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Der Traum vom energieautarken Unternehmen

Von Julian Kern

Wirtschaft

Große (Seminar-)Hotels gelten meist als enorme Energieverbraucher. Doch das muss nicht immer so sein.


Normalerweise sind sie richtige Energieverbraucher. Mehrere hundert Sitzplätze, viele Zimmer, meist mit Wellnessbereich. Beim Vorbeifahren könnte man das auch vom Landhotel Schicklberg denken. 15 Kilometer entfernt vom Autobahnknoten Voralpenkreuz, der die Hauptverkehrsadern West- und Pyhrnautobahn in Oberösterreich zusammenbringt, befindet sich das Seminarhotel. Rundherum, Einöde. Abgesehen vom hauseigenen Tennisplatz, einem kleinen Stellplatz für Wohnmobile und den Stockschützenplätzen. Die Abgeschiedenheit ist es auch, die bereits vor 20 Jahren den Anstoß für zahlreiche Investitionen gegeben hat: "Wir befinden uns hier in einer Lage, wo weit und breit nichts ist, da war schon immer das Ziel, dass wir uns selbst versorgen können", sagt der Geschäftsführer Christian Zacherl.

Ambitionierte Pläne, bei rund 600.000 Kilowattstunden (kWh) Stromverbrauch pro Jahr. Mittlerweile hat Zacherl rund zwei Millionen Euro in die Energiewende investiert. Und damit zu Zeiten begonnen, in denen es bezüglich Klimawandel, Gasknappheit und Co. noch keine breite öffentliche Debatte gab.

Die größten Adaptierungen haben im Jahr 2014 stattgefunden. Damals gab es schon eine kleine Wärmepumpe, "mit 35 Kilowatt (kW) Flächenradiatoren für den Wellnessbereich und da haben wir schon gesehen, dass der Wellnessbereich nur allein dadurch zu beheizen ist. Dann haben wir uns gedacht, dass wir das auch auf das ganze Gebäude umlegen könnten", so Zacherl.

Der Abschied vom Öl

Da wenig Fläche vorhanden war, hat man sich dann in Schicklberg für Tiefenbohrungen und die Installation von zwei großen Wärmepumpen entschieden: "Das war zwar um gut 100.000 Euro teurer als die ursprünglich geplante Hackschnitzelheizung. Im Nachhinein hat sich das aber ausgezahlt." Vor der Installation benötigte Zacherl rund 120.000 Liter Öl pro Jahr. Das entspricht, je nach Isolierungsgrad, ungefähr dem Jahresverbrauch von 30 bis 55 Einfamilienhäuser. Mit Blick auf die aktuellen Ölpreise wären damit 145.000 Euro pro Jahr verheizt. 19 Tiefenbohrungen und eine 100 kW starke Wärmepumpe später konnte der Ölverbrauch vorerst auf 80.000 Liter pro Jahr gedrückt werden.

2014 wurde rund eine Million Euro in die Hand genommen und in eine frei stehende 160-kWp(Kilowatt-Peak)-Photovoltaikanlage - das entspricht einer theoretischen Spitzenleistung von 160.000 kWh pro Jahr -, das Leitungsnetz und eine Wärmepumpe investiert. Der Ausstieg aus fossilen Energieträgern war damit besiegelt. Ab März 2020 wurde die Sonnenstromerzeugung weiter ausgebaut: Zwei Photovoltaik-Anlagen mit je 35 kWp auf den Dächern des Hotels. In Summe sind es nun 230 kWp.

Eine Investition trägt die andere

Im Zuge dieser Photovoltaik-Erweiterung erfolgte das nächste große Projekt. "Da haben wir gemeinsam mit einer zweiten Tiefenbohrung - 17 Bohrungen auf 140 Meter Tiefe - eine zweite große Wärmepumpe mit 130 kW Leistung installiert ." Er, Zacherl, sei dabei zu der Erkenntnis gekommen, dass sich mit jeder Energieeffizienzmaßnahme Folgeprojekte schneller amortisieren. "Wenn man anfängt mit einer Investition, hat man eine Amortisationszeit von über zehn Jahren", zählt Zacherl die getätigten Maßnahmen auf: Leitungsnetzausbau, die Reduktion der 85 Grad warmen Vorlauftemperatur beim Öl auf 56 Grad Celsius, Isolierung, Messstellen einbauen sowie den Tausch der Heizungspumpen. "Da stehen halt einige hunderttausend Euro dahinter, von denen man anfangs nichts sieht", so Zacherl.

Ursprünglich wäre vor zwei Jahren nur ein neues Dach für den 350 Sitze fassenden und damals schlecht isolierten Veranstaltungsraum geplant gewesen. Daraus wurde ein größerer Umbau: die beiden 35 kWp-Photovoltaikanlagen, ein 200 kW-Batteriespeicher, 12 Ladestationen für Elektroautos, E-Bikes und vieles mehr. Investitionen in dieser Größenordnung seien auch zum Teil mit Corona-Hilfsgeldern für Unternehmen finanziert worden. Hilfe beim Beantragen dieser bekam Zacherl von seiner Lebensgefährtin, einer studierten Juristin: "Die hat natürlich jede Möglichkeit genutzt, dass wir die Förderungen, die es gibt, auch bekommen. Wir haben schon viel Geld bekommen - rund eine Million Euro -, aber wir haben im Gegensatz zu vielen anderen nie etwas schwarz verkauft, Mitarbeiter selbstverständlich auch für einzelne Veranstaltungen angemeldet." Der Betrieb sei bereits vor der Pandemie gut gelaufen und die Phase der Lockdowns habe man für Effizienzmaßnahmen genutzt. Rentieren sollen sich die gesamten Kosten in den nächsten fünf bis acht Jahren.

Weiterhin große Pläne

Zacherl plant bereits weiter: "In Zukunft, vielleicht noch vor dem Sommer, wollen wir den bereits versiegelten Parkplatz mit PV-Anlagen überdachen." Das langfristige Ziel: "Dass wir so viel Strom erzeugen, dass wir rein theoretisch autark sind." Das gelinge im Sommer zwar bereits mithilfe des Batteriespeichers, aber vor allem in den tristen Wintermonaten liefert die Photovoltaikanlage nicht genug Energie, um das gesamte Haus mit Energie zu versorgen. In Zukunft möchte Zacherl die Eigenstromerzeugung verdoppeln. "Das wäre dann wahrscheinlich so viel, dass wir 80 Prozent des Jahresstromverbrauchs selbst erzeugen könnten und an sonnenreichen Tagen so viel ins Netz einspeisen, dass sich durch diese Einnahmen die Stromrechnung im Winter von selbst finanziert", so der Pionier in puncto Energiewende.

Ziele, die das Landhotel Schicklberg im Kleinen verfolgt, möchte der Bund für das Ziel Klimaneutralität im Jahr 2040 im Großen umsetzen: Die Mission "Klimaneutrale Stadt" soll Städte unterstützen, durch Forschung und Innovation klimaneutral zu werden. Jeweils zwei Millionen Euro sind für die Pionierstädte Wien, Graz, Innsbruck, Klagenfurt, Villach und St. Pölten budgetiert.