Zum Hauptinhalt springen

Die Bremse blockiert

Von Simon Rosner

Wirtschaft

Die Regierung hatte einen Deckel für Mieten angekündigt, liefert ihn aber nicht. Noch nicht. Die Zeit drängt.


Bei politischen Verhandlungen ist es manchmal wie bei wichtigen Fußballspielen: Sie werden erst in der Verlängerung entschieden. So ist es auch bei der Mietpreisbremse. ÖVP und Grünen konnten sich nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Endgültig ist das Aus nicht, parlamentarisch müssten dafür aber im März Sondersitzungen von Nationalrat und Bundesrat einberufen werden.

Anfangs, so heißt es aus Kreisen der Verhandler, habe es nach einer raschen Einigung ausgesehen. Im April sollte die Erhöhung der Mieten, nicht wie derzeit vorgesehen, 8,6 Prozent betragen, sondern nur 3,8 Prozent. Im kommenden Jahr wäre ebenfalls ein Deckel bei 3,8 Prozent und 2025 gar nur bei 1 Prozent eingezogen worden. Macht zusammen: 8,6 Prozent, aber eben in drei Jahren und nicht schon im April. Doch daraus wird nichts. Vorerst.

Auf den letzten Metern, so heißt es von grüner Seite, habe die ÖVP ihre Zustimmung mit dem Aus der Grunderwerbssteuer aufs erste Eigenheim junktimieren wollen. Das ist keine neue türkise Idee. Erstmals hatte sie Finanzminister Magnus Brunner im Herbst ins Spiel gebracht, nun macht man sie zur Bedingung. Die Volkspartei begründet es damit, dass man, überspitzt formuliert, nicht nur eine Bremse für innerstädtische Altbaumieter in Wien ziehen wolle. Auch für den Erwerb von Eigentum müsse man etwas tun, das betrifft vor allem die ländliche Bevölkerung. Bekanntlich sind Kreditzinsen auch erheblich gestiegen.

Der Generalsekretär der ÖVP, Christian Stocker, wies in einer Aussendung darauf hin, dass von den österreichweit 483.500 Wohnungen mit Richtwertmieten 370.000 in Wien sind. "Als einzelne Maßnahme wäre ein Mietpreisdeckel weder treffsicher noch fair", sagt er.

Die Grünen lehnen wiederum einen Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer aufgrund der Verteilungswirkung ab. Man befürchtet zudem Mitnahmeeffekte zulasten des Budgets. Es sei auch fraglich, ob dadurch wirklich mehr gebaut werden würde.

Die Trägerraketehob nicht ab

Ergänzend zum Mietpreisdeckel war vorgesehen, ein Paket für Vermieter zu schnüren, um weiter thermische Sanierungen anzureizen. Da ein Deckel die Rendite jedenfalls reduzieren würde, könnten für den Klimaschutz notwendige Investitionen sistiert werden. Daher das Zusatzpaket.

Vorgesehen war, noch diese Woche einen Antrag einzubringen. Der hätte auch inhaltsleer sein können, eine sogenannte "Trägerrakete". Ein solcher Antrag kann später mittels Abänderungsantrag "befüllt" wird. Es ist ein kleiner parlamentarischer Trick, wenn eine Einigung noch aussteht und gesetzliche Fristen für zeitlichen Druck sorgen. Dieses Fenster ist nun geschlossen.

Die andere Option: Die Regierungsparteien einigen sich in den kommenden Tag doch noch, die Verhandlungen laufen ja weiter, dann müssen für März Sondersitzungen einberufen werden - was nicht unüblich ist, auch am Freitag tagte der Nationalrat in einer Sondersitzung.

Vorerst beharren beide Seiten aber noch auf ihren Positionen. Tun sie das bis April, würden die Mieten, wie gesetzlich vorgeschrieben, automatisch um 8,6 Prozent steigen. Man kann vermuten: Die Umfragewerte der Regierungsparteien würden eher die andere Richtung nehmen.

Wifo-Chef Gabriel Felbermayr würde die kolportierte Lösung jedenfalls begrüßen. "Die Aufteilung der Erhöhung der Richtwertmieten auf drei Jahre wäre eine sinnvoll", schrieb er auf der Plattform Twitter. "Die volle Weitergabe der Inflation in allen Bereichen perpetuiert die hohe Teuerung auf lange Zeit. Förderung der thermischen Sanierung wäre ein taugliches Gegengeschäft."

Dass die Verhandlungen nun in die Verlängerung gehen, ist vorerst noch kein Beinbruch, einige Tage ist noch Zeit, um auch den parlamentarischen Weg für das Gesetz vorzubereiten. Noch wähnen aber beide Parteien in der Streitfrage den Trumpf auf ihrer Seite. Anders als bei Fußballspielen muss es in der Politik übrigens nicht zwingend am Ende einen Sieger gegeben. Es können auch beide verlieren.