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Auf dem Arbeitsmarkt geht es nicht ohne Zuwanderer

Von Julian Kern

Wirtschaft
In Wien würde am Bau ohne ausländische Arbeiter nichts gehen.
© stock.adobe.com / Andreas Karelias

In Wien beträgt der Anteil der Ausländer an den unselbständig Beschäftigten laut AMS 35 Prozent.


Wenn die Asylpolitik der Freiheitlichen bereits vor 20 oder 30 Jahren umgesetzt worden wäre, "dann wäre Wien noch Wien". Mit dieser Aussage ließ der niederösterreichische Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl (FPÖ) in einer PULS24-Diskussion mit Schülerinnen und Schülern aufhorchen. Nach heftiger Kritik bekräftigte er am Donnerstag seinen Sager noch einmal.

Wien würde ohne Zuwanderer tatsächlich anders aussehen, denn 42,6 Prozent aller in Wien lebenden Menschen haben ausländische Herkunft. Das spiegelt sich auch auf dem Arbeitsmarkt wider. "Ein Drittel aller Beschäftigten in Wien hat eine ausländische Staatsangehörigkeit. Die Branchenverteilung macht die Absurdität der Überlegung noch deutlicher", twitterte AMS-Chef Johannes Kopf. Und: "Sachinformation ist immer gut."

Besonders hoher Ausländeranteil in der Gastronomie

Anfang 2022 hatten in Wien 100.828 Personen eine serbische Herkunft, 75.555 kamen aus der Türkei, 66.307 aus Deutschland sowie 55.070 aus Polen. In Wien sind rund 756.000 Arbeiter und Angestellte beschäftigt. Circa 270.000 von ihnen besitzen keine österreichische Staatsbürgerschaft. Besonders hoch ist der Anteil der Ausländer an den unselbständig Beschäftigten laut einer von Kopf veröffentlichten Liste unter anderem in den Branchen Beherbergung und Gastronomie (62 Prozent) und Bau (57 Prozent).

Laut Institut für höhere Studien (IHS) tragen internationale Fachkräfte wesentlich zur heimischen Wertschöpfung bei: Fast 40 Milliarden Euro und somit zehn Prozent der Wirtschaftsleistung entfallen auf Arbeitskräfte ohne österreichische Staatsbürgerschaft. Am meisten profitiert davon Wien, gefolgt von Nieder- und Oberösterreich.

Nicht nur unter den Kellnern, Köchen oder Bauarbeitern ist der Anteil an Personen ohne rot-weiß-rote Staatsbürgerschaft hoch. Der Arbeiterkammer Wien und dem Forschungsinstitut Sora zufolge werden systemrelevante Berufe wie Berufsfahrer, Zusteller, Pfleger, Bedienstete der öffentlichen Sicherheit und viele weitere in Wien fast zur Hälfte (46 Prozent) von Personen mit ausländischen Staatsbürgerschaften ausgeübt.

Fast jede Branche sucht aktuell händeringend nach Arbeitskräften. Mit 7,8 Prozent war die Arbeitslosenquote im Jänner so niedrig wie seit 2008 nicht mehr. In vielen Branchen suchen die Verantwortlichen nun gezielt im EU-Ausland nach Arbeitskräften: "Wir brauchen mehr Leute", sagte Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) zum Arbeitskräftemangel Anfang Jänner. Neben dem Klima bleibe der Arbeitskräftemangel eine große Herausforderung im Tourismus. Man brauche ausländische Mitarbeiter, auch die Betriebe müssten sich ändern.

IT-Branche klagt überFachkräftemangel

Auch in der IT-Branche läuft die Suche nach Arbeitskräften auf Hochtouren. Jene Berufsgruppe ist es auch, in der sich laut IHS zwischen 2010 und 2019 die Zahl der internationalen Fachkräfte fast verdoppelte. Und dennoch besteht, wenn es nach 240 Manager großer österreichischer Unternehmen geht, weiterhin Bedarf: Rund zwei Drittel der Befragten klagen über einen Mangel an IT-Fachkräften. Jeder Vierte nennt fehlende IT-Mitarbeiter und jeder dritte Manager sieht fehlende IT-Qualifikationen von bestehenden Mitarbeitern als größte Digitalisierungshürde. Fast jeder siebte Befragte erwartet sich, dass das Anwerben ausländischer IT-Kräfte erleichtert wird, etwa durch die Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte.