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Jeder Vierte sucht einen neuen Job

Von Bernd Vasari

Wirtschaft
Firmen müssen sich immer mehr bemühen, ausreichend und qualifizierte Mitarbeitende zu finden.
© getty images / Tetra images RF

Umfrage: "Seit der Corona-Pandemie stiegen die Gehaltsvorstellungen um 6 Prozent."


Wann der Arbeitstag beginnt, wieviel Gehalt gezahlt wird und wie lange die Pausen sein dürfen, bestimmten bisher die Unternehmen. Auf flexible Arbeitsbedingungen, ein freundliches Arbeitsumfeld und die Förderung der Balance zwischen Arbeit und Freizeit pochen hingegen die Arbeitnehmer. Und sitzen mit diesen Vorstellungen immer öfter am längeren Ast.

"Vom Arbeitgebermarkt zum Arbeitnehmermarkt", fasst Daniel Hauser die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt zusammen. "Es gibt ein Überangebot an Arbeitsstellen und eine kleine Zielgruppe", sagt er. Hauser arbeitet als Senior Employer Branding Strategist beim Beraterunternehmen Universum. Er erforscht die Attraktivität von Arbeitgebern. Was einen Arbeitgeber attraktiv macht und wer die Top-Unternehmen des Landes sind, untersuchte er in einer aktuellen Studie. Befragt wurden knapp 10.000 Studierende an 33 heimischen Universitäten und Hochschulen.

Die Zahl der ausgeschriebenen Stellen ist seit der Corona-Krise stark gestiegen. Waren es vor der Pandemie noch rund 100.000 Jobs pro Quartal, die in Österreich ausgeschrieben wurden, so waren es zuletzt sogar mehr als 140.000. Derzeit können 137.000 Stellen in Österreich nicht besetzt werden. Unternehmen müssen ihre Bewerber daher an der Hand nehmen, sagt Hauser. "Nur eine Jobbeschreibung zu schicken, reicht nicht aus."

Wünsche von Bewerbern und Erwerbstätigen nehmen zu

Umgekehrt nehmen die Wünsche der Bewerber, aber auch der Erwerbstätigen zu. Die Möglichkeit von Homeoffice steht ganz oben auf der Wunschliste. Auch die Flexibilität steigt. Jeder Vierte würde über einen Jobwechsel nachdenken, jeder Sechste plant bereits konkret.

Ein wichtiger Faktor ist das Gehalt. "Seit der Corona-Pandemie stiegen die Gehaltsvorstellungen um 6 Prozent", sagt Hauser. "Die Studierenden wissen, dass sie rar sind", sagt er. "Sie wissen um ihren Marktwert." Zudem werde die Erwerbstätigkeit sinken. Aufgrund von schrumpfenden Geburtenraten wird es im Jahr 2050 um 300.000 weniger Erwerbstätige geben als heute - Migration nach Österreich bereits miteinberechnet.

Digitalisierung und Automatisierung führten nicht zu einer Reduzierung von Jobs, erklärt Nikolai Dürhammer, Geschäftsführer der Jobbörse Stepstone Österreich und Schweiz - Mutterunternehmen von Universum. Die Arbeitsproduktivität sei in den vergangenen Jahren bei 1 Prozent gelegen. "Es müssen alle Zielgruppen adressiert werden", sagt er. "Wir brauchen jede Frau und jeden Mann im Erwerbsleben, wir brauchen mehr Vielfalt." Und weiter: "Wir können es uns nicht leisten, Menschen auszuschließen, nur weil sie etwa eine andere Muttersprache haben."

Eine Entspannung am Arbeitsmarkt sei nicht in Sicht, auch wenn zuletzt weniger Jobs ausgeschrieben wurden. "Wir sehen eine Nivellierung auf sehr hohem Niveau", sagt Dürhammer. Auch Klimakrise und der Krieg in der Ukraine seien kaum ausschlaggebend. "Der Arbeitsmarkt ist erstaunlich robust geblieben. Der Arbeitsmarkt entkoppelt sich vom konjunkturellen Geschehen, trotz drohender Rezession."

Zu den beliebtesten Arbeitgebern Österreichs zählen der Umfrage zufolge unter vielen anderen Firmen und divergierend nach Studienrichtungen der Befragten Red Bull, Google, Microsoft, Siemens, Pfizer und das Außenministerium.

Insgesamt müssen sich die Firmen immer mehr bemühen, ausreichend und qualifizierte Mitarbeitende zu finden. Hauser: "Als Unternehmen muss man sich immer mehr anstrengen. Dass Abgänger nach dem Studium zehn Bewerbungen schreiben, gibt es nicht mehr."