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Risiken für Bankensektor nehmen zu

Von Karl Leban

Wirtschaft

Die massive Teuerung sowie steigende Zinsen sorgen für ein Umfeld, das vermehrt Kreditausfälle zur Folge haben könnte. Die Nationalbank rät Instituten zu höheren Kapitalpuffern.


Inflation und Kreditzinsen steigen. Das belastet sowohl private Haushalte als auch Unternehmen. Und das wiederum erhöht die Risiken für Österreichs Finanzmarktstabilität, wie Gottfried Haber am Dienstag vor Journalisten sagte. Haber, als Vizechef der Nationalbank (OeNB) für die Bankenaufsicht zuständig ist, empfiehlt den Geldinstituten deshalb vor allem, einen Teil ihrer Gewinne - im ersten Halbjahr waren es 3,8 Milliarden Euro - vorsorglich dazu zu verwenden, größere Eigenkapitalpuffer aufzubauen, und Effizienzsteigerungen durch weitere Digitalisierung vorzunehmen, um profitabel zu bleiben. "Die Kreditrisiken sind der größte Risikotreiber", warnte der Notenbanker.

Dem heimischen Bankensektor attestiert Haber dennoch ausreichend Widerstandsfähigkeit. Das habe auch ein jüngst durchgeführter Stresstest gezeigt, für den die Szenarien einer Eskalation des Krieges in der Ukraine, einer Unterbrechung der Energieversorgung und einer starken globalen Rezession bei steigenden Inflations- und Zinsraten ins Visier genommen worden seien. Wie Haber berichtete, sei die Kapitalisierung der Banken dann immer noch deutlich über den Niveaus von 2007/2008 vor Ausbruch der Weltfinanzkrise gelegen.

Viele Kredite variabel verzinst

Was der Nationalbank mit Blick auf das aktuelle Umfeld gewissermaßen problematisch erscheint: Etwa die Hälfte der Kredite, die in den vergangenen fünf Jahren neu vergeben wurden, variabel verzinst. "Viele verschuldete Haushalte sind mit einem deutlichen Anstieg ihres Schuldendienstes konfrontiert", so Haber bei der Präsentation des neuen Finanzmarktstabilitätsberichts seines Hauses. "Bei gleichzeitig höheren Ausgaben aufgrund starker Preissteigerungen nimmt der Anteil an Haushalten, die in Rückzahlungsschwierigkeiten geraten könnten, zu."

Besondere Risiken tun sich da bei Wohnimmobilienkrediten auf, die in Österreich rund 70 Prozent des gesamten Kreditvolumens ausmachen. Während sich die Preise für Wohnimmobilien binnen zehn Jahren verdoppelt hätten, seien die Einkommen in dieser Zeit nur um ein Drittel gestiegen, gab OeNB-Chefökonomin Birgit Niessner zu bedenken. Und nun kämen noch höhere Zinsen dazu.

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Deshalb sieht Notenbank-Vize Haber ein "Problem mit der Leistbarkeit" von Wohnimmobilienkrediten. Vor diesem Hintergrund hat die Finanzmarktaufsicht (FMA) zuvor nur empfohlene Standards bei der Neuvergabe von Finanzierungen zur Jahresmitte bereits rechtsverbindlich gemacht, um systemischen Risiken aus einer Verschlechterung der Kreditqualität entgegenzuwirken.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) scheint damit allerdings nicht ganz glücklich zu sein. Vor wenigen Wochen hat er die Prüfung einer Lockerung der Regeln gefordert. "Insbesondere junge Familien sind nicht mehr in der Lage, sich eigenen Wohnraum zu schaffen", so Brunner. "Gerade die Fremdfinanzierung über Kredite ist hier ein wesentliches Mittel, und daher ist der Zugang zu Krediten unerlässlich."

Haber sagte am Dienstag, dass es in der Causa aktuell keine Gespräche gebe. Man warte auf Daten der Banken, "um sich ein flächendeckendes Bild machen zu können". Diese sollte es dann im Frühjahr geben, danach werde man evaluieren. Ein "Nachjustieren" der Vergaberegeln wollte Haber nicht ausschließen. Derzeit sind Banken dazu angehalten, verbindlich darauf zu achten, dass der Kreditnehmer den Kauf einer Wohnimmobilie zumindest zu 20 Prozent mit eigenem Geld finanziert, die Tilgung des Kredits 40 Prozent seines Einkommens nicht übersteigt und die Laufzeit nicht mehr als 35 Jahre beträgt. Allerdings haben die Institute auch "Ausnahmekontingente".

Holzmann für 75 Punkte

Indes neigt OeNB-Chef Robert Holzmann, Mitglied des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB), wegen der hohen Inflation im Euroraum zu einer weiteren Zinserhöhung um 0,75 Prozentpunkte im Dezember - sofern sich die Situation "nicht wesentlich" ändere, wie er zu seinen jüngsten Statements in der "Financial Times" erklärte. Seit Juli hat die EZB den Leitzins um zwei Prozentpunkte angehoben - zunächst um 0,50 und dann um je 0,75 Prozentpunkte.