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Selektion bei öffentlichen Vergaben

Von Marina Delcheva

Wirtschaft

Weshalb nur wenige Firmen direkt von öffentlichen Aufträgen profitieren.


Vergangene Woche veröffentlichte der Unternehmensberater EFS Consulting eine Studie, die eine starke Konzentration bei der Vergabe öffentlicher Aufträge in Österreich nahelegt. Demnach gehen 80 Prozent des öffentlichen Auftragsvolumens an nur zehn Auftragnehmer (siehe Grafik). Im Vorjahr wurden 25.000 öffentliche Aufträge im Wert von 61 Milliarden Euro ausgeschrieben. Dazu hat das Beratungsunternehmen 98.000 gemeldete Datensätze seit 2019 untersucht.

"Bei öffentlichen Vergaben geht es um Steuergeld. Da müssen auch KMU (Klein- und Mittelbetriebe, Anm.) die Chance haben mitzumachen", so Wolfgang Buschan, Partner bei EFS Consulting. Das Unternehmen berät selbst KMUs, unter anderem im Bereich öffentliche Ausschreibungen. Allerdings: In einigen Fällen ist die Bevorzugung bestimmter großer Unternehmen nachvollziehbar. Weil eben nicht alle Dienstleistungen von jedem Unternehmen erbracht werden können.

ÖBB Nummer eins

Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) führen mit einem Gesamtauftragsvolumen von 12,6 Milliarden Euro für 2020 bis 2022 das Ranking der größten öffentlichen Auftragnehmer. Darin eingerechnet sind aber auch alle Zug- und Busfahrten, die das 100-prozentige staatliche Unternehmen leistet. "Täglich sind bei uns 1.000 ÖBB-Züge und -Busse unterwegs", sagt Unternehmenssprecher Peter Thier auf Nachfrage.

"In den Aufträgen der ÖBB sind sämtliche Verkehrsdienstleistungen enthalten, auch jene die zum Beispiel von Ländern/Gemeinden an die ÖBB vergeben werden, dies betrifft vor allem Schienenpersonennah- und -regionalverkehr (SPNV)", heißt es auf Nachfrage seitens der Studienautoren. Viele dieser Strecken werden beziehungsweise können nicht von privaten Anbietern befahren werden, weil sie nicht rentabel sind, merkt man dazu bei den ÖBB an.

Im Bereich Transportmittel und Erzeugnisse für Verkehrszwecke gingen 85 Prozent der 3,6 Milliarden Euro an öffentlichen Mitteln an zehn Unternehmen. Der ÖBB-Sprecher führt in Zusammenhang damit aber ins Treffen, dass man zwar Hauptauftragnehmer sei, allerdings auch zahlreiche "heimische kleine und große Firmen" als Lieferanten und Subunternehmer von diesen Aufträgen profitieren würden. Etwa beim Schienenausbau, bei Tunnelarbeiten oder auch bei neuen Zuggarnituren.

Laut ETS-Studie ist die Konzentration bei Dienstleistungen im Gesundheits- und Sozialwesen besonders hoch. Hier gingen 2021 94 Prozent von 4,1 Milliarden Euro an nur zehn Firmen. In den Berechnungszeitraum fallen aber auch die Pandemie-Jahre und damit auch die für den viertgereihten Lifebrain besonders lukrativen, öffentlich finanzierten Corona-Tests.

Corona-Effekt

"Das Volumen von Lifebrain steht im Zusammenhang mit Covid-19 Testungen", so ETS auf Nachfrage. So schloss Wien 2022 einen Rahmenvertrag in der Höhe von 1,4 Milliarden Euro mit Lifebrain für sogenannte Corona-Massentests. Im Zuge der Vergabe wurde im Vorjahr Kritik laut, dass die Ausschreibung Lifebrain quasi auf den Leib geschrieben worden war. Sowohl die Stadt Wien als auch die Laborbetreiber dementierten das aber. Im Jahr davor gab es zudem 131,4 Millionen für bevölkerungsweite Corona-Screenings sowie den Abruf von Testungen für den Laboranbieter.

Dass von potenziell 47.000 heimischen Betrieben 2021 nur etwa 5.000 Firmen eine Ausschreibung direkt für sich entscheiden konnten, sieht der Unternehmensberater kritisch. Er fordert mehr Beachtung von Klein- und Mittelbetrieben bei der Vergabe.