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Banken hadern mit FMA-Korsett

Von Karl Leban

Wirtschaft

Erste-Group-Chef Cernko plädiert für eine Neuevaluierung der Vergaberegeln für Wohnimmobilienkredite im Herbst.


Willi Cernko, Chef der Erste Group Bank und Obmann der Bankensparte in der Wirtschaftskammer, spricht sich für eine Neubewertung der relativ strengen Vorschriften bei der Vergabe von Wohnimmobilienkrediten aus - und zwar im kommenden Herbst. In der Bilanzpressekonferenz seines Hauses verwies er am Dienstag auf "Einflussgrößen" wie etwa deutlich steigende Zinsen und rückläufige Immobilienpreise, die den Markt bis dahin völlig verändern würden, sodass die Gefahr, dass dieser heiß läuft, so nicht mehr gegeben sei. Vor diesem Hintergrund wäre es sinnvoll, die Regelungen für die Vergabe neu zu evaluieren, erklärte Cernko.

Jedenfalls hätten die Verhandlungen mit dem Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) über eine Lockerung "kein zufriedenstellendes Ergebnis" für die Branche gebracht, so der Spartenobmann. Zwar hatte das FMSG der Finanzmarktaufsicht (FMA) jüngst empfohlen, die im Vorjahr per Verordnung verschärften Vergaberegeln wieder etwas aufzuweichen, was nun mit 1. April umgesetzt werden soll. Doch wie anderen Bankern in Österreich gehen auch Cernko diese Lockerungen nicht weit genug.

Die Verordnung der FMA sieht grundsätzlich vor, dass Finanzinstitute darauf achten, dass Wohnimmobilienkredite nicht länger als 35 Jahre laufen, der Eigenmittelanteil mindestens bei 20 Prozent liegt und die Rückzahlungsrate maximal 40 Prozent des Nettoeinkommens ausmacht. Daneben gibt es noch andere Kriterien - etwa für die Ausnahmekontingente. Dort hätte sich Cernko eine einfachere Regelung gewünscht - inklusive einer längeren Berechnungszeit, wie er der APA kürzlich bereits sagte. Derzeit würden die Kontingente auf Basis des vorangegangenen Halbjahres berechnet, was beim jüngsten Rückgang der Kreditvergabe zu stark eingeschränkten Ausnahmemöglichkeiten führe.

Auch bei der Zwischenfinanzierung habe sich die Branche eine deutlichere Besserung gewünscht. So empfiehlt das FMSG, dass beim Kauf einer neuen Immobilie die alte, aktuell bewohnte Immobilie zu 80 Prozent ihres Marktwerts als Eigenkapital angerechnet werden darf. Cernko fordert hier jedoch 100 Prozent. Wäre es nach ihm gegangen, hätte auch die maximale Rückzahlungsrate (Schuldendienstquote) für Jungfamilien von 40 auf 50 Prozent angehoben werden müssen.

2022 brachte Gewinnplus

Zur weiteren Entwicklung des Geschäfts mit Wohnimmobilienkrediten sagte Cernko in der Jahrespressekonferenz der Ersten: "Die Wachstumsraten der vergangenen drei Jahre werden wir zumindest mittelfristig nicht mehr sehen." Wobei der Bankchef eher mit einer "Normalisierung" rechnet, da man sich nun wieder an ein Zinsumfeld gewöhnen müsse, dass es in den vergangenen Jahren nicht gegeben habe.

2022 hat die in Österreich und Osteuropa tätige Erste Group dank einer starken Kreditnachfrage in ihren Märkten sowie der steigenden Zinsen profitiert. Vorläufigen Zahlen zufolge legte ihr Nettogewinn gegenüber dem Jahr davor um 12,5 Prozent auf 2,165 Milliarden Euro zu, wobei auch niedrige Risikokosten zu diesem Anstieg beitrugen. Als Bilanzsumme wies die Wiener Großbank zum Ultimo 2022 knapp 324 Milliarden Euro (plus 5,4 Prozent) aus. Zum Vergleich: Die Raiffeisen Bank International (RBI), die ebenfalls neben Österreich auch in Osteuropa vertreten ist, schrieb im Vorjahr bei 207,1 Milliarden Euro Bilanzsumme einen Nettogewinn von 3,627 Milliarden Euro.

Ihren Aktionären will die Erste für 2022 eine höhere Dividende von 1,90 (nach 1,60) Euro pro Anteilsschein zahlen.

Guter Ausblick

Für heuer rechnet Cernko trotz deutlicher Konjunkturabkühlung mit einem anhaltenden, rund fünfprozentigen Kreditwachstum und einem etwa zehnprozentigen Anstieg beim Zinsüberschuss. Die Vorsorgen für faule Kredite sollten auf niedrigem Niveau bleiben. Bei der Eigenkapitalverzinsung strebt Cernko 13 bis 15 Prozent an.