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Sparquote privater Haushalte nimmt weiter ab

Von Julian Kern

Wirtschaft

Geld auszugeben war während der Pandemie nur bedingt möglich. Hohe Energiekosten sorgen nun dafür, dass angesparte Polster schrumpfen.


Geschlossene Lokale, Geschäfte, Hotels und Kinos: Wenn Freizeitmöglichkeiten beschränkt sind, lässt es sich leichter sparen. Die Rückkehr der Freizeitangebote im Laufe der Pandemie und gestiegene Energiepreise führen laut dem österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) jedoch dazu, dass die Sparquote der privaten Haushalte weiter abnimmt. Diese gibt an, welchen Anteil in Prozent des Netto-Einkommens nicht für den privaten Konsum und Lebenserhaltungskosten ausgegeben wird, sondern angespart werden kann.

Sparen in der Pandemie

Im Euroraum hat vor allem die Corona-Pandemie zu historisch hohen Sparquoten beigetragen. Im Jahr 2020 lag dieser Anteil in Österreich bei 13,3 Prozent: "Viele Menschen waren in Kurzarbeit, hatten daher ein Einkommen, aber den Konsum hat man ihnen kaum gestattet", sagt Studienautor Marcus Scheiblecker zur "Wiener Zeitung". Damit spricht der Experte für Makroökonomie und öffentliche Finanzen des Wifo reduzierte Freizeit- und Reisemöglichkeiten während des ersten Corona-Jahres an. Im Laufe der vergangenen beiden Jahren habe sich dann der exakt gegenteilige Effekt eingestellt: Der Rückgang zur Normalität bot wieder zahlreiche Möglichkeiten, das Ersparte auszugeben, weshalb sich die Sparquote fast halbiert hat. 2022 sank sie auf 7,3 Prozent, 2023 dürfte sie auf 6,4 Prozent sinken.

Die Hauptgründe dafür seien laut Scheiblecker die Rückkehr sämtlicher Freizeit- und Reisemöglichkeiten sowie die aktuell hohen Energiepreise: "Viele können deshalb gar nichts mehr ansparen und sind auf Hilfsgelder angewiesen", so Scheiblecker. Einen Anstieg der Sparquote auf 8,2 Prozent erwarten Ökonomen erst wieder im Jahr 2024. Möglich machen sollen das steigende Reallohneinkommen (+ 3,8 Prozent).

Reallöhne steigen

Hinzu kommt laut Wifo, "dass Programme wie die Abschaffung der kalten Progression auch die Netto-Einkommen stützen werden." In den letzten Jahren hätten die Bruttolöhne stagniert, während Nettolöhne gefallen seien. Das sei unter anderem auf die kalte Progression zurückzuführen - nur in Jahren von Steuerreformen habe es Anstiege gegeben.

Die gestiegene Konsumlaune hat den heimischen Einzelhändlern einen Umsatz von rund 73 Milliarden Euro beschert. Zwar entspricht das laut Statistik Austria einer nominellen Steigerung von plus 8,1 Prozent, inflationsbereinigt schlagen sich aber Minus 0,8 Prozent zu Buche. Mit 3,2 Prozent war der Umsatzrückgang im Lebensmitteleinzelhandel hoch.

Teuerung auf dem Rückzug

Optimistischer fällt die Prognose zur Entwicklung der Teuerung aus: Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) rechnet damit, dass die Inflationsrate 2023 zurückgehen und im Jahresdurchschnitt 6,5 Prozent betragen wird. 2024 soll sie dann auf 3,6 Prozent und 2025 auf 2,9 Prozent sinken.

Möglich machen sollen das sinkende Energiepreise im Vergleich zum jeweiligen Vorjahresmonat und das Auflösen der angebotsseitigen Verknappungen. Zusätzlich sollen das Stromkostenzuschussgesetz und weitere fiskalpolitische Maßnahmen die Energiepreisentwicklung dämpfen.