Produktionsprozess und bei der Verpackung", so Andreas Nentwich, Geschäftsführer von Maresi, der Konzern, zu dem Knabber Nossi gehört. Dass sich Kunden durch das eine Würstchen weniger beim Kauf getäuscht fühlen, kann er nicht nachvollziehen, weil sich die Größe der einzelnen Stangerl nicht geändert hat. Geändert hat sich nur die Anzahl der Würstchen in der Packung. Und die steht - kleiner als vorher - auf der Vorderseite des Beutels.

Neues Design, alter Preis

88 Prozent. Um so viel ist 2021 der Preis der Paprika-Sauce von Homann in deutschen Supermärkten gestiegen. Damit hat die Sauce den Titel "Mogelpackung des Jahres 2021" gewonnen, der von der Verbraucherzentrale Hamburg verliehen wird. Bei besagter Paprika-Sauce wurden das Design und der Name angepasst - und die Füllmenge. Statt 500 Millilitern sind es seit 2021 nur noch 400 Milliliter. In manchen Supermärkten kletterte dazu auch noch der Preis nach oben.

In Deutschland ist gesetzlich nicht klar geregelt, wann sich Firmen mit Mogelpackungen strafbar machen, es gibt eine Richtlinie mit einen Grenzwert von maximal einem Drittel Luft in der Verpackung. Auch in Österreich sind die Regelungen schwammig. Laut Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb sind irreführende Geschäftspraktiken strafbar. Diese gelten unter anderem als irreführend, wenn Konsumenten eine Kaufentscheidung aufgrund einer Täuschung treffen. Das kann zum Beispiel eine zu große Verpackung für zu wenig Produkt sein. Ob aber tatsächlich eine Täuschung vorliegt, muss im Einzelfall entschieden werden. Das bedeutet: "Shrinkflation ist möglich und zumeist rechtlich auch in Ordnung", so Expertin Teresa Bauer.

Dass solche Vorgehensweisen aber auch in Österreich Konsequenzen haben können, hat das Urteil im Juli gegen den Wiener Süßwarenhersteller Manner gezeigt. Das Handelsgericht Wien hat, nicht rechtskräftig, befunden: Die Verpackung des Schüttelbeutels von "Manner Mozart Mignon" ist irreführend. Manner verkauft drei verschiedene Sorten von Schnitten in gleich großen Schüttelbeuteln. Allerdings ist die Sorte "Mozart Mignon" mit 300 Gramm Waffeln befüllt, die anderen mit 400 Gramm. Von außen ist für die Konsumenten der unterschiedliche Füllstand der Verpackungen nicht zu erkennen.

"Wir würden uns wünschen, dass eine Preiserhöhung gekennzeichnet wird", sagt Bauer. Man könne etwa über standardisierte Verpackungsgrößen nachdenken, sagt Zgubic. Das hieße, dass die Hersteller die Verpackungsgrößen nicht selbst festlegen können, sondern dass es vorgeschriebene Größen für bestimmte Inhaltsmengen gibt. "Dann ist die Preiserhöhung wahrnehmbarer für die Konsumenten", so Zgubic.